Rheinland-Pfalz „Risiken, aber auch Chancen“

Mit Spannung erwartet man in Hermeskeil die Bürgerversammlung am 21. Januar. Dann wird die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) die Pläne der Landesregierung erläutern, in der Kaserne am Rand des 6000-Einwohner-Städtchens eine Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber zu installieren. Hermeskeil wäre damit der dritte Standort für solch eine Einrichtung in Rheinland-Pfalz nach Trier und Ingelheim. Bisher reagieren die Hermeskeiler Bürger gleichermaßen mit Zustimmung und Skepsis. Klaus Greichgauer hat mit Stadtbürgermeister Matthias Queck (45, CDU) gesprochen.

Wie begeistert waren Sie, als Sie von den Absichten der Landesregierung hörten?

Meine erste Reaktion war ganz einfach Neugier und ich wollte sofort wissen, wie das genauer aussehen soll. Eine solche Entscheidung ist für Hermeskeil natürlich von großer Bedeutung und muss daher sorgfältig abgewogen werden. Immerhin sollen in der Kaserne bis zu 750 Menschen leben, bevor sie auf die einzelnen rheinland-pfälzischen Gemeinden verteilt werden. Man muss die Probleme und die Risiken sehen, aber vor allen Dingen auch die Chancen für eine kleine Stadt wie Hermeskeil. Waren sie überrascht, dass die Entscheidung für Hermeskeil als Standort gefallen ist? Nein. Es gibt nun mal eine rasant steigende Anzahl von Asylbewerbern. Die Aufnahmeeinrichtung in Trier platzt aus allen Nähten. Der Standort Ingelheim reicht auch nicht mehr aus. Es war klar, dass die Landesregierung etwas unternehmen muss. Sie hat mehrere Standorte geprüft. Wie ich gehört habe, war zum Beispiel auch Kusel dabei. Dass die Entscheidung für uns gefallen ist, hängt damit zusammen, dass wir die ehemaligen Bundeswehrkasernen haben, die seit sieben Jahren leer stehen, aber in gutem Zustand sind. Auch das Gelände ringsum eignet sich gut zum Beispiel als Spielplatz für die Kinder. Da musste man nur eins und eins zusammenzählen, dann konnte man sich denken, dass etwas auf uns zukommt. Ich habe mich mit Verbandsbürgermeister Michael Hülpes kurzgeschlossen und vereinbart, dass wir das Ganze unvoreingenommen prüfen und nicht von vornherein nein sagen. Gäbe es keine bessere Nutzung für die Kasernen? Ich sehe nichts Konkretes. Gerade vor kurzem sind die Pläne einer privaten Investorengruppe, aus dem Kasernengelände einen Hotel-und Ferienpark unter dem Namen „Dorf Hochwald“ zu machen, endgültig gescheitert. Dann gab es mal vage Vorstellungen, dort eine Nebenstelle der Trierer Universität zu installieren. Auch daraus ist nichts geworden. Insofern kommen uns die Pläne der Landesregierung mit der Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber nicht ungelegen. 750 Asylbewerber sollen in die Hochwaldkaserne kommen. Ist das nicht zu viel für einen Ort von 6000 Einwohnern? Solche Bedenken höre ich auch von Leuten aus Hermeskeil und das sollte man durchaus ernst nehmen und diese Bürger nicht gleich in die rechte Ecke stellen. Aber eine Überforderung sehe ich eigentlich nicht. Die Asylbewerber bleiben ja nicht dauernd, sondern sie werden nach sechs Wochen überall in Rheinland-Pfalz verteilt. Das heißt: Sie belasten nicht unsere Infrastruktur, sondern gehen höchstens mal durch den Ort. Im andern Fall bekäme Hermeskeil rund 60 Asylbewerber zugewiesen, Die würden sich alle in der Stadt konzentrieren, kämen in Schulen und Kindergärten und müssten integriert werden mit allen Anpassungsproblemen und Unwägbarkeiten. Da ist es mir lieber, wir werden eine von drei Aufnahmeeinrichtungen des Landes. Am Anfang hörte man von 200 bis 300 Asylbewerbern, dann von 500, jetzt von 750. Können es auch 1000 werden? Nein, da muss gedeckelt werden. Bei 750 ist definitiv Schluss. Mehr verträgt die Kaserne nicht. In der Aufnahmeeinrichtung in Trier schlafen die Asylbewerber schon im Gang oder müssen in Containern oder in Zelten übernachten. Solche Zustände darf es bei uns nicht geben, Sonst wäre Hermeskeil mit der Situation wirklich überfordert und dann würde auch die Zustimmung der Bürger schwinden. Wie wollen Sie verhindern, dass eines Tages rechte Gruppen vor der Kaserne stehen und rufen: Ausländer raus? Das kann man gar nicht verhindern. Wir haben Demonstrationsfreiheit. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass da keine Hermeskeiler dabei sein werden. Schon jetzt haben sich viele Leute gemeldet, die den Asylbewerbern helfen und sie unterstützen wollen, zum Beispiel aus kirchlichen Kreisen. Ich werde jedenfalls für Zustimmung in der Bevölkerung werben. Welche Vorteile bringt die Aufnahmeeinrichtung für Hermeskeil? Zunächst einmal entstehen rund 100 Arbeitsplätze in Verwaltung, Catering und so weiter. Ärzte können Sprechstunden anbieten und auch unsere Apotheken werden profitieren. Das sind für unsere Stadt schon wesentliche Vorteile. Außerdem wird der Polizeistandort Hermeskeil deutlich gestärkt. Das Polizeipräsidium Trier hat bereits zugesagt, einen zweiten Streifendienst einzurichten, das heißt, wir bekommen sechs bis acht Polizisten mehr. Und was uns ganz wichtig ist: 2016 wird der neue Krankenhausplan des Landes festgelegt. Wenn bis dahin die Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber bei uns etabliert ist und 750 Menschen medizinische Versorgung brauchen, ist das gleichzusetzen mit einer Bestandsgarantie für unser Krankenhaus. Gibt es schon konkrete Zusagen vom Land? Es gibt Gespräche. Wir wollen aber schriftliche Fixierungen und Zusicherungen, also einen richtigen Vertrag. Ich gehe davon aus, dass das Land sich großzügig verhält und uns entgegenkommt. Nur so können wir überzeugend für die Zustimmung der Bevölkerung werben. Wie geht es jetzt im einzelnen weiter? Zunächst einmal haben wir am 21. Januar die Bürgerversammlung mit Ministerin Irene Alt. Ich nehme an, dass die auf großes Interesse stoßen wird. Und dann entscheidet im Februar oder März der Stadtrat, ob er der Aufnahmeeinrichtung zustimmt. Ich bin guter Dinge. Nach der Vorstellung der Landesregierung sollen schon Mitte des Jahres die ersten Asylbewerber in die Kasernen einziehen. Ist das realistisch? Möglich ist das schon, es wäre aber auch kein Beinbruch, wenn es Ende des Jahres wird. Erst muss ein vernünftiger Vertrag ausgehandelt werden. Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.

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