Rheinland-Pfalz Rheinland-Pfalz: Fahndung nach Mann mit Axt endet tödlich

Ein bewaffneter Mann hat im Landkreis Birkenfeld einen Menschen bedroht und ist von der Polizei unter noch unklaren Umständen erschossen worden. Gibt es Parallelen zu dem Fall im Weinstraßen-Ort Kirchheim, wo vor einem Jahr bei einem Polizeieinsatz ein 25-Jähriger getötet worden war?

Der Mann war nach Angaben der Polizei am Samstag stundenlang in der Gemeinde Hoppstädten-Weiersbach unterwegs gewesen, mehrere Zeugen meldeten sich. Am Abend schließlich entdeckten Beamte den Mann, ein Schuss traf ihn tödlich. Seine Identität und Beweggründe waren am Sonntag noch unklar, wie die Polizei mitteilte. Ein Zeuge hatte angegeben, es handele sich um einen Mann südosteuropäischen Aussehens.

Bereits am Samstagmorgen hatte ein Zeuge im Bereich eines Sportlerheims einen Mann mit einer Axt gemeldet, der demnach dann in den angrenzenden Wald ging. Die Fahndung verlief laut Polizei zunächst ergebnislos. Am Nachmittag berichtete dann eine Zeugin, ein apathisch wirkender Mann habe an dem Sportlerheim eine Person bedroht, auf deren Auto eingeschlagen und sei in den Wald geflohen.

Großeinsatz wegen Gefahrenlage

Die Polizei suchte nun „aufgrund der Gefahrenlage“, wie es heißt, mit Einsatzkräften mehrerer Dienststellen, Spezialeinsatzkräften und einem Hubschrauber nach dem Täter, auch die Bundespolizei war im Einsatz – erst einmal weiter ohne Erfolg. Auch das Vereinshaus, in das eingebrochen worden war, wurde durchsucht. Rund dreieinhalb Stunden später sah eine weitere Zeugin einen Mann auf einem Feld, auf den die Beschreibung passte. Er laufe in Richtung von Tennisplätzen, meldete sie.

Dann entdeckten auch Polizisten den Mann. Was dann geschah, beschrieb ein Sprecher des Polizeipräsidiums Trier am späten Samstagabend so: „In diesem Bereich traf der Tatverdächtige auf Fahndungskräfte der Polizei. Hier kam es zu einem Schusswaffeneinsatz gegen den Mann, der ihn tödlich verletzte.“

Anderes Polizeipräsidium ermittelt

Wie und warum es zu dem Schuss oder mehreren Schüssen kam, wollte die Polizei nicht mitteilen. Die Kriminalpolizei eines anderen Polizeipräsidiums führe jetzt die Ermittlungen zu dem tödlichen Schusswaffeneinsatz durch, hieß es. Um welches Präsidium es sich handelt, dazu gab es bis gestern keine Angaben. Geklärt werden müsse bei diesen Ermittlungen, in die sich zwischenzeitlich auch die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach eingeschaltet hat, auch noch, ob es sich immer um denselben mit einer Axt bewaffneten Mann handelte, den die verschiedenen Zeugen gesichtet hatten.

2019 gab es elf Tote durch Polizeieinsätze

Im vergangenen Jahr erschossen Polizisten in Deutschland elf Menschen, wie aus Zahlen der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster hervorgeht. Für 2017 hatte die Hochschule noch 14 Fälle von tödlichem Schusswaffengebrauch gezählt.

In Lübeck starb am Samstag ein Bewaffneter nach einem Schusswechsel mit der Polizei. Ein Vater hatte am Nachmittag die Polizei gerufen, nachdem er und seine Tochter im Stadtpark von einem bedrohlich wirkenden Mann angesprochen worden waren. Ersten Ermittlungen zufolge hatte er auf die Beamten geschossen.

Rückblick: Tödliche Polizeischüsse in Kirchheim

Zu den elf Fällen von tödlichem Schusswaffengebrauch durch Polizeibeamte im vergangenen Jahr gehört auch der Einsatz am 19. Oktober 2019, bei dem in Kirchheim (Kreis Bad Dürkheim) ein Mann erschossen worden war. Die Rekonstruktion des Kirchheimer Dramas durch die Staatsanwaltschaft Frankenthal sieht so aus: Um 8.07 Uhr alarmiert an diesem Tag eine Frau die Polizei, weil sie Angst vor ihrem Sohn hat. Sie sagt am Telefon: Er müsse abgeholt werden, sei psychotisch und aggressiv. Doch als die beiden Beamten – nach offiziellen Angaben „wenige Minuten später“ – vor Ort eintreffen, hat er seiner Mutter schon schwerste Verletzungen zugefügt – sie stirbt wenig später noch am Tatort.

Und der Mann attackiert mit seiner Schere die Polizisten – ein 56-jähriger Beamte und eine 31-jährige Kollegin. Die feuern daraufhin erste Schüsse ab, doch ihre Treffer können den 25-Jährigen zunächst nicht stoppen. Weshalb sie nach kurzem Zögern erneut abdrücken, so jedenfalls deuten die Ermittler später die Aussagen der Ohrenzeugen: Nachbarn, die es knallen hörten und die laut Staatsanwaltschaft tendenziell von zwei Schuss-Wellen mit kurzer Pause dazwischen berichten. Vier der gefundenen Projektile stammen aus der Dienstwaffe der 31-Jährigen, zwei weitere aus der ihres Kollegen.

Eine nach seinem Tod bei dem 25-Jährigen entnommene Blutprobe zeigt: Er hatte Amphetamine, Cannabis und Antidepressiva genommen. Dieser Cocktail sowie Berichte aus seinem Umfeld und die Krankenakte des jungen Mannes lassen die Staatsanwaltschaft davon ausgehen, dass er tatsächlich ausgerastet ist.

Ermittlungen eingestellt: Staatsanwalt sieht Notwehr

Nach siebenmonatigen Ermittlungen stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen die beiden Polizeibeamten schließlich ein. Die Schüsse seien Notwehr und erforderlich gewesen, „um einen andauernden rechtswidrigen Angriff auf Leib und Leben der Polizistin und des Polizisten abzuwehren“.

Ein Jahr danach: Beamte noch nicht im Dienst

Und heute? Die beiden Polizisten sind körperlich zwar genesen, sagte ihr Vorgesetzter Sigfried Doll im Oktober. Allerdings seien beide noch nicht an ihre Arbeitsstelle zurückgekehrt: „Es gibt nach wie vor Probleme bei der Verarbeitung des Ereignisses“, berichtete Doll. Eine begonnene Wiedereingliederung habe die Polizistin wieder abbrechen müssen. Beide Polizisten würden psychologisch betreut. Die Inspektion stehe mit ihnen in Kontakt, informiert Doll: „Es gibt intern ein hohes Maß an Mitgefühl.“

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