Kaiserslautern Prozess um Weilerbacher Bluttat: Bester Freund und Vater – und Mörder?

Anklägerin und Staatsanwältin Daniela Herzog.
Anklägerin und Staatsanwältin Daniela Herzog.

Am Mittwoch begann am Landgericht Kaiserslautern der Prozess gegen einen 38-jährigen Mann aus dem Kreis Kaiserslautern, der im März zwei Menschen aus Habgier und Heimtücke ermordet haben soll: seine Mutter und deren Lebensgefährten. Der Angeklagte schweigt seit seiner Festnahme. Seine Ehefrau beobachtete den Prozess.

Es sind noch fast 80 Minuten bis zum Prozessbeginn um 9 Uhr, als eine schmale Frau mit kurzen Haaren bei Gericht auftaucht. Die Ehefrau des Angeklagten. Ihren Mann wird sie im Saal nach einem halben Jahr zum ersten Mal wiedersehen. Sehen, wie ihm die Handschellen abgenommen werden. Sehen, dass ihr Mann mit den halblangen, nach hinten gegelten Haaren, jetzt einen Vollbart trägt. Und sie hört, wie Staatsanwältin Daniela Herzog die mutmaßliche Tatwaffe beschreibt: eine fast zwei Kilogramm schwere, 72 Zentimeter lange Axt, mit der er „absichtlich, vermutlich sechs Mal“ nachts im Hof auf den Schädel der Mutter eingehauen habe. Sie könnte den Hütehund noch einmal Gassi geführt haben. Auf den schlafenden, schwerhörigen 65-Jährigen habe er danach eingeschlagen. Der 38-Jährige habe an Erbe und Vermögen kommen wollen. Laut Anklage hat er 300.000 Euro Schulden.

Der Angeklagte schweigt und schreibt alles mit

Die Ehefrau des Angeklagten ist blass und wippt mit den Beinen. Ihr Mann schaut flüchtig zu den wenigen zugelassenen Besuchern im Gerichtssaal. Er schreibt Zeugenaussagen mit, versieht die Blätter mit Seitenzahlen. Ab und an schiebt er seinem Verteidiger ein Blatt unter der Plexiglas-Trennscheibe durch. Oder unterhält sich mit ihm. Ansonsten macht er von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Das Gericht unter Vorsitz von Richter Raphaël Mall befragt bis zum späten Nachmittag zahlreiche Zeugen, geladen waren allein für diesen Tag 24.

Der Angeklagte bespricht sich mit seinem Verteidiger. Ansonsten schweigt er.
Weilerbach

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Am Ende entsteht ein Bild eines Mannes, den viele als einen „Schaffer“, aber einen schlechten Geschäftsmann bezeichnen. Freunde und solche, die es einmal waren, beschreiben ihn während der Verhandlung und im Gespräch mit der RHEINPFALZ als tollen Vater, als einen, „der immer hilft, den besten Handwerker und Freund, den man sich vorstellen kann“. Nach der Hauptschule hat er nach den Schilderungen eine Ausbildung absolviert, verschiedene Jobs gemacht. Zuletzt bei einem Fensterbauer, dessen Betrieb er 2020 übernahm.

„Angst um sein Leben“

Freunde und Kinder der Getöteten zeichnen bisweilen ein anderes Bild. Eines von einem introvertierten Mann, der auch „mal Energie zeigte“, der Probleme für sich behielt, der dem eigenen Hund auf übertriebene Weise zeigen musste, wer der Herr ist. Und einem Mann mit Problemen, der dem Lebensgefährten der Mutter zuletzt Angst machte. „Angst um sein Leben“, sagen die Kinder des Getöteten. Einig sind sich alle an dem Tag gehörten Zeugen, dass er „nie laut, ein ruhiger Typ“ war. Auf dem Hof bei Weilerbach, auf dem die Bluttat geschah, wuchs er mit seinem Bruder auf.

Zur Tatzeit wohnten der Angeklagte mit seiner Frau und dem gemeinsamen 14-jährigen Sohn in einem Haus des Hofes, seine 60-jährige Mutter und deren 65-jähriger Lebensgefährte in einem anderen. Den Schilderungen nach wurde aus dem ehemals normalen bis guten Verhältnis zwischen „Jung“ und „Alt“ ein schwieriges. Noch nicht einmal gegrüßt habe man sich mehr. Offenbar wurde der Angeklagte schon lange von der Mutter mit Geld unterstützt, wohnte mietfrei auf dem Hof.

Dem späteren Opfer wurde alles zu viel

Der Mutter, so schildert es unter anderem die beste Freundin der getöteten Frau, wurde „alles zu viel“. Der Sohn sei ein Jäger und Sammler gewesen, einer der viele Maschinen kaufte, vieles anschleppte, vieles anfing und nicht zu Ende brachte, sich nicht gut um die Tiere auf dem Hof kümmerte. Ziegen hätten immer wieder ausbüxen können, weil der Zaun nicht repariert worden sei. „Und deine Mutter hat die Verantwortung übernommen, hat aufgeräumt, Ordnung gemacht“, sagte jene 60-jährige Zeugin.

Damit fordert sie den Angeklagten auf, ihr in die Augen zu schauen. Die Mutter habe das Beste für ihre Söhne gewollt. Auch wenn der Lebensgefährte der Mutter Angst gehabt habe vor deren Sohn: eine wenig konkrete, „gefühlte Angst. Sie aber war fest davon überzeugt, ihr Sohn tut ihr nichts“. Sie blickt den Angeklagten noch immer an. Er schaut zurück. Hinter der Maske und nach außen regungslos.

Auftakt zu einem größeren Verbrechen?

Als nach seiner Übernahme der Fensterbaufirma die Mutter ab Sommer 2020 den Hof verkaufen und wegziehen wollte, habe sich alles zugespitzt. Die Firma des Angeklagten lief nicht mehr. Auch mit einem ehemaligen Angestellten habe er sich zerstritten. In der Nacht auf den 8. März brannte dessen Lager. Sachschaden ihm zufolge: 100.000 Euro. War das der Auftakt zu einem noch größeren Verbrechen? An diesem Donnerstag geht der Prozess weiter.

Hier lesen Sie, wie der Angeklagte nach seiner zweitägigen Flucht am 11. März bei Freunden auftauchte und sich dann der Polizei stellte

Der Angeklagte unterhält sich mit seinem Verteidiger Johannes Berg. Ansonsten schweigt er seit seiner Festnahme.
Der Angeklagte unterhält sich mit seinem Verteidiger Johannes Berg. Ansonsten schweigt er seit seiner Festnahme.
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