Rheinland-Pfalz Pilzfreunde hoffen noch auf guten Jahresabschluss

Ein Pilzfachmann zeigt zwei Pilze, die leicht verwechselt werden: der von Schnecken angefressene Steinpilz (l) und der Bittere E
Ein Pilzfachmann zeigt zwei Pilze, die leicht verwechselt werden: der von Schnecken angefressene Steinpilz (l) und der Bittere Eichenritterling (Tricholoma ustaloides). Letzterer ist ungenießbar, weil er bitter ist.

Für Pilzfreunde ist jetzt die beste Zeit des Jahres. Eigentlich. Denn bislang lässt die Saison noch einiges zu wünschen übrig.

Gleich nach den ersten Metern auf dem Waldweg in Jägersburg (Kreisstadt Homburg) ragen sie aus dem feuchten Laub: Die Nebelkappe bildet den Auftakt, wenig später gesellen sich noch der Kleine Rettichfälbling, der Bittere Eichenritterling und der Violette Lacktrichterling dazu. Doch der Eindruck, dass dies ein Zeichen für ein tolles Pilzjahr ist, täuscht. „Für Speisepilzsammler sieht es eher mau aus dieses Jahr“, sagt Volker Weis (59) von den Pilzfreunden Saar-Pfalz. Und der Vorsitzende Thomas Brandt (55) bestätigt: „Seit August ist das Pilzaufkommen unheimlich abgeebbt.“

Dabei hatte die Saison gut angefangen. Nach viel Regen im April und Mai habe es reichlich Pilze gegeben - auch Sommersteinpilze und Pfifferlinge. Doch im August und September blieb die Suche weitestgehend erfolglos. Auch beim pilzkundlichen Wochenende in Wolfstein (Landkreis Kusel), dem Höhepunkt des Vereinsjahres, waren die Körbe jetzt nur spärlich gefüllt. Kaum zu glauben, dass es vor zwei Jahren im Oktober noch eine Steinpilz-Schwemme gegeben habe.

Gutes Jahr kann es nicht mehr werden, aber es gibt noch Hoffnung

Ganz aufgeben will Thomas Brandt aber noch nicht: „Ein gutes Jahr kann es zwar nicht mehr werden“, meint er, „aber solange es keinen Nachtfrost gibt, sei noch einiges denkbar“. Gerade durch den Regen und die höheren Temperaturen in dieser Woche könnte sich in den nächsten Tagen noch etwas tun. Jetzt kämen die Reizker-Pilze, ist der 55-Jährige zuversichtlich. Und auch der einzige Steinpilz, den er und Volker Weis an diesem Morgen finden, lässt Hoffnung aufkommen.

Der Pilzsachverständige Helmut Kolar aus Koblenz sieht das ähnlich. „Für Bitterkeit ist es noch zu früh“, sagt er. Für die Exkursionen, die er in den nächsten Tagen anbietet, sei er jedenfalls noch zuversichtlich. „Auf alle Fälle wird es noch Steinpilze geben, auch wenn sie sich bis jetzt noch wenig blicken ließen“, ist er überzeugt.

Auch noch Anfang November einiges zu finden

Ohnehin gelte es seit einiger Zeit, bei den pilzkundlichen Angeboten umzudenken. Früher hätten die Herbstkurse früh im September angefangen, „heute können Sie auch noch Anfang November in den Wald gehen und einiges finden“, sagt er. Für ihn sei dies „zweifellos ein Ergebnis des Klimawandels“.

Das Interesse an Pilzen ist jedenfalls gestiegen. Die Zahl der Mitglieder aus dem Saarland und Rheinland-Pfalz sei von 120 auf 150 gestiegen. Wobei nicht alle Pilzfreunde tatsächlich den Fokus aufs Verspeisen legen. Auch bei Volker Weis hat sich die Vorliebe im Laufe der Jahre geändert: „Mir liegt heute eher daran, Pilze zu fotografieren, neue kennenzulernen, Funde zu dokumentieren und daran mitzuarbeiten, dass sie kartiert werden.“ Mit Thomas Brandt teilt er die Leidenschaft für diese besonderen Spezies. „Das Faszinierende ist die Optik, die Farbenpracht, die Artenvielfalt“, sind sie sich einig.

Dementsprechend begeistert reagieren sie, als sie bei ihrer Wanderung die Vertreter einer besonders hübschen Art entdecken: den Geschmückten Gürtelfuß. „Was das Besondere an ihm ist? Dass er so wunderschön ist“, schwärmt Brandt und betrachtet die farbigen Gürtel, die den Stiel schmücken.

Alarmglocken schrillen bei manchen Arten

Bei anderen Arten wiederum schrillen neuerdings die Alarmglocken. Der Nebelgraue Röteltrichterling (Nebelkappe) etwa, der in alten Büchern noch als essbar angegeben wird, steht inzwischen auf der Giftpilzliste der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM). So wie der Kahle Krempling, der bis 1990 noch als essbar galt - bis man gemerkt habe, dass er ein Gift in sich trage, das sich über Jahre im Körper ansammle und eine Blutzersetzung auslösen könne. „Es kommen immer wieder neue Erkenntnisse dazu“, sagt Brandt. Deshalb lohnt es sich, ständig auf dem neuesten Wissensstand zu sein. Der Violette Lacktrichterling beispielsweise sei bislang uneingeschränkt als Speisepilz freigegeben. „Jetzt weiß man, dass er, wenn der Boden arsenhaltig ist, extrem Arsen aufnimmt.“

All jenen Pilzfreunden, die sich bei der Bestimmung ihrer Fundstücke nicht sicher seien, empfiehlt er, sich an einen der über 600 Pilzsachverständigen in Deutschland zu wenden und ihr Sammelgut auf Essbarkeit überprüfen zu lassen. „Allein im Saarland gibt es mehr als 20, die von der DGfM ausgebildet sind und das gerne machen. Und ich würde jedem raten, dieses Angebot anzunehmen.“

Volker Weis wünscht sich zudem, „dass die Leute sensibler werden, was Pilze angeht und dass sie sich nicht wahllos immer die Körbe vollraffen“. Zwar würde dies die Arten nicht gefährden, „aber man sollte schon mit Bedacht an die Sache herangehen“.

Apell des Ministers: Nur wenig sammeln

Ein Appell, den auch der saarländische Umweltminister Reinhold Jost (SPD) unterstützt. „Wer für sich und die Familie zum Eigenbedarf Pilze, Kräuter oder Beeren im Wald sammelt, darf das tun, solange es bei einer kleinen Menge bleibt. Dass man dabei pfleglich mit der Natur umgeht, ist selbstverständlich“, betonte er gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Wer die sogenannte Handstraußregelung allerdings missachte, mehr entnehme und seine Funde vielleicht sogar verkaufen wolle, brauche eine Genehmigung der Naturschutzbehörden und des Waldeigentümers. Anderenfalls drohten hohe Bußgelder sowie Schadensersatzansprüche.

Derweil hofft Thomas Brandt in der Zukunft wieder auf bessere Pilzjahre als die vergangenen drei. Und dass er noch einige der ersehnten Erstfunde erlebt. Schon jetzt weiß er, nach welchen Arten er besonders Ausschau hält, wenn er täglich mehrere Stunden im Wald unterwegs ist: dem Satansröhrling und der Schleiereule. Beide gelten als sehr selten. „Aber es gibt sie im Saarland“, weiß er von anderen Pilzkennern. „Ganz sicher!“

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