Trier/Mainz Parteienforscher: Nur Malu Dreyer profitiert derzeit von der Corona-Krise

Parteienforscher Uwe Jun in seinem Büro an der Universität Trier.
Parteienforscher Uwe Jun in seinem Büro an der Universität Trier.

Die Corona-Krise überlagert den beginnenden Landtagswahlkampf in Rheinland-Pfalz. Sie mache es der Opposition schwer, sagt der Politikwissenschaftler Uwe Jun. Die mitregierenden Parteien FDP und Grüne profitierten allerdings ebenfalls nicht.

Die AfD hat in der Corona-Krise nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers Uwe Jun deutlich an Zustimmung verloren – auch in Rheinland-Pfalz. „Es zeigt sich jetzt, die Partei löst keine sozialen oder ökonomischen Probleme und hat auch kein klares Konzept, wie diese Probleme gelöst werden können“, sagte der Politologe von der Universität Trier. „Das wurde ein bisschen einseitig immer unter Protest zusammengefasst“, sagte Jun. „Die Situation wandelt sich gerade wieder, weil jetzt die Stunde der Exekutive wieder schlägt, wie wir das in Krisensituationen immer in der Regel haben.“ Exekutive meint die Regierung und die öffentliche Verwaltung.

Davon profitiere auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). „Sie ist die bestimmende Person derzeit in Rheinland-Pfalz“, sagt Jun, sie sei „in guter Position“, weil Krisen durch Handeln bewältigt werden müssten. Für Oppositionsparteien seien solche Situationen schwierig – nicht nur für die AfD, sondern ebenfalls für die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Christian Baldauf.

Die FDP und die Grünen, die in Rheinland-Pfalz mitregieren, könnten von dem Trend zur Exekutive nicht sonderlich profitieren. „Die FDP regiert zwar in Rheinland-Pfalz mit, aber das ist vielen Rheinland-Pfälzern im Moment auch nicht stark präsent“, erläuterte der Politologe.

Die Grünen hätten in Rheinland-Pfalz ohnehin noch nie eine große Wirkmacht erzielt, sagt der Parteienforscher. „Das ist ein Landesverband, der bei Wahlen und Umfragen stark vom Bundestrend abhängig war und nie große Strahlkraft gehabt hat.“ Bislang habe es den Grünen auch an einem wählerwirksamen Spitzenkandidaten oder einer Spitzenkandidatin im Land gefehlt. Mit Ministerin Anne Spiegel als Spitzenkandidatin sei die Partei dabei noch in den Anfängen.

Was die Opposition im Land angeht, nimmt Jun vor allem die AfD in den Blick. „Wenn die AfD überhaupt wahrgenommen wurde in den letzten Wochen, dann war es der innerparteiliche Streit, den der Bundesvorsitzende Jörg Meuthen mit der möglichen Spaltung entfacht hatte“, sagte Jun. „Es wurde noch mal allen vor Augen geführt, dass die Partei eben keineswegs als einheitlicher Akteur zu betrachten ist, sondern dass es da verschiedene Gruppierungen gibt, die miteinander um Macht ringen.“ Auch wenn der rheinland-pfälzische Landesvorsitzende Michael Frisch die Partei als Spitzenkandidat in die Landtagswahl führen werde, sei Joachim Paul nach wie vor der starke Mann im Hintergrund, sagte Jun. Paul war von anderen Parteien einer Nähe zu rechtsextremem Gedankengut vorgeworfen worden, deshalb hatte er zugunsten Frischs auf diesen Posten verzichtet. Auf Frisch hätten sich in dieser Situation erstmal alle verständigen können.

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