Rheinland-Pfalz Kirchen suchen Nachwuchs

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Joshy George Pottackal, Pfarrer und Karmelitermönch im Kreis Bergstraße.

Gerade der katholischen Kirche in Deutschland fehlen nicht nur die Mitglieder, sondern auch der Nachwuchs. Die evangelische Kirche blickt einer Pensionierungswelle entgegen. Nur wenige junge Männer wagen den Schritt in ein Leben als Priester.

Die großen Kirchen leiden unter Pfarrermangel. In der katholischen Kirche fehlt es an Nachwuchs, in der evangelischen gehen viele Geistliche in Rente. Priester aus dem Ausland sollen dazu beitragen, dass Gottesdienste selbst in kleinen Gemeinden weiter stattfinden und Priester entlastet werden. So wie Pater Joshy.

63 ausländische Priester

„Ich habe eine riesengroße Akzeptanz erlebt“, sagt er. Pater Joshy kommt aus dem indischen Bundesstaat Kerala und lebt seit 2004 in Deutschland. Am Anfang fiel ihm das neue Leben hier nicht leicht. Zunächst arbeitete er als Stadtjugendseelsorger und als Schulseelsorger an einer Hauptschule für das Bistum Mainz. „Für mich war beides Neuland. Ich war gerade erst zwei Jahre in Deutschland“, erzählt der 41-Jährige. „Das war schon schwierig.“ Nach einem halben Jahr beendete er den Dienst an der Hauptschule. Im Bistum Mainz sind mit Pater Joshy aktuell insgesamt 63 ausländische Priester tätig, 37 davon in deutschsprachigen Pfarreien. Die meisten stammen aus Polen und Indien. Im Bistum Trier gab es bereits Ferienvertretungen mit Priestern aus Ländern wie Benin, Indien, Nigeria, Polen, Belgien oder Spanien. Im Bistum Speyer waren im vergangenen Jahr 51 ausländische Priester aktiv. Wobei sie - zumindest offiziell - von den Bistümern eher als Bereicherung gesehen werden, nicht als Ausgleich für den Nachwuchsmangel.

Gemeinde zunächst skeptisch

Seit etwa neun Jahren ist Joshy George Pottackal nun Priester in der Kirchengemeinde Neckartal (Hirschhorn und Neckarteinach) im Kreis Bergstraße im Süden des Bistums Mainz. Die Gemeinde war zunächst skeptisch und wusste mit dem damals 32-jährigen Inder wenig anzufangen. Es gab Bedenken, dass es mit der Sprache und der Mentalität schwierig werden könnte, erklärt Pater Joshy. Also stellte er sich der Gemeinde ausgiebig vor. „Als die festgestellt haben, dass ich die Sprache gut beherrsche und offen bin, war das Eis gebrochen“, erzählt er. Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, deren Gebiet sich teils über Rheinland-Pfalz erstreckt, versucht mit gezielter Nachwuchswerbung schon jetzt genug Pfarramtskandidaten für die kommenden Jahre zu gewinnen. Auch Quereinsteiger und „Spätberufene“ sollen zum Zuge kommen.

Große Zahl an Ruheständlern

„Wir haben kein Nachwuchsproblem, sondern ein Ruhestandsproblem“, sagt Personaldezernent Jens Böhm. Bis 2020 könnten derzeit alle Stellen gut besetzt werden, erklärt Pressesprecher Volker Rahn. „Aber dann wird es für etwa ein Jahrzehnt tatsächlich eng, da die geburtenstarken Jahrgänge in großer Zahl in den Ruhestand gehen.“ In diesem Jahr hörten voraussichtlich 26 Pfarrer auf zu arbeiten, 38 würden neu eingestellt. Noch stärker als die evangelische ist die katholische Kirche vom Ausbleiben des Nachwuchses betroffen. In diesem Jahr folgt nach Angaben eines Sprechers im Bistum Mainz nur ein Priester dem Ruf Gottes, 2017 gab es gar keine Priesterweihe. Dagegen gehen 2018 zwei Priester in Rente. Auch im Bistum Trier ist in jüngster Zeit die Zahl der Priester im aktiven Dienst deutlich zurückgegangen, in den letzten beiden Jahren um rund 50, wie eine Sprecherin mitteilt. 2017 wurden drei Männer geweiht, 2018 ebenfalls. Für die nächste Dekade geht das Bistum von einem weiteren altersbedingten Rückgang von rund 100 Priestern aus.

Von 240 auf 197 Priester

Im Bistum Speyer sind derzeit 197 Priester im Dienst, drei Priester werden zum Ende des Jahres in Ruhestand gehen. Vor zehn Jahren gab es noch 240 Priester. Auch hier wird in diesem Jahr ein Kandidat zum Priester geweiht, kommendes Jahr soll es keine Priesterweihe geben. Natürlich ist es angesichts der Krisen, durch die das Ansehen der Kirche Schaden genommen hat, schwieriger geworden, sich mit der Institution Kirche zu identifizieren“, erläutert der stellvertretende Pressesprecher des Bistums Mainz Alexander Matschak. Zudem sei die Zahl der Jugendlichen, die sich in den Pfarreien engagieren, kleiner geworden. Aus diesem Kreis kamen bisher die meisten Interessenten für kirchliche Berufe. Der Zölibat könne ebenfalls eine Rolle spielen, aber sicherlich nicht die Entscheidende, sagt Matschak.

Zölibat kein Hindernis für Eichler

Für Maximilian Eichler war die Ehelosigkeit kein Hinderungsgrund. Der 26-Jährige ist einer von derzeit neun Priesteramtskandidaten des Bistums Mainz. „Die Kirche begleitet mich ein Leben lang“, sagt Eichler. „Mich hat es schon als Kind immer fasziniert, was während des Gottesdienstes passiert.“ Irgendwann wurde die Faszination so groß, dass Eichler beschloss, Theologie zu studieren. Nach seiner Erstkommunion war Eichler Messdiener und erlebte Kirche als Gemeinschaft, wie er sagt. Später arbeitete er selbst als Gruppenleiter. Dementsprechend gelassen reagierten die Familie und enge Freunde auf Eichlers Entscheidung, Priester zu werden. „Für meine Familie war das kein Schock, die wussten, wie begeistert ich bin“, berichtet er. Sie hätten aber stets signalisiert, dass er sich auch anders entscheiden könne.

Laien werden wichtiger

Neben Priestern sind auf katholischer Seite Gemeinde- und Pastoralreferenten sowie Ständige Diakone tätig. So kommt auch den Laien eine immer größere Bedeutung zu. Aktuell gibt es im Bistum Trier 20 Vakanzen, also Pfarreiengemeinschaften, in der die Stelle des leitenden Pfarrers nicht besetzt ist. In der Regel sind dort andere Priester und Seelsorger von außerhalb eingesetzt. Aber auch Ehrenamtliche übernehmen Verantwortung, etwa in den Vorsitzen der Verwaltungsgremien. Im Bistum Speyer wurde die Zahl der Pfarreien von 346 auf 70 reduziert. So sollen sich die Priester mehr auf ihre eigentliche Aufgabe der Seelsorge konzentrieren können. Maximilian Eichler hat zum 1. August seinen Dienst als Diakon in Heppenheim am Rande des Odenwalds angetreten. Er darf bei der Messe assistieren, das Evangelium verkünden und predigen. Dazu kommen Taufen, Beerdigungen oder Hochzeiten, bei denen er den Priester unterstützt. „Mit der Diakonweihe habe ich mich an die Kirche gebunden und die Kirche sich an mich“, erklärt Eichler. Sollte er es sich also noch einmal anders überlegen mit dem Beruf, könnte das schwierig werden. „Das Sakrament kann man nicht einfach so wegrationalisieren.“ Zweifel an seiner Berufswahl habe er jedoch bisher ohnehin nicht gehabt. Und Angst, etwas zu verpassen? Auch die kennt der junge Priesteramtskandidat nicht.

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