Rheinland-Pfalz Juwis problematische Nähe zur Politik

MAINZ. Die Juwi AG, rheinhessisches Energieunternehmen mit Pfälzer Wurzeln, schien der geborene Partner für die Energiewende zu sein, die die rot-grüne Koalition in Mainz nach der Landtagswahl 2011 ausgerufen hatte. Das Unternehmen suchte den kurzen Draht zur Politik und ließ sich als Vorzeigeunternehmen feiern. Nun hat Juwi Geldsorgen und muss 400 der 1500 Stellen abbauen (wir berichteten am Mittwoch im Wirtschaftsteil). Die Landesregierung reagierte zurückhaltend. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne) feierten in dieser Woche die Ansiedlung von Haribo. Zur Situation bei Juwi hieß es lediglich auf Nachfrage aus dem Wirtschaftsministerium, es gebe zwar Kontakte zum Unternehmen, aber es sei noch nichts bekannt über flankierende Maßnahmen. „Wir sind für Gespräche offen“, sagte die Sprecherin des Arbeitsministeriums, doch noch habe es keine gegeben. Juwi-Sprecher Michael Löhr kündigte unterdessen an, es würden Gespräche geführt mit dem Ziel, die Auswirkungen der angekündigten Maßnahmen abzumildern. In den vergangenen Jahren war Juwi, insbesondere Mitbegründer Matthias Willenbacher (44), immer wieder um die Nähe zur Politik und zu Politikern bemüht, um für seine Anliegen, seine Vorstellung der Energiewende zu werben. In Maßen ist das nicht ungewöhnlich, besonders in der Energiebranche, die sehr stark von politischen Rahmenbedingungen abhängig ist. Deshalb erstaunt es auch nicht, dass Juwi den Parteien großzügig spendete. Das geht aus den Rechenschaftsberichten hervor, die als Drucksache des Bundestages veröffentlicht werden. 2011, dem Jahr der Landtagswahl, bedachten die Wörrstadter alle drei im Landtag vertretenen Parteien: SPD, CDU und Grüne erhielten zwischen 15.000 und 16.500 Euro. Zwei Jahre zuvor, die rheinland-pfälzischen Grünen waren noch außerparlamentarische Opposition, erhielt die Öko-Partei 20.000 Euro – als Privatspende sind zudem mehr als 19.000 Euro von Matthias Willenbachers Bruder Norbert ausgewiesen. Die SPD erhielt im gleichen Jahr 18.750 Euro von Juwi. Großzügiger wurde die Partei jedoch von den Energieriesen RWE und Eon bedacht, mit 26.910 beziehungsweise 50.000 Euro. Die CDU erhielt 2009 die gleiche Summe von Eon, ging jedoch bei RWE und Juwi leer aus. 2010 und 2012 sind keine Juwi-Spenden ausgewiesen, für das vergangene Jahr liegt noch kein Bericht vor. „Wir haben unsere Spendenaktivitäten für politische Parteien schon vor längerer Zeit nahezu komplett eingestellt“, sagte Löhr. Unterstützt würden nun eher regionale Vereine, Verbände und Initiativen. Auf die Frage, ob sich Juwi jenseits der unternehmerischen Fehler, die der Vorstand eingeräumt hat, auch von der Politik im Stich gelassen fühlt, sagte Löhr, die Energiepolitik „diverser Bundesregierungen“ habe die Ziele ausgebremst, unter anderem durch die Neufassung des Erneuerbare Energiengesetzes. „Viele Bundesländer, darunter auch Rheinland-Pfalz, haben sich gegen den Kahlschlag aus Berlin gewehrt, leider nicht mit dem erhofften Erfolg.“ Zu den eher zweifelhaften Versuchen, an politische Entscheider heranzukommen, darf 2007 die Ruanda-Reise des damaligen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) gewertet werden. Willenbacher saß mit im Flugzeug, er stieg im gleichen Hotel ab und nach einigen Tagen saß er mit an Becks Tisch. Offizielles Mitglied der Delegation war er aber nicht. Doch weil Juwi zusammen mit den Stadtwerken Mainz ein Solarprojekt in Ruandas Hauptstadt Kigali in Betrieb genommen hat, unternahm er auf eigene Faust die Parallelreise. Bei einer Chile-Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war Willenbacher 2013 offiziell eingeladen. Doch er ärgerte sich, dass ihm die Kanzlerin nicht zuhören wollte, was er zur Energiewende zu sagen hatte. So geht es aus Willenbachers Buch hervor, das er anschließend geschrieben hat: „Mein unmoralisches Angebot an die Kanzlerin“. Er verspricht, Anteile an seinem Unternehmen zu verschenken, wenn sie die Energiewende umsetze. Abgesehen vom Wert des Angebots angesichts der aktuellen Schwierigkeiten von Juwi ist dies ein zweifelhafter Stil. Richtig daneben langte Juwi damit, den früheren thüringischen Innenminister Christian Köckert (CDU) als Lobbyisten einzustellen. Köckert wurde im Januar wegen Vorteilsnahme und Bestechung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, das Urteil ist jedoch nicht rechtskräftig. Gegen Willenbacher ist Anklage erhoben.

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