Rheinland-Pfalz „Hanebüchene Kündigungen“

Hat vier fristlose Kündigungen gegen ihren langjährigen Geschäftsführer Martin Jäger ausgesprochen und damit vor dem Arbeitsgeri
Hat vier fristlose Kündigungen gegen ihren langjährigen Geschäftsführer Martin Jäger ausgesprochen und damit vor dem Arbeitsgericht eine Bauchlandung erlebt: die Bezirksärztekammer Pfalz in Neustadt.

«NEUSTADT.»Die Bezirksärztekammer Pfalz hat im Rechtsstreit mit ihrem langjährigen Geschäftsführer Martin Jäger eine herbe Niederlage erlitten: Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat alle vier fristlosen Kündigungen für unwirksam erklärt. Die Kammer hat jedoch dieses Urteil erst gar nicht abgewartet und vor wenigen Tagen öffentlich Jägers Nachfolgerin präsentiert.

Martin Jäger ist seit zwei Jahrzehnten bei der in Neustadt ansässigen Kammer tätig. Von der früheren Kammer-Vorsitzenden habe er ein Zeugnis erhalten, „das einer 1 mit Stern entspricht“, so Jägers Rechtsanwalt Klaus Friedrich gestern auf Anfrage der RHEINPFALZ. Es sei schwer vorstellbar, dass sich sein Mandant dann ausgerechnet in der Amtszeit des im Oktober 2016 gewählten neuen Kammer-Vorsitzenden Claus Beermann dermaßen verschlechtert haben soll. Viel naheliegender sei es, die Gründe für die Probleme bei Beermann zu suchen. Bisher schweigt die Kammer auf Anfragen der RHEINPFALZ zu den Hintergründen für die Trennung von Martin Jäger. Auch der Rechtsanwalt der Kammer reagierte nicht auf Anfragen. Nach der Entscheidung des Ludwigshafener Arbeitsgerichtes gibt dagegen Jägers Rechtsanwalt Friedrich seine bisherige Zurückhaltung auf: „Die von der Kammer genannten Gründe für die vier zwischen August und November vergangenen Jahres ausgesprochenen fristlosen Kündigungen sind hanebüchen, geradezu an den Haaren herbeigezogen.“ So wurde Jäger nach Darstellung seines Rechtsanwaltes in den Kündigungen pauschal vorgeworfen, er habe seine Aufgaben nicht erfüllt und habe sich eine Unhöflichkeit gegenüber dem Kammer-Vorstandsvorsitzenden herausgenommen. Außerdem habe er einen Betrag von 9,62 Euro nicht mit der Kammer abgerechnet und somit betrogen. Diese Summe steht laut Rechtsanwalt Friedrich im Zusammenhang mit einer Tagung. Sein Mandant habe wegen einer Erkrankung seine Zimmer-Buchung rückgängig machen müssen. Da er die dafür fälligen Ausgaben mit seiner Kreditkarte bezahlt habe, sei auch die Rückerstattung wieder auf sein Kreditkartenkonto erfolgt. Dabei habe es sich nach Abzug der Stornogebühren um jene 9,62 Euro gehandelt. Bei der Rückbuchung habe es keinen Hinweis dafür gegeben, dass sie mit der stornierten Tagung in Verbindung steht. Das jetzt ergangene Urteil des Arbeitsgerichtes Ludwigshafen hat laut Friedrich zur Folge, dass Martin Jäger „ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis“ mit der Bezirksärztekammer hat. Diese Körperschaft des öffentlichen Rechts, die sich über die Beiträge ihrer 7100 Mitglieder finanziert, müsse nun die Gehälter seit September vergangenen Jahres nachzahlen. Und nach der Einstellung einer Nachfolgerin ab dem nächsten Monat leiste sich die Kammer den Luxus, zwei Geschäftsführergehälter zahlen zu müssen. Zwar sei Jägers Berufung als Geschäftsführer widerrufen worden. Aber mit dem Urteil habe er einen Weiterbeschäftigungsanspruch zu den bisherigen Konditionen. Allerdings hat die Kammer die Möglichkeit, innerhalb der nächsten beiden Wochen Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichtes einzulegen, erläuterte der Rechtsanwalt. Werde das Urteil rechtskräftig, „dann leistet sich die Kammer den Luxus, zwei Geschäftsführergehälter zahlen zu müssen“. Jäger wird in diesem Jahr 54 Jahre alt. Nicht ausgeschlossen ist, dass es zwischen der Kammer und ihrem bisherigen Geschäftsführer eine einvernehmliche Regelung geben wird. Zu den Aufgaben der Bezirksärztekammer zählen laut Satzung unter anderem die Vertretung der Ärzteschaft gegenüber den Behörden sowie die Wahrnehmung der berufsständischen Interessen, die Zertifizierung von Fortbildungsveranstaltungen und Ermittlungen bei einem Verdacht von Berufspflichtverletzungen von Mitgliedern. Claus Beermann gehört als Beisitzer dem Vorstand der Landesärztekammer an und ist aktiv in der Ärztegewerkschaft Marburger Bund. Außerdem sitzt der Chirurg als freigestellter Betriebsratsvorsitzender im Aufsichtsrat des Klinikums Ludwigshafen.

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