Rheinland-Pfalz Flickenteppich bei der Aufnahme junger Flüchtlinge

658 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge kamen 2017 nach Rheinland-Pfalz.
658 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge kamen 2017 nach Rheinland-Pfalz.

In Rheinland-Pfalz sind alle 41 Jugendämter der kreisfreien Städte und der Landkreise zuständig für die Erstaufnahme minderjähriger Flüchtlinge, die alleine einreisen, also auch für das sogenannte Clearing-Verfahren. Anders als das Saarland verzichtet das Land auf ein Gesetz für eine zentrale landesweite Lösung und hofft auf die Bildung von Schwerpunktjugendämtern.

«MAINZ.»Die Stadt Trier, die viele Jahre die Erstaufnahme von Flüchtlingen im Land alleine geschultert hat, nahm sich lange auch als einzige Stadt der alleine gereisten Jugendlichen an und stellte in den ersten Wochen fest, woher sie kamen, wie alt sie waren, wie es um ihre Gesundheit bestellt war und welche Bildung sie genossen haben. Ein aufwendiges Geschäft, aber in Trier haben die Mitarbeiter viel Erfahrung gesammelt. Doch 2015 konnte die Stadt die Arbeit nicht mehr alleine schultern, es kamen zu viele Menschen. Die damalige Integrationsministerin Irene Alt (Grüne), Vorgängerin der Amtsinhaberin Anne Spiegel (Grüne), wollte fünf Schwerpunktjugendämter installieren, die diese zehn bis zwölf Wochen dauernde Clearingphase für sämtliche Jugendämter stemmen sollten, bevor die Jugendlichen in die jeweiligen Landkreise zogen. Trier blieb eines der Schwerpunktjugendämter, Kusel kam mit der zusätzlichen Zuständigkeit für den Donnersbergkreis hinzu und Mainz-Bingen. Andere Pläne, die Kompetenzen zu bündeln, haben sich damals zerschlagen. Deshalb mussten die meisten Jugendämter eigene Kompetenzen aufbauen, zum Beispiel für die qualifizierte Inaugenscheinnahme, um das Alter festzustellen. Spiegel, die seit Mai 2016 Ministerin ist, erließ in Absprache mit den Kommunalen Spitzenverbänden mit Wirkung vom 1. Januar 2017 eine Verordnung, in der festgelegt ist, dass die Jugendämter im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung Schwerpunktjugendämter bilden können. Die Stadt Trier hat den Städten Speyer, Neustadt, Landau und den Landkreisen Germersheim, Bad Dürkheim und Südliche Weinstraße eine Zusammenarbeit angeboten. Die Vereinbarungen sind zum Teil bereits getroffen. Ähnliche Zweckvereinbarungen sind mit acht Kommunen im nördlichen Landesteil geschlossen. Trier hat nach eigenen Angaben Kapazitäten zur Versorgung von 120 bis 150 Jugendlichen aufgebaut. Spiegel hofft, dass sechs weitere Jugendämter ebenfalls Schwerpunktjugendämter werden. 2017 kamen 658 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach Rheinland-Pfalz, davon wurden 18 Prozent aus anderen Bundesländern zugewiesen. Nur den Schwerpunktämtern zahlt das Land eine Fallkostenpauschale von 1046 Euro, sagte Spiegel vergangene Woche im Integrationsausschuss des Landtags. Die Kosten für die Unterbringung der jungen Flüchtlinge trägt ohnehin das Land. Nachdem es 2017 mit der Kostenerstattung an die Kommunen klemmte, sei dies inzwischen geregelt, sagte der Geschäftsführer des Landkreistags, Burkhard Müller, auf Anfrage. Aus seiner Sicht läuft die Unterbringung der unbegleiteten Minderjährigen im Land zufriedenstellend. Der zahlenmäßige Rückgang bringe Ruhe. Änderungen in der Praxis seien nicht nötig. Die Kandeler Bluttat vom Dezember hat ein besonderes Schlaglicht auf den Umgang mit unbegleiteten Minderjährigen geworfen. Ein nach Behördenangaben 15 Jahre alter Afghane wird von der Staatsanwaltschaft Landau beschuldigt, eine 15-jährige Schülerin, seine Ex-Freundin, in Kandel ermordet zu haben. In seinem Fall erfolgte 2016 die erste Inobhutnahme in Frankfurt, das dortige Jugendamt schätzte ihn damals auf 14. Danach wurde er über den bundesweiten Verteilschlüssel Rheinland-Pfalz zugewiesen und über das Landesjugendamt erfolgte die Unterbringung im Landkreis Germersheim. Nach Angaben der Kreisverwaltung wurde in einer Jugendhilfe-Einrichtung das Clearing fortgesetzt, um die „Stärken und Ressourcen, aber auch den Entwicklungsbedarf“ festzustellen. Er blieb dort von Mai 2016 bis September 2017. Danach zog er in eine Wohngruppe in Neustadt um. Er sei „auch nach dem Wechsel in die neue Einrichtung unauffällig geblieben“, heißt es.

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