Rheinland-Pfalz Eine Spur zum „Pizzeria-Mord“

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FRANKENTHAL/MAINZ. Der Fall des in Frankenthal angeklagten Waffenbastlers aus der Verbandsgemeinde Lambrecht zieht immer weitere Kreise. Der Deutsch-Italiener hat oft mit einem Mann telefoniert, der eine Waffe tatsächlich benutzt haben soll. Mit tödlicher Folge: Es geht um den Niersteiner „Pizzeria-Mord“.

Mal wird per Telefon über „Blumen“ verhandelt, mal über eine „Motorsäge“. Dann wieder geht es um „die Große“. Oder um die „Dings“, wovon es gleich 5000 Stück geben soll. Die Polizei hört da eifrig mit. Sie meint: In Wirklichkeit organisiert der Deutsch-Italiener illegale Geschäfte mit Waffen und Munition. Im Frühjahr 2014 stürmt eine Spezialeinheit sein Pensionszimmer in der Verbandsgemeinde Lambrecht. Und mittlerweile steht er in Frankenthal vor Gericht (wir berichteten). Dort hat der 38-Jährige in allgemeiner Form auch schon gestanden, dass er in derartige Machenschaften verwickelt ist. Zu Details allerdings schweigt er. Und auch über seine Komplizen will er partout nicht reden. Also werden im Gerichtssaal seine abgehörten Telefonate vorgespielt. Regelmäßig gesprochen hat er unter anderem mit einem Italiener. Ermittler vermuten: Der sorgte dafür, dass die heiße Ware nach Italien kam. Einstweilen allerdings muss sich der 36-jährige mutmaßliche Zwischenhändler mit einem noch viel schwereren Vorwurf auseinandersetzen. RHEINPFALZ-Recherchen zufolge handelt es sich bei ihm um jenen Mann, den die Mainzer Staatsanwaltschaft für den „Pizzeria-Mord“ in Nierstein verantwortlich macht. In dem 8000-Einwohner-Ort im Kreis Mainz-Bingen wurden am 29. November 2014 insgesamt 15 Kugeln auf einen italienischen Gastwirt abgefeuert. Eine bohrte sich in das Herz des 51-Jährigen, er war sofort tot. Aus den Projektilen schließen Experten: Der Täter könnte mit einer Ceska 75 geschossen haben. Sie würde ins Arsenal des in Frankenthal angeklagten Deutsch-Italieners passen. Schließlich hat der 38-Jährige Waffen mit blockierten Läufen wieder scharf gemacht. Gekauft hatte er sie in der Slowakei, daher geht es in seinem Prozess vor allem um osteuropäische Waffen. Zum Beispiel um Skorpion-Maschinenpistolen. Sie stammen vom gleichen Hersteller wie Ceska-Pistolen. Würde sich irgendwann tatsächlich herausstellen, dass der Deutsch-Italiener von konkreten Mordplänen eines Komplizen wusste und er ihm trotzdem eine Waffen geliefert hat, könnte ihm sogar eine weitere Anklage wegen Beihilfe zum Mord drohen. Bislang allerdings fehlen dafür konkrete Anhaltspunkte. Weil die Tatwaffe verschwunden ist, bleibt offen, woher sie stammte. Und der mutmaßliche Schütze schweigt. Das allerdings könnte sich ändern, wenn ihm demnächst der Prozess gemacht wird. Nach RHEINPFALZ-Informationen wird er kaum leugnen können. Ermittler haben an seinen Händen Schmauchspuren nachgewiesen. Also mag es besser für ihn sein, wenn er versucht, den Richtern wenigstens eine Erklärung für seine Tat zu liefern. Über deren Hintergründe wissen die Ankläger bislang wenig. Fest steht: Der mutmaßliche Täter und das Opfer kennen sich schon sehr lange, beide stammen aus dem gleichen Ort in den Abruzzen. Daher hat die Polizei das Privatleben des erschossenen Gastwirts intensiv erforscht, zum Beispiel nach außerehelichen Frauengeschichten. Sogar vermeintlichen Anhaltspunkten für homosexuelle Beziehungen sind die Ermittler nachgegangen. Mittlerweile geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass den tödlichen Schüssen ein monatelang schwelender Konflikt um Geld vorangegangen war. Damit ließe sich die Tat immer noch als blutiges Ende eines sehr persönlichen Streits verstehen. Vielleicht steckt aber noch mehr dahinter. Die Polizei hatte die Niersteiner Pizzeria schon vor dem Mord im Visier. Ihr Verdacht: Hier trafen sich Kriminelle, die zwar nicht den bekannten italienischen Clans zuzurechnen sind, aber doch in mafia-ähnlichen Strukturen ihre illegalen Geschäfte machen. Und gute Mafia-Kontakte unterstellen Ermittler auch dem in Frankenthal angeklagten Deutsch-Italiener. Der ist in seinem Prozess schon ganz ausdrücklich gefragt worden, was mit „Motorsäge“ nun wirklich gemeint sei. Der Anwalt des 38-Jährigen antwortete denkbar knapp: Das Wort sei „selbsterklärend“.

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