KOLUMNE Eine Badewanne voller Müll

kari müll

Über die Frage, ob Umweltsünder unter kollektivem Gedächtnisschwund leiden und ob ihnen noch zu helfen ist.

Der Pfälzer Durchschnittsschmutzfink raucht, trinkt Wodka, Wein und Orangensaft. Außerdem lutscht er Eukalyptusbonbons, hat eine Schnupfennase und verliert ständig seine FFP2-Maske. Seit der Corona-Pandemie ist er auch noch Hundebesitzer und wirft regelmäßig sein Plastik-Einweggeschirr aus dem Autofenster.

Kampf den Tretminen

Diesen Eindruck gewinnt man, wenn man den Müll einsammelt, der die Weinberge an der Weinstraße verschandelt. Kippen, Bonbonpapierchen und Papiertaschentücher sind eine Plage. Ein Unding sind aber auch die Tretminen entlang der Wirtschaftswege, über die sich vor allem die Winzer beklagen. Sie latschen mit ihren Stiefeln hinein und dürfen nach Feierabend die verdreckten Traktorreifen mit dem Schlauch abspritzen. Wie das so riecht, wird sich jeder Hundefreund vorstellen können.

Samt Inhalt ab in den Wingert

Im Nachhinein betrachtet, ist es halt zu anspruchsvoll, sich am Rande des für Erholungssuchende so reizvollen Mußbacher Rebenmeers ein Tütchen zu ziehen, die Hinterlassenschaft des Vierbeiners damit aufzuklauben und es am Ende des Weges in den dafür vorgesehenen Kotbehälter zu werfen. Stattdessen landet die signalfarbene Plastiktüte samt Inhalt oft im Wingert. Herzlichen Dank dafür.

Frevel vor den Supermärkten

Abfall jedweder Art, der Naturliebhabern, Sportlern und Spaziergängern gleichermaßen missfällt, schadet zunehmend der Pfälzer Landschaft. Genau wie der Verpackungsmüll auf den Parkplätzen der großen Einkaufsmärkte, der auch die Grünstreifen verunstaltet. Dabei lernt man schon im Kindergarten, wofür Mülleimer gut sind. Offenbar handelt es sich um so etwas wie kollektiven Gedächtnisschwund. Sobald irgendwo Dreck herumliegt, kommt weiterer hinzu. Ist die Gegend sauber, wird die Hemmschwelle größer.

Unmengen zerknüllter Taschentücher

Pro Einwohner und Jahr, hat der Verband kommunaler Unternehmen errechnet, werden in Deutschland 140 Liter Straßenmüll im Gebüsch und anderswo entsorgt. Das ist eine Badewanne voller Müll, darunter Unmengen zerknüllter Papiertaschentücher. Unbemerkt fallen sie in Wald und Flur aus Mantel-, Hosen- und Jackentaschen. Bis zu fünf Jahre dauert es, bis sich so ein Papierknäuel im Freien aufgelöst hat.

Handgreiflichkeiten kein Mittel der Wahl

Angesichts der zunehmenden Umweltverschmutzung darf man dem guten alten Stofftaschentuch und der liebevoll genähten Corona-Schutzmaske leise hinterherweinen. Beide wurden wertgeschätzt und landeten nur selten auf dem Boden. Heute braucht es Dreck-Weg-Tage und ehrenamtliche Helfer, um der Wegwerfgesellschaft Paroli zu bieten. Ein Jammer, dass sich das Problem nicht mit ein wenig Ein- und Rücksicht lösen lässt. Kein Mittel der Wahl war jedenfalls die Methode, zu der ein Mannheimer am Donnerstag gegriffen hat. Er verpasste einer 15-Jährigen eine Ohrfeige, weil sie mit ihren Freundinnen am Vogelstang See Müll zurückgelassen hatte.

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