Rheinland-Pfalz „Das Land ist uns Geld schuldig geblieben“

Seit drei Jahren wartet der Stahlbauunternehmer Klaus Lauermann aus Meuspath in der Eifel auf sein Geld aus einem Umbau der Nürburgring-Nordschleife. Damals meldete die landeseigene Nürburgring GmbH Insolvenz an. Wie erst jüngst bekannt wurde, sind die Aussichten der Gläubiger weniger rosig als zunächst von der Regierung versprochen.

MEUSPATH/MAINZ. Lauermann ist sauer auf die Politik: „Wer denkt daran, dass man beim Land einen möglichen Ausfall versichern muss?“ Der 66-Jährige führt zusammen mit seinem Sohn Sebastian die Nett GmbH, ein Stahlbauunternehmen, das seit drei Jahrzehnten auf dem Markt ist und 30 Leute beschäftigt. Fast ebenso lange arbeitet Nett für den Nürburgring. Jedes Jahr werde ein Rahmenvertrag für Arbeiten an der Rennstrecke ausgeschrieben, Lauermann spricht vom „Alltagsgeschäft“, und fast immer kommt das Unternehmen aus dem benachbarten Gewerbegebiet Meuspath zum Zug. Auch unter den privaten Pächtern und unter dem designierten russischen Käufer geht die Arbeit weiter. „Nie gab es im täglichen Umgang Probleme. Nur das Land ist uns Geld schuldig geblieben“, sagt Lauermann. Zu den jüngsten Berichten, wonach das Land seine Forderungen von mehr als 600 Millionen Euro auf der gleichen Rangstufe einfordert wie die privaten Gläubiger, sagt Lauermann: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine große Volkspartei gibt, die zulässt, dass Handwerker ihr Geld nicht kriegen.“ Er hat Forderung in Höhe eines mittleren fünfstelligen Betrags aus Baumaßnahmen an der Nordschleife, mit der die Anforderungen des internationalen Automobilverbandes FIA erfüllt wurden. Am Ausbau des Rings zum Geschäfts- und Freizeitpark hatte sich Nett nicht beteiligt. Dank eines guten Eigenkapitals ist das Unternehmen nach Lauermanns Worten nicht in Not geraten. Wie die Nett GmbH gibt es zahlreiche Gläubiger, die ihre Forderungen gegenüber den Insolvenzverwaltern angemeldet haben. Dem Vernehmen nach summieren sie sich auf 20 Millionen Euro. Weil sich der vereinbarte Verkauf für 77 Millionen Euro wegen einer Klage verzögert, kann das Insolvenzverfahren noch nicht abgeschlossen werden. In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass die Gläubiger entgegen einer Ankündigung des damaligen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) im Jahr 2012 zum größten Teil auf ihren offenen Rechnungen sitzen bleiben könnten, weil das Land seine Forderungen als gleichrangig angemeldet hat. Die Insolvenzverwalter sind der Meinung, die Forderungen des Landes als bisherigem Gesellschafter seien nachrangig. Das würde bedeuten, dass Rechnungen von Unternehmen wie der Nett GmbH zuerst von dem Geld bezahlt werden, das am Ende übrig bleibt. Das Land aber, so erklärten es vergangene Woche Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Staatskanzleichef Clemens Hoch (beide SPD), habe seine Forderungen deshalb gleichrangig angemeldet, um seiner „Rechtspflicht“ nachzukommen. In der Staatskanzlei geht die Angst um, der Untreue verdächtigt zu werden, wenn das Geld zuerst an die Handwerker geht und nicht in die Landeskasse. Zur Erinnerung: Nach einer Entscheidung der EU-Kommission hat das Land mehr als 500 Millionen Euro Steuergeld als illegale Subventionen an die Nürburgring GmbH gezahlt. Bis 2012 war die Staatskanzlei nicht die einzige Institution, die den privaten Gläubigern gute Aussichten verhieß. Der RHEINPFALZ liegt ein offensichtlich als Rundschreiben angelegter Brief der landeseigenen Förderbank ISB vom Oktober 2012 vor, in dem es heißt: „Auch wenn nach derzeitigem Stand mit einer sehr hohen Quote gerechnet werden kann, wird sich die Auszahlung voraussichtlich noch einige Zeit hinziehen.“ Deshalb bot die ISB rheinland-pfälzischen Gläubigern an, Kredite in Höhe der Forderung zu 80 Prozent abzusichern. ISB-Vorstandsmitglied Ulrich Link sagte gestern auf Anfrage, von den Gläubigern beziehungsweise deren Hausbanken seien keine Anträge auf Liquiditätshilfebürgschaften gestellt worden. Zur erwarteten Höhe der Quote sagte Link, dies sei zunächst die Auffassung des Landes und der ISB gewesen. Nach der Nürburgring-Entscheidung der EU-Kommission im vergangenen Jahr seien das Land beziehungsweise die ISB angehalten, „zur Wahrung der Vermögenssituation des Landes“ die Forderungen im gleichen Rang anzumelden. Der CDU-Landtagsabgeordnete Alexander Licht kritisiere, dass der Ministerpräsident damals behauptet habe, er habe prüfen lassen, dass die Handwerker und Dienstleister ihr Geld bekämen. „Das ist damals eine Beruhigungspille gewesen“.

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