Rheinland-Pfalz Corona-Gästelisten für Polizei kein Tabu

Seit der Wiederöffnung der Gastronomie müssen dort die Kontaktdaten der Gäste erfasst werden.
Seit der Wiederöffnung der Gastronomie müssen dort die Kontaktdaten der Gäste erfasst werden.

Für den Zugriff der Polizei auf die zum Schutz vor Corona angelegten Gästelisten von Restaurants sollte es nach Ansicht des rheinland-pfälzischen Datenschutzbeauftragten Dieter Kugelmann hohe Hürden geben.

„Bundesweit häufen sich Berichte, wonach Polizistinnen und Polizisten auf die Corona-Gästelisten zugreifen“, erklärte Kugelmann am Mittwoch in Mainz. In Bayern wurden Daten aus den Gästelisten von der Polizei in mehreren Fällen zur Strafverfolgung eingesetzt. Offenbar auch in Rheinland-Pfalz: „Ein entsprechendes Erfordernis ergab sich bislang nur in einzelnen Fällen“, sagte eine Sprecherin des Mainzer Innenministeriums.

Polizei klopft bei Datenschützer an

Andere Dienststellen erkundigen sich erst einmal: Ein rheinland-pfälzisches Polizeipräsidium habe eine Anfrage an das Büro des Datenschutzbeauftragten in Mainz gerichtet, inwieweit solche Listen ausgewertet werden dürften, sagte Kugelmann. Das Polizeipräsidium Rheinpfalz in Ludwigshafen erklärte, die Anfrage stamme nicht von ihm. Vom Polizeipräsidium Westpfalz in Kaiserslautern gab es dazu am Mittwoch keine Stellungnahme.

Die Anfrage des Polizeipräsidiums habe keine Angaben zur Art der gewünschten Ermittlungen enthalten, sagte ein Sprecher Kugelmanns: „Wer im Biergarten sitzt, darf nicht später von der Polizei aufgrund des Eintrags in eine Corona-Gästeliste befragt werden, wenn es um die Aufklärung einer Ordnungswidrigkeit, einer kleineren Sachbeschädigung oder eines Falschparkens in der Nähe geht.“

Datenschützer: Richterlicher Beschluss der richtige Weg

Aus Datenschutz-Sicht sollte es eine hohe Hürde zur Herausgabe der Listen an die Polizei geben, erklärte Kugelmann: „Die Ausnahme darf eben nicht zur Regel werden.“ Wenn die Polizei die Listen etwa bei Ermittlungen zu schweren Straftaten wie Mord oder Totschlag wirklich für ihre Arbeit brauche, dann biete ein richterlicher Beschluss Rechtssicherheit.

Justizministerium: Generell erlaubt

Generell erlaube die Strafprozessordnung, dass die Polizei in bestimmten Fällen solche Kontaktdaten auswerten dürfe, sagte am Mittwoch der Sprecher des Mainzer Justizministeriums. Die Polizei könne im Einzelfall im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungen gehalten sein, zum Zwecke der Ermittlung von Zeugen oder Tatverdächtigen auf solche Listen zurückzugreifen. Voraussetzung sei lediglich, dass es ein Ermittlungsverfahren gebe. Das Gesetz unterscheide dabei nicht nach der Schwere der Straftat. Es könne sich um Ermittlungen wegen Mordes, aber auch wegen Diebstahls oder Hausfriedensbruchs handeln, sagte der Sprecher.

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