Rheinland-Pfalz Bußgeldbescheid erbeten

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MAINZ (jüm). Wildkameras im Wald sind dem rheinland-pfälzischen Datenschutzbeauftragten Edgar Wagner seit längerem ein Dorn im Auge. Vor gut einem Jahr hat er Jägern und anderen Zeitgenossen, die solche Geräte in der Natur aufhängen, ein Bußgeld von „mindestens 5000 Euro pro Kamera“ angedroht. Das halten die Waidmänner für rechtlich unzulässig. Jetzt soll die Sache in einem Musterverfahren geklärt werden – durch eine Selbstanzeige.

Es kommt nicht alle Tage vor, dass jemand öffentlich um einen Bußgeldbescheid bittet. Erhard Bäder macht da eine Ausnahme. Der Mann ist nicht nur stolzer Pächter eines Jagdreviers bei Bad Kreuznach, sondern hat auch seine Passion zum Beruf gemacht: Der 60-Jährige ist Geschäftsführer des rheinland-pfälzischen Landesjagdverbandes mit Sitz in Gensingen. Die Position des Datenschutzbeauftragten in Sachen Wildkameras hält er für juristisch nicht haltbar. Deshalb bekennt er gegenüber der RHEINPFALZ: „Ich habe drei Wildkameras in meinem Revier angebracht.“ Bäder sagt das auch keineswegs hinter vorgehaltener Hand, sondern bittet sogar um eine entsprechende Veröffentlichung. Der Grund: Der Justiziar seines Verbandes, ebenfalls ein Waidmann, habe bereits vor einiger Zeit versucht, beim Datenschutzbeauftragten ein Musterverfahren zur Frage eines Verbots von Wildkameras anzustoßen. Doch der zuständige Mitarbeiter des Datenschutzbeauftragten habe dessen Vorschlag als wenig geeignet abgewiesen. Er selbst, so Bäder, habe als Verbandsgeschäftsführer in der Zeitschrift „Jagd und Jäger“ bereits eine deutlich andere Position als der Datenschutzbeauftragte vertreten. Nach Bäders Überzeugung sind Jäger auf der sicheren Seite, wenn sie folgende Punkte beherzigen: - Die Kameras sollen nicht unmittelbar an Wegen aufgehängt werden. - Die Geräte sollen nicht auf Video-, sondern auf Einzelbild-Modus eingestellt werden. - Zufällig vorbeikommende Waldbesucher werden mit Hinweisschildern darauf aufmerksam gemacht, dass Wildkameras installiert sind. - Kameras dürfen nach Meinung des Verbandes an Kirrungen, Hochsitzen und anderen „jagdlichen Einrichtungen“ aufgehängt werden. Bei der Installation ist darauf zu achten, dass das Gesicht eines zufällig vorbeikommenden Waldbesuchers nicht aufgenommen werden kann. Dies lässt sich etwa dadurch vermeiden, dass die Kamera in Kniehöhe angebracht und/oder in einem steilen Winkel nach unten ausgerichtet wird. - Wird doch einmal ein Waldbesucher abgelichtet, so ist dieses Bild sofort zu löschen.  Demgegenüber hält der Landesdatenschutzbeauftragte Wildkameras nur in eng begrenzten Ausnahmefällen für zulässig, wie dessen Mitarbeiter Stefan Brink auf Anfrage erläutert. Als Beispiele nennt er wissenschaftliche Untersuchungen oder Areale, zu denen Waldbesucher wie bei Wildbrücken über Autobahnen keinen Zugang haben. Nach Brinks Worten hat seine Behörde in Sachen Wildkameras noch nicht den vor einem Jahr angedrohten Bußgeldbescheid erlassen müssen. Der Grund: Die ertappten Jäger hätten sich einsichtig gezeigt und die Geräte nach einer entsprechenden Aufforderung wieder entfernt. Brink bestätigt auch den Kontakt mit dem Verbandsjustiziar der Jäger. Im Ergebnis sei es dann aber doch nicht zu dem Musterverfahren gekommen. Wenn sich Verbandsgeschäftsführer Bäder für ein Musterverfahren anbiete, sei dies „eine gute Nachricht“. Liege es doch auch im Interesse der Datenschutzbehörde, für rechtliche Klarheit zu sorgen. Dies könnte dadurch geschehen, dass die Behörde einen Bußgeldbescheid erlasse. Gegen den könnte dann der Betroffene Einspruch einlegen. Dann wäre das Amtsgericht und später das Oberlandesgericht am Zuge. Die vor gut einem Jahr publik gemachte Bußgeld-Androhung habe für Verunsicherung in der Jägerschaft gesorgt, erklärt Erhard Bäder seinen Beweggrund, sich öffentlich als Wildkamera-Benutzer zu „outen“. Diese Geräte stellen jedoch nach seinen Worten ein probates Hilfsmittel für die Waidmänner dar. Zum Verständnis: Die Kamerasensoren lösen zu jeder Tages- und Nachtzeit aus, sobald sich etwas in ihrem „Blickwinkel“ bewegt. Die Zeitpunkte der „geschossenen“ Fotos und die Aufnahmen selbst werden gespeichert. Mit diesen Daten lässt sich dann ohne großen Aufwand feststellen, in welchen Zeiträumen und in welcher Zusammensetzung beispielsweise eine Wildschweinrotte an einer vom Jäger zum Anlocken angelegten Futterstelle (Kirrung) vorbeischaut. Damit kann er abschätzen, wann es aussichtsreich und sinnvoll erscheint, an einer bestimmten Stelle in seinem Revier auf Schwarzkittel anzusitzen. Solche Argumente haben den rheinland-pfälzischen Datenschutzbeauftragten nicht überzeugt: Das Interesse von Wanderern, Pilzsammlern oder Joggern an einem unbeobachteten Aufenthalt in Wäldern und Fluren auch abseits von Wegen und Pfaden sei grundsätzlich höher einzuschätzen als das Interesse der Jäger, den Wildbestand in ihren Revieren zu beobachten und die Effizienz von Jagd und Hege zu steigern, hat Edgar Wagner bereits im Oktober vergangenen Jahres betont. Die Datenschützer halten das Thema angesichts der Verkaufszahlen solcher Geräte auch keineswegs für eine Nebensächlichkeit: Sie gehen davon aus, dass allein die 20.000 Jäger in Rheinland-Pfalz über 30.000 Wildkameras betreiben würden.

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