Rheinland-Pfalz Barandun bleibt unbehelligt

In feinem Zwirn und mit freundlichem Schweizer Akzent: So trat Urs Barandun 2015 vor dem Landgericht Mainz auf. Doch bereits an
In feinem Zwirn und mit freundlichem Schweizer Akzent: So trat Urs Barandun 2015 vor dem Landgericht Mainz auf. Doch bereits an der Echtheit seines ärztlichen Attests hatte das Gericht Zweifel.

Das Landgericht Mainz hat das Verfahren wegen Urkundenfälschung gegen den Schweizer Finanzvermittler Urs Barandun, einen Geschäftspartner des Landes beim Ausbau des Nürburgrings 2009, eingestellt. Das Gericht teilte gestern mit, es gebe „Verfahrenshindernisse“. Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat Beschwerde eingelegt.

«MAINZ.»Nach Auffassung des Landgerichts unterliegen die angeklagten Straftaten der Urkundenfälschung nicht dem deutschen Recht, weil sie in der Schweiz und in Liechtenstein begangen wurden. In einem Züricher Nobel-Hotel und in einer Liechtensteiner Bank hatte Barandun 2009 Verantwortlichen der landeseigenen Nürburgring GmbH zwei Schecks über 100 Millionen Dollar übergeben. Das Geld sollte angeblich von einem reichen amerikanischen Geschäftsmann, Sloan P. Dupont, und dessen Firma „Miracle Asset Management“ (Wundervermögensverwaltung) kommen. Doch wen die Mainzer Landesregierung für den Sprössling eines „Milliardärsadels“, so der damalige Ministerpräsident Kurt Beck, hielt, entpuppte sich nach Medienrecherchen als verurteilter Betrüger. Die Schecks erwiesen sich bei der Überprüfung durch die Landesbank LBBW als ungedeckt. Damit war der Versuch des damaligen rheinland-pfälzischen Finanzministers Ingolf Deubel (SPD) gescheitert, den am Ende rund 500 Millionen Euro teuren Ausbau der Rennstrecke in der Eifel zum Freizeitpark privat zu finanzieren. Deubel trat zurück, die Nürburgring GmbH wurde 2012 zahlungsunfähig, weil die EU-Kommission dem Land ihre weitere Subventionierung verboten hat. Die Folge war ein Insolvenzverfahren und der Verkauf der Rennstrecke, die heute im Besitz eines russischen Investors ist. Gegen den inzwischen 57-jährigen Barandun hat die Koblenzer Staatsanwaltschaft 2014 Anklage wegen Urkundenfälschung erhoben. Ein Jahr später eröffnete das Landgericht Mainz ein Verfahren. Der Geschäftsmann, der nach eigenen Angaben fünf Sprachen fließend spricht, Vermessungsingenieur und Ökonom gelernt hat, ist viel im arabischen Raum unterwegs. Als er vor drei Jahren vor Gericht erschien und seine Unschuld beteuerte, machte er einen durchaus seriösen und verbindlichen Eindruck. Nur an den von ihm vorgelegten Unterlagen gab es immer wieder Zweifel. Sogar an einem ärztlichen Attest, mit dem er sein Fernbleiben am ersten Prozesstag begründet hatte. Der Pass des angeblichen Geldgebers Dupont, von dem Barandun eine Kopie vorgelegt hatte, war laut Staatsanwaltschaft gefälscht. Es war dem damaligen Vorsitzenden Richter Hans E. Lorenz nicht gelungen, Dupont als Zeugen nach Deutschland zu laden. Ihm war die Beweislage zu dünn. Deshalb sollte ein anderer von Barandun benannter Zeuge, ein Harrison Wilhelm, über ein amerikanisches Rechtshilfeersuchen in den USA vernommen werden. Auch an dessen Existenz waren in der Zeit nach dem Scheitern der Nürburgring-Finanzierung Zweifel aufgekommen. Weil das Gericht absehen konnte, dass diese Zeugenvernehmung länger dauern würde als eine zulässige Verhandlungspause, musste der Prozess im Februar 2015 nach nur sechs Verhandlungstagen abgebrochen werden. Jetzt stand eine komplette Neuauflage an, Grundlage blieb die Anklageschrift von 2014. Das Rechtshilfeersuchen ist inzwischen abgeschlossen, sagte Karola Krause, Sprecherin des Landgerichts, auf RHEINPFALZ-Anfrage. Es habe keine Erkenntnisse gebracht. „Die Person konnte nicht ausfindig gemacht werden.“. Eine Würdigung vor Gericht, ob dies für die Existenz eines betrügerischen Netzwerkes spricht und wer Opfer oder (Mit-)täter ist, wird nun unterbleiben. Es sei denn, das Oberlandesgericht in Koblenz gibt der Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Einstellung statt. Dann wird das Verfahren doch weitergeführt. Ein anderes Verfahren ist ebenfalls seit Jahren im Schwebezustand. Und zwar dass gegen den damaligen Finanzminister Ingolf Deubel, der inzwischen 68 Jahre alt ist. Er wurde 2014 vor dem Landgericht Koblenz zu drei Jahren Haft wegen schwerer Untreue und uneidlicher Falschaussage im Untersuchungsausschuss verurteilt. Angetreten hat er die Haftstrafe nicht, denn vor dem Bundesgerichtshof (BGH) erwirkte er eine teilweise Aufhebung des Urteils. In einigen Punkten habe das Landgericht nicht ausreichend begründet, warum Landesvermögen gefährdet war. Ingolf Deubel hatte vor dem Gericht immer wieder seine Unschuld im strafrechtlichen Sinne beteuert. Politisch hat er mit seinem Rücktritt die Verantwortung übernommen – als einziger. Vor dem Landgericht Koblenz muss der Fall erneut verhandelt werden. Seit zweieinhalb Jahren wird der Prozess vorbereitet, doch noch immer steht kein Termin in Aussicht. Das Gericht erklärt dies mit komplexen Gutachten, die noch einzuholen seien. Kommentar

Muss noch immer auf den neuen Prozess warten: Ex-Finanzminister Deubel (SPD).
Muss noch immer auf den neuen Prozess warten: Ex-Finanzminister Deubel (SPD).
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