Rheinland-Pfalz Am Nürburgring tickt die Uhr

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Am 31. Oktober ist Zahltag am Nürburgring. Dann muss die Capricorn Nürburgring Besitzgesellschaft (CNBG) die zweite Kaufrate in Höhe von fünf Millionen Euro überwiesen haben – oder sie ist raus aus dem Geschäft. Die Insolvenzverwalter verbreiten nach außen Optimismus, dass der Vertrag eingehalten wird. Sollte er jedoch platzen, haben sie sehr wenig Zeit, um die Schließung des Nürburgrings zu verhindern.

Seit dem 2. Oktober läuft die Vier-Monats-Frist der EU-Kommission. Nach Angaben einer Sprecherin der EU-Wettbewerbsbehörde ist an diesem Tag die Nürburgring-Entscheidung offiziell zugestellt worden. Innerhalb dieser Frist müsste die Nürburgring GmbH die rund 500 Millionen Euro, die sie unrechtmäßig als Subvention erhalten hat, an das Land zurückzahlen – oder am 2. Februar schließen. Das Unternehmen ist bekanntlich seit 2012 im Insolvenzverfahren, hat also kein Geld für die Rückzahlung. Alternative zur Schließung ist der Verkauf in einem diskriminierungsfreien und ergebnisoffenen Prozess an den meistbietenden Käufer. Genau das haben die Insolvenzverwalter Jens Lieser und Thomas B. Schmidt mit dem Verkauf an die CNBG im März versucht. Dazu gab die EU-Kommission ihren Segen. Wie mehrfach berichtet, ist dieser Verkauf jedoch gefährdet. Der geschäftsführende Gesellschafter der Firmengruppe Capricorn, Robertino Wild, steckt finanziell immer noch in der Klemme. Seine Anteile an der CNBG, immerhin 66 Prozent, übertrug er einem Treuhänder. Wild versucht an Geld zu kommen, und sein mit ihm inzwischen zerstrittener Partner und Minderheitsgesellschafter Axel Heinemann sucht einen neuen Investor für Wilds Anteile. Pietro Nuvoloni, Sprecher der Insolvenzverwalter, verbreitet nach wie vor Optimismus. Wenn die zweite Rate komme, werde aus Gründen der Logik auch die im Dezember fällige dritte Rate gezahlt, sagte er. Die Käufer wären sonst ihre zehn Millionen Euro los, zudem müsste Wild eine Vertragsstrafe in Höhe von 25 Millionen Euro zahlen. Die Möglichkeit, dass die CNBG die zweite Rate zahlt und die Insolvenzverwalter danach den Vertrag auflösen, um einerseits Wild und Heinemann einen finanziell schadlosen Ausstieg zu ermöglichen und andererseits bis Februar einen solventen Käufer zu finden, weist Nuvoloni zurück. Das sei rechtlich nicht möglich. Unterdessen stellen sich (nicht nur) Mitglieder des Gläubigerausschusses die Frage, warum das von den Insolvenzverwaltern mit dem Verkaufsprozess beauftragte Wirtschaftsberatungsunternehmen KPMG nicht in der Lage war, Wilds schwache Finanzkraft zu erkennen. Dass mehreren Medienberichten zufolge zudem Zweifel an Wilds Doktortitel bestehen, ist nur eine der scheinbar unglaublichen Geschichten, die der Nürburgring in seiner jüngeren Geschichte schreibt. Selbst die Mainzer Staatskanzlei wird zitiert mit den Worten, es sei ein Versehen gewesen, dass Ministerpräsidentin Malu Dreyer Wild als Dr. Wild angesprochen habe. Was also hat KPMG geprüft? Eine Anfrage bei dem mit dem Nürburgring-Verkauf betrauten Verantwortlichen, Alexander Bischoff, Partner bei KPMG, blieb gestern unbeantwortet. Hinter den Kulissen heißt es, die „Forensiker“ der Gesellschaft hätten Wild unter die Lupe genommen, aber nichts Verdächtiges gefunden. Bereits zu Beginn des Investorenprozesses war bekanntgeworden, dass KPMG einem dubiosen Bieter namens La Tene Capital Limited aus Hongkong aufgesessen war. Das Unternehmen durfte wegen seines 275-Millionen-Euro-Gebots Nürburgring-Daten einsehen. Dies war dem ADAC verweigert worden, der einen zweistelligen Millionenbetrag geboten hatte. Die Gläubiger des Nürburgrings wollen nach RHEINPFALZ-Informationen wissen, warum KPMG die Finanzkraft des Käufers offensichtlich falsch eingeschätzt hat. Eine Gläubigerversammlung sei für Anfang November beantragt, heißt es. Der Sprecher der Insolvenzverwalter wollte sich dazu nicht äußern. (kad)

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