Niederbreitbach/Mainz 30-jähriger Schwerstbehinderter doch früher geimpft

Ist am 7. Januar zu Hause geimpft worden: Benni Over.
Ist am 7. Januar zu Hause geimpft worden: Benni Over.

Das Land will nun bei entsprechenden Patienten im Einzelfall entscheiden.

Der lange Kampf des schwerstbehinderten Beatmungspatienten Benni Over, früher als angedacht eine Corona-Schutzimpfung zu erhalten, ist zu Ende: Bereits am 7. Januar wurden der 30-Jährige und seine ihn zu Hause pflegenden Eltern geimpft. Möglich wurde dies durch eine „Einzelfallentscheidung“ der Landesregierung, auf die sich nun auch andere Betroffene berufen können.

Eigentlich wäre Benni Over aus Niederbreitbach (Kreis Neuwied) erst zu einem viel späteren Zeitpunkt mit der Impfung an der Reihe gewesen. Die beim Robert-Koch-Institut angesiedelte Ständige Impfkommission (Stiko) hatte schwerstbehinderte Menschen, die zu Hause gepflegt werden, in Impfkategorie drei (von sechs) eingeordnet, und auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sowie Landesgesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) hatten keinen Grund gesehen, die Impfung für diesen Personenkreis als vordringlich einzustufen. Begründung: Diese Patienten seien durch ihr Umfeld besser geschützt als etwa die Bewohner von Pflegeheimen.

Over, der an schleichendem Muskelschwund leidet und ständig beatmet werden muss, hatte daraufhin dem Land vorgeworfen, Hochrisikopatienten wie ihn zu vergessen.

Es gibt eine aktualisierte Empfehlung

Dass die Impfung nun doch frühzeitig erfolgte, geht auf eine aktualisierte Empfehlung der Stiko zurück, wonach die Bundesländer „im Einzelfall“ von den Vorgaben der Impfverordnung des Bundes abweichen können. Voraussetzung dafür ist laut Landesgesundheitsministerium, wie schwer ein häuslich gepflegter Patient erkrankt und dass „die Impfung entscheidend für die Existenzsicherung und die Wiederherstellung oder den Erhalt lebenssichernder sozialer Teilhabe ist“. Im Falle von Over ging es unter anderem darum, dass die pflegenden Eltern die lebenserhaltenden Therapien für ihren Sohn selbst nicht länger gewährleisten konnten. Sie hatten sich, um ihren Sohn zu schützen, komplett abgeschottet und keine Pflegekräfte mehr ins Haus gelassen.

Land schafft Präzedenzfall

Mit ihrer Entscheidung hat die Landesregierung einen Präzedenzfall geschaffen, auf den sich nun andere Betroffene berufen können. Laut Mainzer Gesundheitsministerium werde derzeit ein entsprechendes Antragsverfahren ermittelt. Auch soll eine eigene Stelle geschaffen werden, an die „begründete Anträge“ gerichtet werden können. In Rheinland-Pfalz werden nach Zahlen der amtlichen Pflegestatistik rund 5900 Menschen mit Pflegegrad fünf zu Hause gepflegt.

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