Rheinland-Pfalz Über der Nordsee nähern sich die Kampfjets

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Blick ins Cockpit der KC-135: Kurz vor dem Abflug in Richtung Großbritannien checken die Piloten auf der Rollbahn der US-Airbase Ramstein noch mal alle Instrumente durch.

Wenn ein Flugzeug in der Luft eine andere Maschine betankt, ist fliegerisches Können gefragt. Nicht umsonst ist das nur in bestimmten Lufträumen erlaubt. Die USA vertrauen auf das Flugzeug KC-135. Sie bezeichnen es als „Rückgrat der Betankerflotte“. Ab 2024 sollen Flieger dieses Typs auf der Airbase in Ramstein stationiert werden. Gestern hatte die US-Luftwaffe eine Delegation zu einem Testflug eingeladen.

Ramstein/Mildenhall. Der Notfall tritt kurz nach 11 Uhr ein. Auf der Strecke zwischen England und Ramstein passiert es. An Bord der KC-135 kommt es zu einem Herzstillstand. Die Sanitäter an Bord leisten rasch Erste Hilfe, inklusive Reanimation. Nach wenigen Minuten können alle aufatmen. Dem Patient geht es besser. Seine Lage ist stabil. Es ist zwar nur eine Übung, aber hautnah können die Passagiere so erfahren, dass die KC-135 mehr ist als nur ein Tankflugzeug. Die US-Luftwaffe nutzt die Maschine, die in ein paar Jahren regelmäßig von Ramstein aus starten und landen soll, nach eigenen Angaben auch, um Verletzte beispielsweise aus einem Krisengebiet in ein US-Krankenhaus transportieren zu können.

Was bedeuten neue Tankflugzeuge für die Anwohner?

Normalerweise besteht die Crew aus drei Personen: Pilot, Co-Pilot und Boom Operator. Letzterer ist sozusagen der Tankwart, der dafür verantwortlich ist, dass die in der Luft an die KC-135 angedockten Flugzeuge möglichst reibungslos mit Treibstoff versorgt werden. Heute sind neben den Sanitätssoldaten weitere Gäste an Bord: Kommunalpolitiker, eine Mitarbeiterin des Innenministeriums, ein Bundeswehrsoldat sowie der Vertreter einer Bürgerinitiative und zwei Journalisten. Im März hatte die RHEINPFALZ die Pläne für den Ausbau der Ramsteiner Airbase öffentlich gemacht. Danach traten Fragen auf. Vor allem Anwohner wollen wissen, was die zusätzlichen 15 Tankflugzeuge für sie bedeuten. Es gibt Bürger in der Westpfalz, die die Pläne sehr kritisch sehen. Sie fürchten mehr Lärm und Umweltverschmutzung. Die US-Luftwaffe ist mit dem Flug gestern in die Offensive gegangen. Auch wenn es noch ein paar Jahre dauert, bis die Tankflugzeuge in der Westpfalz stationiert werden, will das Militär mit Informationen an die Öffentlichkeit gehen.

Kein Flug in der Business Class

Mit einem komfortablen Flug in der Business Class hat das allerdings wenig zu tun. Die Delegation und die Soldaten sitzen auf einfachen rot bespannten Stoffpritschen. Im Flugzeug ist es vergleichsweise dunkel. Es gibt nur eine Handvoll kleiner Fenster, und ein paar Lämpchen sorgen für schummriges Licht. Netze dienen als Rückenlehne, ein einfacher Bauchgurt suggeriert Sicherheit. Gut sichtbar sind Rohre und Leitungen verlegt. Die vier Triebwerke dröhnen. Im Innern des Flugzeugs ist es laut. Auf Dämmung hat das Militär verzichtet, so bleibt mehr Platz für Frachtgüter. Nach einer Stunde Flugzeit ist es so weit. Über der Nordsee nähern sich F-15-Kampfjets. Auf einer Höhe von 16.000 Fuß, knapp 4900 Meter, fliegen sie dicht hinter das Tankflugzeug. Der Boom Operator liegt im Heck der KC-135 und schaut durch eine kleine Glasluke. Er lässt ein Rohr ausfahren, das am Einfüllstutzen des Kampfjets andockt. Dann fließt der Treibstoff.

Tankvolumen von knapp 94.000 Kilogramm

Die KC-135 hat laut US-Luftwaffe ein Tankvolumen von knapp 94.000 Kilogramm, also deutlich weniger als eine C-5. Diese großen Transportmaschinen starten und landen schon jetzt regelmäßig in Ramstein und können rund 150.000 Kilogramm Treibstoff fassen. Die KC-135-Flugzeuge, die nach Ramstein kommen sollen, haben schon ein paar Jahre auf dem Buckel. Das letzte Flugzeug diesen Typs wurde 1965 an die US-Luftwaffe geliefert. Die Maschinen sind in der Lage, zwei andere Flugzeuge gleichzeitig zu betanken. Insgesamt besitzen die USA rund 400 KC-135, hieß es gestern. Es waren mal doppelt so viele. Obwohl die Flieger nicht mehr taufrisch sind, seien sie in Bezug auf ihre Flugstunden noch relativ jung, erklären die mitreisenden Soldaten. Es sei davon auszugehen, dass sie noch bis 2040 in Betrieb bleiben. Allerdings weisen die Offiziere auch darauf hin, dass die Tankflugzeuge unter anderem mit modernisierten Motoren verbessert und aufgerüstet wurden. Das Innenleben sei bereit für die Zukunft, sagt Brigadegeneral Richard Moore, der Geschwaderkommandant des 86. Luftransportgeschwaders, das in Ramstein stationiert ist. Die Maschine kennt Moore aus eigener Anschauung. Er ist sie selbst als junger Pilot geflogen, schon sein Vater war Navigator auf einer KC-135. Der Ein-Sterne-General rechnet mit Synergieeffekten für das US-Militär, wenn die 15 Tankflugzeuge in Ramstein stationiert sind. Allerdings räumt er ein, dass künftig wohl mehr Flüge von Ramstein starten und landen werden.

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