Leo-INTERVIEW: MIT GITARRIST STEFAN KAHNE AUS BAD DÜRKHEIM „Weniger möchte ich gar nicht machen“
Stefan Kahne gehört zu den wohl umtriebigsten Musikprofis der Region. Unter anderem ist er Duo-Partner des Voice-of-Germany-Gewinners und mit Gold gekrönten Sängers Andreas Kümmert. Was er sonst noch am Start hat, erzählt der Gitarrist und Produzent aus Bad Dürkheim im LEO-Interview.
Beim Recherchieren habe ich auf Anhieb fünf Projekte gefunden, an denen Du mitwirkst. Und es sind sicher noch einige mehr. Hat Dein Tag 48 Stunden?
Nein. Eigentlich nicht. Momentan kann man sich gut auf mehrere Projekte verteilen. Ich habe ja keine Live-Auftritte. Sonst spiele ich 150 bis 180 Gigs pro Jahr. Die Partybands Central Hausband, Sheebeen und die King Kamehameha Club Band liegen seit Monaten auf Eis. Dafür habe ich auf Anfrage der Stadt Bad Dürkheim an Live-Streams mitgearbeitet. Dabei bin ich übrigens mit Chako Habekost zusammengetroffen. Jetzt produzieren wir eine Reggae-Platte zusammen, die demnächst erscheint. Das hat extrem viel Spaß gemacht. Die Chemie zwischen uns stimmt.
Und Du gibst noch Musikunterricht an der Musikschule in Bad Dürkheim, oder?
Ja, ich bin dort fest angestellt und arbeite drei Tage die Woche. Derzeit komplett im Online-Unterricht. Der Wechsel auf Online-Kurse hat dort prima geklappt.
Vorm ersten Lockdown warst Du gerade mit Andreas Kümmert auf Tour. Wie hast Du da einen Fuß in die Tür gekriegt?
Wir haben uns kennengelernt, als ich mit Andrew Strong (The Commitments) auf Tour war. Außerdem habe ich schon mit Steve Ferrone zusammengespielt, dem Drummer von Eric Clapton und Tom Petty, den sich sogar Michael Jackson ins Studio geholt hatte. Und mit Deep-Purple-Drummer Ian Paice.
Das ist aber an mir vorübergegangen …
Ich bin nicht so der Namedropper. Das spielt für mich keine große Rolle. Das sind einfach sehr nette Typen. So einen Wettbewerb, wie man das von manchen Coverbands kennt, gibt es auf dieser Ebene nicht. Mit Steve Ferrone habe ich mich beim ersten Treffen eine dreiviertel Stunde lang darüber unterhalten, was wir unternehmen, wenn wir mal keine Musik machen.
Zurück zu Andreas Kümmert. Mit ihm verbindet dich jetzt eine Art Freundschaft. Wie hat sich das entwickelt?
Wie gesagt, Andreas war bei Andrew Strong als special guest eingeladen. Da haben wir miteinander gequatscht. Und irgendwann hat er mich gefragt, ob ich mal einen Gig mit ihm spielen will. Das hat musikalisch gleich prima gepasst. Wir verstehen uns ohne Worte. Irgendwann hat er mich gefragt, ob ich ein paar Tour-Termine mit ihm mache. Ich war natürlich sofort begeistert. Jetzt bin ich festes Mitglied in seiner Band und sein Duo-Partner.
Was alle Lockdowns und Corona-Einschränkungen überdauert hat …
Wir haben viele Live-Streams gemacht und sind im Sommer in Biergärten aufgetreten. Als ich mit dem ersten Lockdown meinen Youtube-Kanal „Corona-Studiosessions“ aufgebaut habe, habe ich Andreas auch dazu eingeladen. Er fand es cool in meinem Studio in Bad Dürkheim. Dort haben wir dann die Rock-Ballade „Sweet Oblivion“ zusammen produziert, die am 26. Februar erscheint. Ich bin sehr gespannt, wie sie ankommt.
Fehlt noch KKsings um Mastermind Klaus Kummer aus Frankenthal. Ihr habt zwei Alben kurz nacheinander gemacht und produziert jetzt ein Akustik-Album. Was hat da bei Dir gezündet?
Der KK macht ein authentisches und außergewöhnliches Indie-Brit-Pop-Ding. Das ist spannend. Aber ich stehe bei jedem einzelnen meiner Projekte 100 Prozent dahinter.
Das klingt nach einem ausgefüllten Musikerleben …
Ja. Das ist wirklich sehr cool. Mir fehlen nur die Live-Auftritte. Wenn ich daran zurückdenke, vor 800 begeisterten und schwitzenden und singenden Leuten zu stehen und zu rocken, dann bekomme ich immer noch Gänsehaut. Die Live-Club-Atmosphäre vermisse ich schon sehr.
Du hast ja auch zum engeren Umfeld von Stephan Ullmann gehört, der sich im vergangenen Jahr das Leben genommen hat. Wirkt sich die Pandemie so katastrophal für manche Musiker aus, dass sie keine Perspektive mehr sehen?
Es geht ja nicht nur um die Musiker. Noch schlimmer ist es doch für die Veranstalter und die Locations. Der Colos-Saal in Aschaffenburg, wo ich vor dem Lockdown zuletzt aufgetreten war, hat dicht gemacht und alle Mitarbeiter entlassen. Das war ein richtig geiler Club. Und so zieht das weitere Kreise vom Techniker bis hin zur Toilettenfrau. Ich habe wirklich Glück, dass ich mich schon vor Jahren ins Recording eingearbeitet habe und mein Studio eine so tolle Akustik hat. Das ist jetzt ein gutes Standbein. Genau wie meine Festanstellung an der Musikschule, für die ich sehr dankbar bin.
Nicht zuletzt engagierst Du Dich für den Verein Musik und Kultur (MuK) in Weisenheim/Sand. Was gefällt Dir daran?
Ich stamme wie Peter Stahl aus Weisenheim am Sand. Und so hat er mich mal zu den Friday Night Eagles in den „Adler“ als Gastmusiker eingeladen. Klar könnte man sagen – noch so eine Session. Aber im „Adler“ kann ich mich kreativ so richtig austoben. Das macht Laune.
Also wunschlos glücklich für die Zukunft?
Ich freue mich auf die ganzen Releases. Übrigens kommt zu den genannten noch eine Reggae-Version von „I won’t let you down“ von Markus Sprengler und mir raus. Eine EP mit Achim Degen (Six-Was-Nine) ist auch in Arbeit. Ich bin auf alles sehr gespannt. Und mit KK habe ich inzwischen eine Booking-Agentur. Wenn es live wieder losgeht, sind wir gleich mit am Start.
Womit sich der Kreis schließt und wir wieder zur Ausgangsfrage kommen: Hat Dein Tag nicht doch 48 Stunden?
(lacht). Das sind zwar viele Baustellen, aber ich habe trotzdem schon noch Zeit. Wir gehen viel spazieren und wandern. Ich treffe mich ja mit jedem vielleicht einmal in der Woche, und das geht ja auch nicht über acht Stunden. Das funktioniert prima. Und weniger möchte ich gar nicht machen.