Musikfestival Modern Times: Zeitreise der Staatsphilharmonie durch fünf Metropolen
Erste Station der musikalischen Zeitreise: Berlin – oder vielmehr Babylon Berlin. Fritz Langs Stummfilm „Metropolis“ entwarf 1927 eine urbane Zukunftsvision, die noch heute in ihrer prophetischen Radikalität frappiert: Die Gesellschaft ist in zwei Klassen gespalten, die Oberschicht lebt im Luxus, während die Arbeiter an gewaltigen Maschinen schuften müssen. Derweil laboriert man in der Stadt, die ob ihrer Gigantomanie mit dem biblischen Babel verglichen wird, an einer Menschmaschine, einer Androidin. Unter der Leitung von Stefanos Tsialis erklingt zu Fritz Langs Science-Fiction-Klassiker Gottfried Huppertz’ Filmmusik in neuer Instrumentierung (Fr 1.9., 19.30 Uhr, Konzertsaal im Pfalzbau).
Schönbergs Skandal, Mahlers Abschied
Weiter geht’s zu einem historischen Musikskandal: Bei der Aufführung 1913 im Prager Rudolfinum reagierte das Publikum auf Arnold Schönbergs „Pierrot lunaire“ mit einem Buhkonzert. Zu neuartig, zu unerhört für damalige Ohren war das Melodram mit seinen seltsam fallenden Skalen und mondsüchtigen Dissonanzen. In Ludwigshafen stimmt Sopranistin Elena Harsányi die Sprechgesänge des Pierrots an (So 3.9., 17 Uhr, Philharmonie).
Morbid und psychoanalytisch wird’s – wo wohl? In Wien! Gustav Mahlers neunte Symphonie, 1910 und damit ein Jahr vor dem Tod des Komponisten vollendet, ist ein gewaltiges Abschiedswerk von symbolischer Struktur: Zwei langsame Sätze rahmen zwei Tanzsätze, von denen die Rondo-Burleske ins Katastrophale mündet. Das an- und abschließende Adagio bringt keine Auflösung, keine Apotheose, sondern es wird zu einer Musik des Ersterbens und Verstummens, zu einem Abgesang auf immer (Fr 8.9., 19.30 Uhr, Pfalzbau).
Hommage an Superman
Zum Rendezvous mit Superman und zum Flirt mit dem Jazz führt die Weiterreise am Fr 15.9. nach New York: Dem Comic-Helden ist Michael Daughertys „Metropolis Symphony“ (1988-93) geweiht, Anleihen bei Swing und Jazz prägen sowohl Gershwins Tondichtung vom „Amerikaner in Paris“ (1928) als auch Nikolai Kapustins fünftes Klavierkonzert (1993). Frank Dupree, Solist im Kapustin-Konzert und passionierter musikalischer Grenzgänger, lädt tags zuvor (Do 14.9., 21.30 Uhr) zum Jazzabend in die Festivalbar. Letzteres ist ein neues Format der „Modern Times“, das unter anderem Gelegenheit zum „Late Night Talk“ mit beteiligten Künstlern und mit Chefdirigent Michael Francis gibt.
Am Ende, in London, geht’s lustig zu. Denn in Noel Gays Musical „Me and My Girl“ (1937) soll ein junger Mann aus dem Arbeitermilieu, der zufällig eine Grafschaft geerbt hat, zum perfekten englischen Gentleman umerzogen werden – quasi „My Fair Boy“ statt „My Fair Lady“ (Sa 16.9., 18.30 Uhr, Philharmonie).
Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz: Modern Times – 31.8.-16.9., Ludwigshafen, Konzertsaal im Pfalzbau/Philharmonie, Tickets: rheinpfalz.de/ticket, staatsphilharmonie.de