Musikfestival Modern Times: Zeitreise der Staatsphilharmonie durch fünf Metropolen

Der neue Turm zu Babel: Fritz Langs legendärer Science-Fiction-Klassiker „Metropolis“ ist im Stummfilmkonzert am 1. September zu
Der neue Turm zu Babel: Fritz Langs legendärer Science-Fiction-Klassiker »Metropolis« ist im Stummfilmkonzert am 1. September zu sehen, zur Musik von Gottfried Huppertz.

Berlin, Prag, Wien, London, New York: Wenn die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz ab 31. August „zurück in die Zukunft“ jettet, kommen einige Flugmeilen zusammen. Freilich rein metaphorisch gesprochen, denn das Festival „Modern Times“ findet komplett in Ludwigshafen statt. Im Fokus stehen dieses Jahr keine Musiknationen oder Stile, sondern fünf Metropolen, die jeweils mit einem signifikanten Werk der Moderne verbunden sind.

Erste Station der musikalischen Zeitreise: Berlin – oder vielmehr Babylon Berlin. Fritz Langs Stummfilm „Metropolis“ entwarf 1927 eine urbane Zukunftsvision, die noch heute in ihrer prophetischen Radikalität frappiert: Die Gesellschaft ist in zwei Klassen gespalten, die Oberschicht lebt im Luxus, während die Arbeiter an gewaltigen Maschinen schuften müssen. Derweil laboriert man in der Stadt, die ob ihrer Gigantomanie mit dem biblischen Babel verglichen wird, an einer Menschmaschine, einer Androidin. Unter der Leitung von Stefanos Tsialis erklingt zu Fritz Langs Science-Fiction-Klassiker Gottfried Huppertz’ Filmmusik in neuer Instrumentierung (Fr 1.9., 19.30 Uhr, Konzertsaal im Pfalzbau).

Leiht Schönbergs skandalösem „Pierrot lunaire“ die Stimme: Elena Harsányi.
Leiht Schönbergs skandalösem »Pierrot lunaire« die Stimme: Elena Harsányi.

Schönbergs Skandal, Mahlers Abschied

Weiter geht’s zu einem historischen Musikskandal: Bei der Aufführung 1913 im Prager Rudolfinum reagierte das Publikum auf Arnold Schönbergs „Pierrot lunaire“ mit einem Buhkonzert. Zu neuartig, zu unerhört für damalige Ohren war das Melodram mit seinen seltsam fallenden Skalen und mondsüchtigen Dissonanzen. In Ludwigshafen stimmt Sopranistin Elena Harsányi die Sprechgesänge des Pierrots an (So 3.9., 17 Uhr, Philharmonie).

Morbid und psychoanalytisch wird’s – wo wohl? In Wien! Gustav Mahlers neunte Symphonie, 1910 und damit ein Jahr vor dem Tod des Komponisten vollendet, ist ein gewaltiges Abschiedswerk von symbolischer Struktur: Zwei langsame Sätze rahmen zwei Tanzsätze, von denen die Rondo-Burleske ins Katastrophale mündet. Das an- und abschließende Adagio bringt keine Auflösung, keine Apotheose, sondern es wird zu einer Musik des Ersterbens und Verstummens, zu einem Abgesang auf immer (Fr 8.9., 19.30 Uhr, Pfalzbau).

Mission Moderne: Die Staatsphilharmonie, hier im Technik-Museum Speyer, widmet sich im Festival „Modern Times“ Werken des 20. Ja
Mission Moderne: Die Staatsphilharmonie, hier im Technik-Museum Speyer, widmet sich im Festival »Modern Times« Werken des 20. Jahrhunderts.

Hommage an Superman

Zum Rendezvous mit Superman und zum Flirt mit dem Jazz führt die Weiterreise am Fr 15.9. nach New York: Dem Comic-Helden ist Michael Daughertys „Metropolis Symphony“ (1988-93) geweiht, Anleihen bei Swing und Jazz prägen sowohl Gershwins Tondichtung vom „Amerikaner in Paris“ (1928) als auch Nikolai Kapustins fünftes Klavierkonzert (1993). Frank Dupree, Solist im Kapustin-Konzert und passionierter musikalischer Grenzgänger, lädt tags zuvor (Do 14.9., 21.30 Uhr) zum Jazzabend in die Festivalbar. Letzteres ist ein neues Format der „Modern Times“, das unter anderem Gelegenheit zum „Late Night Talk“ mit beteiligten Künstlern und mit Chefdirigent Michael Francis gibt.

Am Ende, in London, geht’s lustig zu. Denn in Noel Gays Musical „Me and My Girl“ (1937) soll ein junger Mann aus dem Arbeitermilieu, der zufällig eine Grafschaft geerbt hat, zum perfekten englischen Gentleman umerzogen werden – quasi „My Fair Boy“ statt „My Fair Lady“ (Sa 16.9., 18.30 Uhr, Philharmonie).

Bringt den Jazz ins Spiel: Pianist Frank Dupree.
Bringt den Jazz ins Spiel: Pianist Frank Dupree.

Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz: Modern Times – 31.8.-16.9., Ludwigshafen, Konzertsaal im Pfalzbau/Philharmonie, Tickets: rheinpfalz.de/ticket, staatsphilharmonie.de

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