Ausflug Erfenbach: Bachbahn-Modell, Brauerei und Künstlerhaus im ehemaligen Schermerhof
Beschaulich liegt das Örtchen Erfenbach im Kaiserslauterer Land, einige Kilometer entfernt von der trubeligen Westpfalz-Metropole, der es angeschlossen ist. Die Umfahrung durch die neue Schnellstraße sorgt für nahezu himmlische Ruhe im Ortskern. Wer nun aber glaubt, in Erfenbach sei nichts los, irrt gewaltig. Der rührige Ortsvorsteher Paul-Peter Götz haucht dem Ort mit großem persönlichem Einsatz viel Leben ein. Buchstäblich im Zentrum des Geschehens: der Schermerhof. Das altehrwürdige Gemäuer, das Götz gekauft und damit vorm Abriss gerettet und zur vielgestaltigen Kulturstätte umgewidmet hat, erschließt seinen Erlebnischarakter auf den zweiten Blick: Ein schlichtes Schild an der Gebäudeseite an der Siegelbacher Straße weist auf die Funktion als Künstlerhaus hin. Um die Ecke in der Jahnstraße verleihen Gleise, Signale, ein Andreaskreuz und eine alte Lok im Unterstand auf die Sehenswürdigkeit im Inneren hin: das Bachbahn-Museum.
Clubheim „Gleis 3“
Jürgen Stemler, Vorsitzender des Trägervereins dieses Museums, und Künstler Helge Ebling, der im Haus ein Atelier hat, sich zugleich aber für die Modellbahn engagiert, öffnen die Pforten – und ab jetzt darf gestaunt werden: Nach wenigen Schritten offenbart sich ein mit allerlei Bahn-Accessoires eingerichtetes Clubheim nebst „Speisewagen“-Abteil, zu dem wenige Stufen hinaufführen. Ein Vorgeschmack auf das, was Besucher im ersten Geschoss erwartet, zu dem eine schmale, steile Holztreppe hinaufführt: eine Mini-Bahnlandschaft im Maßstab 1:45 (Spur 0) mit ungezählten feinen Details windet sich durch den ehemaligen Heuboden des Hofes.
Alles sei dem Original sorgfältig nachempfunden, betont Stemler. Allerdings musste man eine Schleife „einbauen“, weil die komplette Strecke zu lang war. Wer an der Bachbahn entlang flaniert, muss also einen „U-Turn“ nehmen, findet aber bis hin zu Schildern an den Loks, Nutztieren, Wiesen, Bänken, Häusern und Figuren alles so vor, wie es sich in den 60er- und 70er-Jahren draußen darstellte. Stellenweise fand sogar der Original-Schotter der Bachbahn Verwendung. Gut, Stemler sah vielleicht noch etwas anders aus als die Figur von ihm, die er kürzlich mit dem Drei-D-Drucker hergestellt und in der Szenerie verewigt hat.
Denkmal für alte Bahnstrecke mit Lummerland
Der Trägerverein, der dieses Kunstwerk schuf, konstituierte sich laut Stemler im April 2016 mit dem Ziel, der Bachbahn, „mit der ich früher mal gefahren bin“, zum 100. Jubiläum „ein kleines Denkmal zu setzen“. 1996 wurde die komplette Strecke stillgelegt, die ihren Namen von den Orten hat, an denen sie entlangführte: Otterbach, Erfenbach, Siegelbach, Rodenbach, Weilerbach, Schwedelbach, Reichenbach(-Steegen). Maßstabsgetreu abgebildet ist im Schermerhof zudem die Stichstrecke Otterbach-Otterberg.
Und als Attraktion nicht nur für den Nachwuchs hat auch das nachgebaute Lummerland nebst Jim Knopf und Lokführer Lukas einen Platz gefunden, das mit tatkräftiger Unterstützung der jüngsten Vereinsmitglieder Mathilda und Jonas gestaltet wurde.
Zwei Stunden pro Baum
Manches harrt noch der Fertigstellung, wie der Bahnhof Siegelbach. „Es stecken aber schon 300 Arbeitsstunden drin“, verdeutlicht Stemler die Geduldsarbeit, die ihn und seine Mitstreiter so fasziniert, dass sie jede freie Minute damit zubringen. Ebling ergänzt: „Für einen kleinen Baum braucht man zwei bis drei Stunden.“ Und Bäume finden sich zahlreich. Auch Autos, ein Bett im Kornfeld ... Man kann sich gar nicht sattsehen an den liebevollen Details ...
Von der Bachbahn stammen in dem Gebäudeteil auch viele Original-Sammlerstücke, etwa das Schild „Gleis 3“ vom Bahnhof Otterbach im Clubheim, das ihm seinen Namen gibt. Im Hof wartet die letzte Rangierlok, die bei der Spinnerei Lampertsmühle auf der Strecke nach Otterbach im Einsatz war, auf eine Restauration. Eine neuerliche Herausforderung für den Verein – auch finanziell.
Zwei einzigartige Biersorten
Doch gerade das bringt Leben in die Bude: Bei Festen und Mitgliedertreffen wird hauseigenes Bier, das Braumeister Andreas Schlichting in seiner Freizeit in einem zur Brauerei ausgebauten Raum des Schermerhofs nach eigenem Rezept produziert, ausgeschenkt. Der Erlös fließt dem Verein zu. Eigentlich sind es sogar zwei Biere, die es anderswo nicht zu kaufen gibt: ein dunkles, bayrisch angehauchtes Märzenartiges und eine Art Kellerbier mit sehr guten Pilsener Hopfensorten, naturtrüb und ungefiltert, so Schlichting.
Ortsvorsteher Paul-Peter Götz will neben dem Schermerhof, der noch ungenutzte Räume und Baustellen birgt, auch weitere leerstehende altehrwürdige Gebäude in Erfenbach mit kulturellem Leben füllen, den Ort zum Künstlerdorf machen. Er sprüht nur so vor Ideen. Aber schon jetzt können Gäste viele schöne Eindrücke aus Erfenbach und dem Schermerhof mit nach Hause nehmen.
Sehenswertes im Schermerhof
Der Schermerhof aus dem Jahr 1820 ist unter dem Motto Kunst, Kultur, Genuss kultureller Dorfmittelpunkt: schermerhof.de, info@schermerhof.de; Besichtigung für Gruppen auf Anfrage: 0170 2046245. Der Schermerhof beherbergt:
... das Bachbahn-Museum: www.bachbahn-museum.de, geöffnet 1. Sonntag im Monat, 11-17 Uhr sowie Di/Fr 15-17 Uhr. Während der Erfenbacher Kerwe (23.-26.8.) ist das Museum geschlossen.
... das Künstlerhaus „Kunst am Gleis“ mit Ateliers und einer Ausstellungsfläche auf dem Heuspeicher: kunstamgleis.de, geöffnet 1. Sonntag im Monat 14-17 Uhr
... die Bachbahn-Brauerei, die an den Tagen der offenen Tür im Schermerhof jeweils am ersten Sonntag im Monat zwei Sorten Hausbräu offeriert. Am So 4.8. wird das Bier zu Saumagen und Kartoffelsalat ausgeschenkt, am 8.9. (Tag des offenen Denkmals und Brunnenfest in Erfenbach) wird im Schermerhof gegrillt.
Weitere Sehenswürdigkeiten in Erfenbach
Bergbaumuseum „Dieters Steine und Bergmannsammlung“, Stauchwiesen 13: Liebevoll zusammengetragene Schätze rund um den Bergbau mit lebensgroßen Puppen, Mineralien und Werkzeug. Die riesige private Sammlung von Dieter Weyhersmüller ist nach Vereinbarung unter 06301 2345 eintrittsfrei zu bewundern, weitere Infos: dieters-steine-bergmanns-sammlung.de
„Fünf im Bauernhaus“, Schwarzer Weg 2: Das alte Anwesen, das 1833 im Pfälzer Bauernhausstil erbaut wurde, steht unter Denkmalschutz. 1993 hat die Familie Götz das Gebäude – wie den Schermerhof auch – erworben und bis 1996 restauriert. Darin finden sich neben dem Café zwei Lädchen mit Geschenkideen sowie handgefertigtem Glasperlen-Schmuck, ein Nagelstudio und eine Foto-Galerie, Infos: fuenf-im-bauernhaus.de, das Café und die Handwerkslädchen sind Sa/So 14-17 Uhr geöffnet.
Weitere Informationen zu Kunst, Kultur und Sehenswertem in Kaiserslautern-Erfenbach: www.erfenbach-kl.de