Saarbrücken Schüsse auf Polizei: Rechtsanwalt war 19 Jahre nicht zugelassen

Aus dem Fenster über der Tür schoss der Jäger auf die Polizei.
Aus dem Fenster über der Tür schoss der Jäger auf die Polizei.

Der Rechtsanwalt, der am Freitag vor Pfingsten einen Polizisten anschoss, kannte die Justiz aus allen Perspektiven: als Anwalt, als mehrfach Verurteilter und als jemand, der das Gefängnis von innen sah.

Mindestens einmal wurde er zu einer Haftstrafe verurteilt. Die Zulassung als Rechtsanwalt wurde ihm wegen Unwürdigkeit entzogen. Mindestens 28-mal stand Michael E. im Visier der Staatsanwaltschaft. Dies ergaben Recherchen der RHEINPFALZ.

Zwischen 1999 und 2018 war er nicht als Rechtsanwalt zugelassen. Er hatte seine Zulassung verloren, weil er 1999 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden war. Drei Jahre später beantragte er, wieder als Rechtsanwalt zugelassen zu werden. Die Rechtsanwaltskammer Saar wies den Antrag zurück. Sie argumentierte, dass der 1955 geborene Mann unwürdig sei, als Rechtsanwalt tätig zu sein. Die Unwürdigkeit ergebe sich daraus, dass er seine Taten, die zur Haftstrafe führten, nicht bereue. Sechsmal beantragte der Mann seine Wiederzulassung als Anwalt, sechsmal lehnte die Kammer ab. Jedesmal wegen Unwürdigkeit, weil er sein Fehlverhalten nicht einsehe.

Nach Urteil des Bundesgerichtshofs wieder als Anwalt zugelassen

Nach der sechsten Ablehnung begann Michael E. zu klagen. Beim Bundesgerichtshof hatte er schließlich Erfolg. Dieses Gericht verurteilte 2018 die Anwaltskammer Saar, den Klarenthaler wieder als Rechtsanwalt zuzulassen. Der Bundesgerichtshof hatte im Gegensatz zur Anwaltskammer den Eindruck gewonnen, dass der Klarenthaler seine Vergehen aus den 1990er Jahren bereue. Daraufhin war der Mann – bis zu seinem Tod am Freitag vor Pfingsten – wieder als Rechtsanwalt in eigener Kanzlei in Saarbrücken tätig. Er war erstmals 1994, im Alter von 39 Jahren, als Rechtsanwalt zugelassen worden.

Im Schnitt jedes Jahr ein Ermittlungsverfahren: von Nötigung bis Bedrohung

Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken führte nach eigenen Angaben – zumindest seit 1995 – 28 Verfahren gegen Michael E., im Schnitt also jedes Jahr eines. Ermittelt wurde wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, Verstößen gegen das Waffengesetz, Verleumdung, Bedrohung, übler Nachrede, falscher Verdächtigung, Unterschlagung, Nötigung, des Missbrauchs von Titeln und Dienstbezeichnungen, des Betrugs, der Beleidigung, der Untreue, der falschen Versicherung an Eides statt, der Datenveränderung, des Vereitelns der Zwangsvollstreckung und der unberechtigten Gebührenerhebung.

1999 wurde Michael E. zu zwei Jahren Haft verurteilt. 2021 folgte ein Urteil wegen unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe mit einer Geldstrafe von 3600 Euro. Im April 2022 wurde Michael E. wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe von 3000 Euro verurteilt. Der Staatsanwaltschaft liegen nur Urteile und Ermittlungsverfahren seit 1995 vor. Was davor war, ist entweder gelöscht oder es gab keine.

Der Jäger musste sein Waffenarsenal schon einmal abgeben – für zehn Jahre

Michael E., der auch Jäger war, hatte sein Waffenarsenal schon einmal abgeben müssen. Wie die RHEINPFALZ erfuhr, hatte er seine Waffen und Waffenbesitzkarten für zehn Jahre verloren. Im Jahr 2009 erhielt er sie wieder. Nachdem er am 3. Juni einen Polizisten angeschossen hatte, als ihm seine Waffen wieder entzogen werden sollten, lieferte er sich zunächst einen Schusswechsel mit der Polizei und erschoss sich laut Ermittlern später selbst.

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