Ilbesheim/Hainfeld Süpfälzer wollen künstliche Intelligenz im Weinbau einsetzen

Qualitätsmanager Michael Straube schaut, wie viel Ertrag die Reben des Deutschen Weintors dieses Jahr bringen. Schon bald überni
Qualitätsmanager Michael Straube schaut, wie viel Ertrag die Reben des Deutschen Weintors dieses Jahr bringen. Schon bald übernimmt das eine künstliche Intelligenz.

Winzer setzen immer mehr auf künstliche Intelligenz. Das zeigt die Bundesförderung zweier Projekte in der Südpfalz. Beim ersten geht es um eine „künstliche Nase“, die dem Weinliebhaber die Kaufentscheidung erleichtern soll. Beim zweiten geht es um genaue Ertragsprognosen für Winzer.

Eine künstliche Nase und Zunge, die dem Weinliebhaber bei der Auswahl helfen kann: Das wird gerade in der Südpfalz entwickelt. Beim „Projekt zur Entwicklung einer Künstlichen Intelligenz für die önologische Technologie“ (Pinot) arbeitet das Softwareunternehmen Vineyard Cloud aus Burrweiler mit dem Weingut Lergenmüller in Hainfeld zusammen.

„Es geht darum, ein Gerät zu entwickeln, das dem Weintrinker die Kaufentscheidung vereinfachen kann. Es soll einen Geruchs- und Geschmackssinn darstellen, die den Wein vor dem Kauf beschreiben“, sagt Julia Lergenmüller vom Weingut.

Dieses Gerät soll aus Sensoren bestehen, die unterschiedliche Geruchs- und Aromastoffe der Weine aufnehmen. Das Weingut baut den Wein aus und setzt das Gerät ein, Vineyard Cloud stellt die Abhängigkeit der Stoffe in einer Matrix gegenüber. „Es soll eine Entscheidungshilfe für den Endkonsumenten sein“, sagt Lergenmüller.

Bis zur Umsetzung müssen die Beteiligten noch einige Dinge herausfinden: Wie kann das Gerät aussehen? Welche Technik ist vorhanden? Was muss getan werden, um die besten Ergebnisse zu erzielen? Das Weingut Lergenmüller sucht sich dazu zum Beispiel vier Parzellen aus und bewirtschaftet diese anders, um zu schauen, inwieweit Geruch und Geschmack mit dem Entwicklungsstadium der Weinrebe zu tun hat. „Ich denke gegen August wissen wir konkreter, wo die Reise hingeht“, sagt Lergenmüller.

Wissen, was der Weinberg hergibt

Beim zweiten Projekt geht es um Hilfen für Winzer: Wenn diese wissen wollen, wie viel Ertrag ihr Weinberg in diesem Jahr hergibt, dann wiegen sie meist einzelne Trauben, zählen wie viele an einem Trieb hängen und rechnen das durchschnittliche Traubengewicht auf den Weinberg hoch. „Das wird seit Jahren so gemacht, ist aber fehleranfällig“, sagt Michael Straube, Qualitätsmanager vom Deutschen Weintor in Ilbesheim. Durch diese Methode könne der Ertrag bis zu zehn Prozent höher oder niedriger ausfallen.

Am Deutschen Weintor unterstützt Straube unter anderem das digitale Projekt „Künstliche Intelligenz für die innovative Ertragsprognose von Reben“ (KI-iREPro). Dieses soll helfen, genauere Ertragsprognosen machen zu können. „Der Ertrag bestimmt in hohem Maße die Qualität der Trauben. Wenn zu viele drin hängen, ist der Stock überlastet und die Qualität sinkt“, sagt Straube.

Die sinnvolle Ertragsprognose erfolgt in zwei Stufen. In der ersten sammelt das Weintor verschiedene Daten. Das sind zum einen die Ertragsdaten der vergangenen 15 Jahre. Zum anderen sind das Wetter- und Umweltdaten der Umgebung, die sich das Weingut von den umliegenden Wetterstationen des Landes einholt. Hinzu kommen Prozessmanagementdaten. „Der Winzer hat hier eine App vor sich und kann darin eintragen, wenn er den Boden aufmacht oder den Laubschnitt macht, wie lange er dafür braucht und wo das ist“, sagt Straube.

Im zweiten Schritt kommt die künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel. Und mit dieser auch andere Unternehmen. Das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) entwickelt Sensoren. Diese werden dann an einem Quad oder einem Schlepper angebracht und filmen beim Durchfahren den Weinberg: einmal wenn die Triebe noch klein sind und später beim Laubschnitt.

Videos helfen dem Winzer

„Anhand der Videoaufnahmen können wir die Laubwandhöhe, die Blattfläche, Nährstoffe, den Chlorophyllgehalt der Blätter und die Fruchtansätze und Trauben der Triebe bestimmen“, sagt Straube. Kommt man so zum Beispiel zu dem Schluss, dass der Ertrag zu hoch ausfallen wird, können die Winzer noch eingreifen, indem sie den Ertrag reduzieren. Das passiert meist von Hand, indem die Winzer die Triebe im frühen Stadium abknipsen oder im etwas späteren Stadium halbieren.

„Wenn ich zum Beispiel weiß, dass der eine Weinberg 5000 Kilogramm Ernte hat und der andere 2000 Kilogramm, dann muss ich mit meinem 7000-Kilogramm-Schlepper mit Traubenwagen nur einmal fahren und kann besser planen“, sagt Straube. Auch die Traubenannahme und der Weinkeller können sich so besser vorbereiten und effektiver arbeiten.

Zu sehen gibt es die Kamerasensoren aktuell noch nicht. Im Sommer werden sie wahrscheinlich erstmals eingesetzt. Vineyard Cloud entwickelt bis dahin eine App zur Prognose und andere anwendungsbezogene Programme, das Julius-Kühn-Institut (JKI) für Rebenzüchtung in Siebeldingen nutzt dann die Flächen des Deutschen Weintors und testet die KI in den kommenden drei Jahren. Erst dann werden wohl aussagekräftige Prognosen bestimmt. KI-iREPro wird als eines von zwei digitalen Weinbauprojekten vom Bundeslandwirtschaftsministerium gefördert.

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