Hochstadt Rund oder eckig: Die Revolution zur Weinlagerung kommt aus der Südpfalz

Matthias Glass, der Geschäftsführer der Firma, steht neben einem viereckigen Weinfass.
Matthias Glass, der Geschäftsführer der Firma, steht neben einem viereckigen Weinfass.

Rheinland-Pfalz ist das Weinland Nummer eins in Deutschland. Besser geht es nicht? Doch – immer wieder wird im Bundesland etwas erfunden, was der Branche helfen soll. Dafür werden dann auch Preise verliehen.

Ob ein gläserner Korken oder eine Flasche mit einem verstellbaren Boden: Weinanbau hat Forscher schon immer inspiriert. Auch an Rhein und Mosel – Rheinland-Pfalz gilt als „Land der Rüben und Reben“. Erst kürzlich erhielt US-Sängerin Pink nach ihrem Bekenntnis zum Riesling eine Einladung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Zwei Erfindungen für den Weinbau schafften es beim Innovationspreis des Landeswirtschaftsministeriums in diesem Jahr nach vorne: eine Spezialhacke der Firma Bähr aus Ilbesheim und das viereckige Fass der Firma Rebarrique aus Hochstadt (Kreis Südliche Weinstraße).

„Mit dem steigenden Konsum exklusiver Weine und Spirituosen steigt auch der Bedarf an Barrique-Fässern“, heißt es etwa in der Laudatio. Jährlich würden dazu mehr als 300.000 Eichen gefällt. Hier setzt das eckige Fass an. Das Konstrukt aus Eichenholz und Edelstahl soll beim Holzverbrauch, Lagern und Transport erheblich sparen, wie es heißt.

Das klimafreundliche Fass

Barrique-Fässer setzen sich innen mit Weinstein zu, Röstaromen gehen verloren. Runde Fässer zu zerlegen, zu reinigen und zusammenzubauen, gilt als wenig wirtschaftlich. Gereinigt wird durch das Spundloch. Die Dauben eines eckigen Fasses lassen sich aus den Profilen nehmen und abhobeln. Danach können sie neu hitzebehandelt („getoastet“) und eingesetzt werden.

„Barriques und andere Holzfässer werden unter äußerst klimaschädlichen Bedingungen über offenem Feuer, häufig unter freiem Himmel, thermisch verformt und getoastet“, sagt Rebarrique-Geschäftsführer Matthias Glass. Um gebrauchte Fässer anschließend etwa zur Produktion von Parkett oder Massivholzplatten umzuarbeiten, müssten die gebogenen Dauben zurück verformt werden.

„Und das ein weiteres Mal mit hohem thermischen Aufwand“, sagt Glass. „Durch den Verzicht auf diese Prozesse könnten Jahr für Jahr erhebliche Mengen Kohlenstoffdioxid eingespart werden.“

Traubenmühle wirkt inspirierend

Die Idee zum eckigen Fass (Eigenschreibweise: „rebarriQue“) hatte der Schreinermeister Thomas Lutz 2016 beim Aufräumen der Scheune. Dort bewahrt er Kelter und die Traubenmühle seines Großvaters auf, eines Landwirts und Winzers. „Der trichterförmige, offen gezinkte Holzkubus der Mühle und die ringförmig angeordneten Holzstäbe der Kelter inspirierten ihn, einen eckigen, flüssigkeitsdichten Behälter aus nur einem, hölzernen Bauteil herzustellen“, sagt Glass.

Hunderte runder Barriquefässer werden jährlich aussortiert – was geschieht damit? Hört man sich in der Branche um, wird ein Großteil etwa für Weinbrand oder Whisky verwendet oder endet als Schmuckfass.

Anfangs gab es Zweifel

Ob rund oder eckig – das Deutsche Weininstitut verweist vor allem auf das Innenleben eines Fasses. „Das Toasting beziehungsweise das Rösten der Fassdauben hat einen sehr viel größeren Einfluss auf den Wein als die Form des Fasses“, sagt Sprecher Ernst Büscher. Hier sei sehr viel Feingefühl gefragt. „Denn der Toastungsgrad und die Weinqualität müssen gut aufeinander abgestimmt sein, damit der Weingeschmack nicht zu stark von den Röstaromen überlagert wird.“

Anfangs gab es Zweifel an dem viereckigen Fass. Ob es dicht halte, fragten Skeptiker. Das sieht Glass widerlegt. „Runde Fässer gehören zu unserer Kulturgeschichte - wie das Rad, die Schallplatte oder das Telefon“, meint der Geschäftsführer. Die Herstellung sei aber nicht mehr zeitgemäß. „Wenn wir es ernst meinen mit dem Schutz von Klima und Umwelt, sollten wir die runden Fässer ins Museum rollen.“

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