Porträt Barbara Aßmann – die erste Frau an der Spitze des Caritasverbands

Kennt die Caritas seit Jugendtagen: die Lingenfelderin Baraba Aßmann.
Kennt die Caritas seit Jugendtagen: die Lingenfelderin Baraba Aßmann.

Eine Frau, verheiratet, Mutter einer erwachsenen Tochter – ab 1. Januar wird Barbara Aßmann an der Spitze des Caritasverbandes der Diözese Speyer stehen. Und sorgt damit für ein Novum, denn bislang war dieses Amt einem Priester vorbehalten.

Von Jugend an war Caritas ein Begriff für Barbara Aßmann. Damals, Ende der 70er Jahre, suchte die Caritas Betreuerinnen für eine Ortsranderholung in Rülzheim. „Zwei Wochen lang sollten etwa 100 Kinder, die nicht in Urlaub fahren konnten, tagsüber spielen, basteln, toben und einfach Spaß haben“, erinnert sich die zierliche Frau. Sie war damals 15 Jahre alt und aufgrund ihres Alters als Hilfsbetreuerin eingesetzt. Dies sei eine prägende Erfahrung gewesen und habe ihren Weg mit beeinflusst, nach dem Abitur am Edith-Stein-Gymnasium in Speyer Sozialarbeit an der Evangelischen Fachhochschule in Ludwigshafen zu studieren.

In den 80er Jahren, als sie den Studienabschluss in der Tasche hatte, waren die Berufsaussichten für Sozialarbeiterinnen nicht sehr rosig. Die gebürtige Lingenfelderin trat ihre erste Stelle im neu errichteten Caritas -Aussiedlerwohnheim in Speyer an. Es war die Zeit, in der viele Aussiedler nach Deutschland zogen und auch für den Caritasverband war dies ein neues Arbeitsfeld. „Die erste Familie, die ins Wohnheim kam, umfasste 45 Personen“, erinnert sich Aßmann. Sie mussten hauswirtschaftlich versorgt werden, es wurden Anträge auf Sozialleistungen gestellt, Wohnungen vermittelt, Arbeitsplätze ausfindig gemacht und für Kinder Kitaplätze oder Schulen gesucht. „Mit einem VW-Bus bin ich durch Speyer gefahren und habe alle Kitas abgeklappert, um freie Plätze zu finden. Damit die Kinder sich schnell integrieren können“, erzählt Aßmann. Schon damals versuchte man Ehrenamtliche einzubinden, die beispielsweise Aussiedler bei Behördengängen begleiteten oder Hausaufgabenhilfe anboten. Auch heute noch sieht es die neue Diözesancaritasdirektorin als elementare Aufgabe, Ehrenamtliche zu gewinnen, aber auch sie zu begleiten

Die Aussiedler sind längst integriert. Heute sind es Migranten und Flüchtlingen, die in den acht Caritaszentren Ansprechpartner finden. Soziale Arbeit müsse sich immer weiterentwickeln, auf Veränderungen in der Gesellschaft reagieren und Lösungen für die Menschen finden – so versteht Aßmann das Wirken der Caritas. Das für sie auch „ein wesentliches Element kirchlicher Verkündigung“ ist.

Berufsbegleitend absolvierte die Sozialarbeiterin einen Masterstudiengang in Soziologie und Erziehungswissenschaften sowie eine Weiterbildung in Betriebswirtschaft. Dabei übernahm sie im Caritasverband immer mehr Verantwortung und Leitungsfunktionen – in der Kinder- und Jugendhilfe, bei den erzieherischen Hilfen und der psychosozialen Beratung. Sie zeichnete dafür verantwortlich, dass die Ehe- und Lebensberatungsstellen, die beim Bistum angesiedelt waren, in die Erziehungs, Ehe- und Lebensberatung des Caritasverbandes überführt wurden.

In den Beratungsstellen sind längst Kundenbefragungen üblich. „Damit wir wissen, ob die Kunden das bekommen, was sie brauchen.“ Bei den Erziehungsberatungsstellen werte man jährlich nach einer wissenschaftlichen Methode aus, inwieweit die Beratung gewirkt habe. „Mit dem Ergebnis sind wir sehr zufrieden“, sagt Aßmann.

2010 wurde sie Leiterin der Sparte Caritas-Zentren, 2015 der neuen Abteilung Soziales. Nun hat der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann die 57-Jährige zur Diözesancaritasdirektorin ernannt. Mit diesem Amt ist sie stimmberechtigtes Mitglied im Allgemeinen Geistlichen Rat, einem Beratungsgremium des Bischofs.

Barbara Aßmann übernimmt die neue Aufgabe in schwierigen Zeiten – das ist ihr bewusst. Corona, Ukraine-Krieg, Energiekrise – aufgrund der vielen Sonderausgaben haben Bund, Länder und Kommunen immer weniger Geld. Aber sie sind es, die die ambulanten Beratungsstellen der Caritas – von der Erziehungsberatung- bis zur Schuldnerberatung – bezuschussen. Dazu kommt ein Eigenanteil, den das Bistum aus Kirchensteuermitteln überweist. Daraus wird die Allgemeine Sozialberatung komplett finanziert. An sie wenden sich derzeit viele Menschen, die nicht wissen, wie sie ihre Miete oder die Energiekosten bezahlen können. „Man muss die Bälle schon gut jonglieren, damit man das alles finanzieren kann“, beschreibt es Aßmann. Aber sie ist auch überzeugt, „dass die Politik die Verlässlichkeit und Kompetenz der Caritas zu schätzen weiß“. Sie selbst setzt auf Teamarbeit, und ist – das wird ihr bescheinigt – durchsetzungsfähig.

Um den Kopf frei zu bekommen, ist der Lingenfelderin Bewegung wichtig – besonders Wandern und Radfahren. Wunderbar abschalten könne sie beim Lesen oder beim Hören von klassischer Musik. „Und beim Singen“, fügt sie hinzu. Für Letzteres hätte sie gerne mehr Zeit – aber ab und an schafft sie es, in einen Projektchor ihre Stimme einzubringen.

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