Hart am Rand Rummelplatz-Pfarrer spendet Trost in Corona-Zeiten

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Auf das Geld für die Taufe oder für die Beerdigung verzichtet Pfarrer Conrad Herold derzeit schon mal. Der 63-Jährige weiß, wie eng es finanziell steht um die Welt der Schausteller, in der er seit zehn Jahren unterwegs ist. Blinkende Lichter, Musik und bunte Fahrgeschäfte täuschen ihn nicht.

Herold ist seit zehn Jahren Sonderseelsorger für Schausteller, Markt- und Zirkusleute auf dem Gebiet der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Eine Branche, die immer mit dem Wetter kämpft, gute und schlechte Jahre hat, wird vom Coronavirus durchgeschüttelt wie nie. Kleine Zirkusse und Schausteller seien besonders stark von der Pandemie betroffen. Besonders wichtig seien in dieser schweren Zeit persönliche Besuche und Gespräche. „Ich bin mittendrin“, sagt der große Mann mit dem üppigen Bart und der kräftigen Stimme. Die Situation der Schausteller sei sehr unterschiedlich, manche hätten gerade investiert, müssten einen Schuldenberg abtragen. Andere lebten von der Substanz und kämpften, um sich über Wasser zu halten.

Der Autoscooter, in dem Herold das erzählt, gehört Sven Engelbrecht. Der 54-Jährige setzt als Schausteller eine lange Familientradition fort: Pferdekarussell, Kettenkarussell, Walzerbahn, er mit seinem Autoscooter, seine Tochter mit einer großen Schaukel. Die ganze Familie hängt dran, wie bei vielen Kollegen. Mit einem kleinen Kinderkarussell hätten sie sich im Sommer über Wasser gehalten, berichtet Engelbrecht. „Das ist schon hart.“ Spendet der Gottesdienst Trost? Manchen vielleicht schon, sagt Engelbrecht.

„Die Leute kommen nur noch mit einem Thema“, sagt Pfarrer Herold. Selbst bei Taufen und Beerdigungen. „Sobald das Kind getauft ist, sprechen wir übers Geschäft.“ Das System der Grundsicherung funktioniere nicht für Schausteller. „Alle meine Leute haben Werte, Auto, Wohnwagen.“ Außerdem hätten die Schausteller nicht verstanden, warum die Freizeitparks früh wieder öffnen durften, die Jahrmärkte aber nicht. Emotional wird Herold, seine Stimme noch durchdringender, wenn er über die Situation der Schausteller redet. „Ich setze mich für meine Leute ein.“ Etwa 30.000 Kilometer pro Jahr legt er in normalen Jahren zurück. 2020? Herold winkt ab.

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