Britische Royals Neue Netflix-Staffel „Die Krone“ kommt für Charles zur Unzeit

Spiel mit Fakten und Fiktion: Charles und Diana in der fünften Staffel von „The Crown“.
Spiel mit Fakten und Fiktion: Charles und Diana in der fünften Staffel von »The Crown«.

Zwei Monate sitzt König Charles III. auf dem Thron – und schon werden seine unrühmlichsten Jahre ins Rampenlicht gezerrt.

London. Prinz Charles und Prinzessin Diana schauen sich an. „Wollen wir ihnen etwas von dem alten Zauber geben?“ Zustimmendes Nicken, ein Zwinkern, dann dreht sich das Paar über die Reling einer Jacht, winkt den Fotografen zu und turtelt für die Kameras der Welt. Doch hinter den Kulissen bröckelt die Harmonie bereits erheblich, wie direkt in der ersten neuen Folge der Netflix-Serie „The Crown“ (Die Krone) zu sehen ist. Die fünfte Staffel, die seit Mittwoch zu sehen ist, spielt in den 90er Jahren und widmet sich dem unrühmlichsten Kapitel in der Lebensgeschichte des britischen Königs Charles III.

„Für den König und die Königsgemahlin ist es unglücklich, dass ausgerechnet zum Start seiner Regentschaft ,The Crown’ in diesen Jahren angekommen ist und das Charles-Diana-Camilla-Thema aufrollt“, sagt Royal-Experte Craig Prescott, der an der Universität im walisischen Bangor Verfassungsrecht lehrt.

Goldener Käfig

Die Serie geht – wie schon zu Beginn der dritten Staffel – mit neuen Schauspielern an den Start, um dem Alter der Protagonisten Rechnung zu tragen. Die 66-jährige Imelda Staunton folgt als Queen Elizabeth II. auf Olivia Colman und Claire Foy und gibt ein überzeugendendes Bild der stets pflichtbewussten Monarchin ab.

Der nun von Dominic West (53) verkörperte Charles hält es in der Urlaubsszene nicht lange in der sonnengetränkten maritimen Idylle mit seiner Frau und seinen Kindern aus. Wegen einer angeblichen Terminkollision muss die Familie ihre Zeit an Bord der Jacht vorzeitig abbrechen. Prinzessin Diana (Elizabeth Debicki) wischt sich im Flieger gen Heimat eine Träne vom Gesicht. Ihr Leiden, ihr Ausbruch aus dem goldenen Käfig steht im Zentrum der neuen Staffel.

Doch zurück aus dem Urlaub bestimmt zunächst eine Umfrage der „Sunday Times“ die Debatte: Mehr als die Hälfte der Briten empfinden demnach die Queen Elizabeth als altmodisch und realitätsfern, ihr Sohn Charles schneidet, noch vor der Diana-Tragödie, deutlich besser ab. Was ihn laut darüber nachdenken lässt, seine Mutter könne abdanken und ihm Platz machen – sogar bei einem Treffen mit dem damaligen konservativen Premierminister John Major.

Dramatisches Jahrzehnt

Was hier Fakt ist und was Fiktion, lässt Netflix offen. Zwar wehrte sich der Streaming-Riese gegen die Forderung, einen entsprechenden Disclaimer an den Beginn seiner Folgen zu setzen, er hat jedoch nie behauptet, mit „The Crown“ eine Doku-Serie zu erschaffen. Dass die Handlung der Serie eng an die historischen Ereignisse andockt, sich jedoch künstlerisch-fiktiven Freiraum lässt, macht es für Nicht-Royal-Experten zuweilen schwer zu unterscheiden.

Während den meisten Briten durch die intensive Berichterstattung die royalen Ereignisse der 90er Jahre ziemlich vertraut sind, dürfte es gerade für jüngere Zielgruppen im Ausland das erste Mal sein, dass sie sich mit dem dramatischen Jahrzehnt im Hause Windsor auseinandersetzen.

„Böswillige Fiktion“

Anders als britische Sender, die sonst für den Großteil der royalen Fernsehformate verantwortlich sind, hat Netflix größere Freiheiten. Die Drehbuchautoren spielen denn auch raffiniert mit Parallelen, aber auch scharfen Kontrasten zur Gegenwart: Charles auf dem Thron? Könnte aktueller kaum sein, ist aber, wie wir nun wissen, erst rund 30 Jahre später Realität geworden. Die Queen unbeliebt? Könnte kaum weiter von der Realität entfernt sein, in der sich Hunderttausende tage- und nächtelang in eine kilometerlange Schlange am Themse-Ufer einreihten, um ihrer Monarchin die letzte Ehre zu erweisen.

Dass auch bei dem Filmtreffen von Charles und John Major Fantasie mit im Spiel war, wurde schon vor dem Start der neuen Staffel klar. Ex-Premier John Major, der Großbritannien von 1990 bis 1997 regierte, bezeichnete die Serie als „schädliche und böswillige Fiktion“. Ob auch der Palast selbst einige Dinge gerade rücken wird, die per „The Crown“ durch die Welt flimmern, ist abzuwarten. „Wie wir an John Major sehen, gibt es viele andere, die das gerne tun“, sagt Royal-Experte Prescott. Womöglich müsse der Palast sich also gar nicht selbst äußern, um auf die ein oder andere fiktive Volte aufmerksam zu machen.

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