Umwelt Lichtverschmutzung wird für Tiere zur Qual

Auch die Lichter an Windenergieanlagen tragen zur „Lichtverschmutzung“ bei.
Auch die Lichter an Windenergieanlagen tragen zur »Lichtverschmutzung« bei.

Angestrahlte Kirchen und Denkmäler, Flutlicht im Stadien und grelle Straßenbeleuchtung – die Menschen machen vielerorts die Nacht zum Tag. Für die Tierwelt und die Artenvielfalt hat das verheerende Folgen.

Der Trend zu nächtlicher Dauerbeleuchtung ist für viele Tiere eine Qual. Zwar feiert die UN-Kulturorganisation Unesco an diesem Montag, dem internationalen Tag des Lichts, die segensreiche Rolle der Beleuchtung für Wissenschaft, Technologie, Kultur und Kunst. Aber Licht hat auch Schattenseiten.

„Lichtverschmutzung ist wahrscheinlich eine Hauptursache des globalen Artensterbens“, sagt Chronobiologin Stefanie Monecke. Beispiel Straßenlaterne, wo man oft dichte Insektenschwärme sehen kann: „Das Licht zieht abertausende Insekten an, die um die Lichtquelle surren, ermüden oder verbrennen. Die ganze Nahrungskette gerät damit durcheinander: Die Tiere, die Insekten im Dunkeln jagen, finden weniger Nahrung.“

Innere Uhr kommt durcheinander

Viele Fledermausarten sind lichtempfindlich, meiden Lichtquellen und haben deshalb immer kleinere Jagdgebiete, berichtet die Schweizer Naturschutzorganisation Bird Life. Rotkehlchen, die eigentlich früh in der Dämmerung singen, sängen bei heller Beleuchtung manchmal die ganze Nacht.

Aber nicht nur das: Künstliches Licht bringe die innere Uhr vieler Tiere durcheinander. Feldhamster etwa nähmen die kürzer werdenden Tage wahr und stellten so Mitte Juli ihre biologische Jahresuhr, die Anfang und Ende des Winterschlafs bestimme, sagt Monecke, Gastwissenschaftlerin an der Ludwig-Maximilian-Universität München. Wenn sie dabei durch die Lichtglocke einer Stadt oder Autolichter auf einer Straße gestört werden, sei die Gefahr groß, dass ihre Uhr aus dem Takt gerate. Dann kämen sie im Frühjahr weder rechtzeitig aus dem Winterschlaf noch seien sie gleichzeitig paarungsbereit.

Weniger Nachwuchs durch Lichtverschmutzung

Bei manchen Arten gehen die Zahlen Monecke zufolge dramatisch zurück, „nicht, weil zu viele Tiere sterben, sondern weil sie wie die Feldhamster immer weniger Nachwuchs bekommen“. Lokale Umweltverschmutzungen und -zerstörungen können diesen Faktor ihrer Ansicht nach nicht erklären, Lichtverschmutzung aber schon.

Auch Menschen richten ihre innere Uhr am Hell-Dunkel-Rhythmus aus, sagt Chronobiologe Achim Kramer von der Berliner Charité. Zellen im Auge leiten Impulse von Licht weiter, die die innere Uhr „stellen“ und dafür sorgen, dass Menschen, wenn es nachts draußen dunkel ist, schlafen und am Tag aktiv sind. „Wenn man bei Mäusen die innere Uhr abschaltet, werden sie dick und krank“, sagt Kramer. Auch, wer im Schichtdienst ständig gegen die innere Uhr lebe, habe ein höheres Risiko von Herz-Kreislauf-, Stoffwechsel- oder Krebserkrankungen und Depressionen. „Eine gut synchronisierte innere Uhr ist für die Gesundheit ganz wichtig.“

Einfache Abhilfe: Weniger Außenbeleuchtung

Gegen zu starke Beleuchtung abends und nachts draußen können sich Menschen allerdings – anders als Tiere – durch Vorhänge schützen. „Bei den Menschen ist vor allem die selbst gemachte Lichtverschmutzung ein Problem: die stundenlange und oft späte Nutzung von Bildschirmen“, sagt Kramer.

Leute, die ihren heimischen Garten beleuchten oder Gemeinden, die für helle Straßenbeleuchtung sorgen, tun das oft mit dem Argument, sie wollten Kriminelle abschrecken. Eine britische Studie konnte 2015 aber zeigen, dass mehr Straßenlicht in mehr als 60 Ortschaften in England und Wales weder Unfälle noch Kriminalität verhinderte.

Deshalb ist Abhilfe für die Not der Tiere eigentlich einfach: weniger Außenbeleuchtung. Damit ließe sich auch enorm Energie sparen. Manche Städte hätten ihren Energieverbrauch durch intelligente Beleuchtung, unter anderem mit Bewegungsmeldern, um 50 Prozent reduziert, rechnet der Naturschutzbund Deutschland vor.

Weniger Licht macht sensibler

Oft würden bei der öffentlichen Beleuchtung Glühbirnen durch LED-Lampen mit gleicher elektrischer Energiemenge ersetzt, sagt der Physiker und Ingenieur Martin Löffler-Mang von der Hochschule für Technik des Saarlands. Diese Lampen machten aber deutlich mehr Licht. Löffler-Mang hilft Gemeinden bei Interesse mit Lichtmonitoring, um starke Lichtquellen zu identifizieren und zu reduzieren. Dafür werden über längere Zeit an einer festen Stelle automatisch Nachtaufnahmen gemacht, die später ausgewertet werden. Andermatt in der Schweiz hat das erfolgreich gemacht. St. Wendel im Saarland wolle nun auch etwas tun, um mit dem Konzept „weniger Licht“ mehr Touristen anzuziehen.

Löffler-Mang verweist zudem auf diese wissenschaftliche Erkenntnis: „Wenn wir weniger Licht machen würden, werden wir sensibler und sehen dann mehr.“

Möglicherweise sorgen die stark steigenden Energiepreise dafür, dass in manchen Kommunen schon bald das Licht zwar nicht ausgeht, aber zumindest reduziert wird: Erste Städte planen aus Kostengründen weitere Einsparungen bei der Straßenbeleuchtung.

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