Panorama Im Namen des Ehemannes

«Wiesbaden.» Vor mehr als 25 Jahren kippte das Bundesverfassungsgericht die Pflicht zu einem gemeinsamen Ehenamen. Seither können Frauen bei der Hochzeit ihren Namen behalten. Eine Studie zeigt nun, dass diese das in den meisten Fällen gar nicht wollen.

„Die Ägypterinnen behielten ihn. Die Römerinnen auch. Die Germaninnen sowieso. Und in 106 Ländern der Welt ist es selbstverständlich, dass Frauen ihn behalten. Nur die deutschen Frauen verloren ihn in der Neuzeit: ihren eigenen Namen und damit ihre Identität“, schrieben die Feministinnen der Zeitschrift „Emma“. Sie feierten 1991 das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach der Familienname nicht mehr automatisch der des Mannes wurde, wenn sich ein Paar nicht einigen konnte. Frauen durften ihren Geburtsnamen fortan behalten, drei Jahre später trat eine Gesetzesänderung in Kraft. Rund ein Vierteljahrhundert später hat sich in der Praxis nicht so viel geändert. Denn allen Freiheiten zum Trotz mögen es Ehepaare in Deutschland traditionell – und die meisten Frauen verzichten heute freiwillig auf ihren Namen. Bei rund drei Viertel aller Eheschließungen wird auch heute noch der Name des Mannes zum gemeinsamen Ehenamen. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS), die gestern veröffentlicht wurde. Nur einer von 16 Männern in Deutschland nimmt bei der Hochzeit den Nachnamen seiner Ehefrau an. Nur sechs Prozent der Paare entscheiden sich für den Familiennamen der Frau. Etwa doppelt so häufig kommt es vor, dass beide Partner ihren eigenen Namen behalten. Diese Beobachtungen hat auch Beate Tripp vom Bundesverband der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten (BDS) gemacht. Die Studienleiterin des Verbandes sagt: „Man ist noch sehr traditionell unterwegs.“ Meist einigen sich die Paare auf eine bestimmte Namensführung, wenn sie das Aufgebot bestellen – aber manchmal gebe es auch Überraschungen am Hochzeitstag, wenn spontan erklärt wird, man wolle doch den Namen des anderen annehmen. Seit 1976 müssen sich Paare bei der Hochzeit nicht mehr zwangsläufig auf den Familiennamen des Mannes festlegen. Konnten sie sich aber nicht einigen, galt der Name des Mannes von der Heirat an für beide. Diese Regelung wurde mit besagter Entscheidung des Verfassungsgerichts gekippt. Inzwischen ist nicht einmal mehr ein gemeinsamer Familienname Pflicht. Wie die Gesellschaft für deutsche Sprache in Befragungen von Ehepaaren herausgefunden hat, wird es oft mit der Tradition begründet, wenn sich ein Paar für den Familiennamen des Mannes entscheidet. „So ist es üblich, so hat man es seit Jahrhunderten gemacht“, sagt Frauke Rüdebusch von der GfdS. „Diese Argumentation wird meist von den Männern genutzt, die es mitunter als ein Zeichen von Schwäche, von Unmännlichkeit empfinden, wenn sie den Namen ihrer Frau annehmen. Dieses Denken ist in den Köpfen noch stark verwurzelt.“ Daneben gibt es laut der Studie noch viele andere Gründe wie den Klang des Namens, eine sonst aussterbende Familienlinie, einen Firmennamen oder eine auf dem Geburtsnamen aufgebaute berufliche Karriere. Der Kompromiss: der Doppelname, von dem acht Prozent der Paare Gebrauch machen. „Mich wundert, dass es nach wie vor so ungleich ist, welcher Name Männern und Frauen wie viel bedeutet“, sagt die Soziologin Paula Villa von der Ludwig-Maximilians-Universität in München. „Und mich wundert schon, wie problemlos eher Frauen ihren Namen aufgeben – das hat schon auch einen symbolischen Wert.“

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