Medizin G4-Virus: Schweingegrippe-Erreger mit Pandemie-Potenzial

Gegen die Schweinegrippe-Pandemie gab es relativ rasch einen Impfstoff. Im August 2010 wurde sie für beendet erklärt.
Gegen die Schweinegrippe-Pandemie gab es relativ rasch einen Impfstoff. Im August 2010 wurde sie für beendet erklärt.

Mitten in der Coronavirus-Pandemie, die bereits mehr als eine halbe Million Menschen das Leben gekostet hat, haben Wissenschaftler in China eine neue Art der Schweinegrippe entdeckt, die ebenfalls einen weltweiten Gesundheitsnotstand auslösen könnte.

[aktualisiert: 15 Uhr] Das Virus mit dem Namen G4 besitze „alle wesentlichen Eigenschaften, um Menschen infizieren zu können“, schrieben die Forscher mehrerer chinesischer Universitäten und des chinesischen Zentrums für Krankheitsbekämpfung und -prävention in einem am Montag veröffentlichten Artikel in der US-Fachzeitschrift PNAS. G4 stamme vom H1N1-Virus ab, das 2009 eine Pandemie auslöste.

Für die Studie nahmen Forscher zwischen 2011 bis 2018 30.000 Nasenabstriche von Schweinen in Schlachthöfen in zehn chinesischen Provinzen. Dabei konnten 179 verschiedene Schweinegrippe-Viren isoliert werden konnten. Die meisten davon waren von einer neuen Art, die seit 2016 vermehrt bei Schweinen auftritt.

Keine Immunität

Anschließend führten die Forscher unter anderem Experimente an Frettchen durch, auf die in Grippestudien zurückgegriffen wird, weil sie ähnliche Symptome wie Menschen aufweisen. Dabei wurde beobachtet, dass G4 hochinfektiös ist, sich in menschlichen Zellen vermehrt und bei den Frettchen schwerwiegendere Symptome verursacht als andere Viren.

Tests zeigten auch, dass jegliche Immunität, die Menschen durch die saisonale Grippe gewinnen, keinen Schutz vor G4 bietet. Den Wissenschaftlern zufolge waren bereits 10,4 Prozent der Schweinehalter infiziert. Auch 4,4 Prozent der Bevölkerung seien dem Virus ausgesetzt gewesen, wie die Forscher durch Antikörpertests herausfanden.

Zoonotischer Krankheitserreger

Die Hauptsorge der Wissenschaftler ist, dass das Virus von Mensch zu Mensch übertragen werden kann. Es sei besorgniserregend, dass sich das Virus an den Menschen anpasse und sich damit das Risiko einer Pandemie beim Menschen erhöht.

Die Studie sei „eine Erinnerung daran, dass wir ständig dem Risiko des erneuten Auftretens zoonotischer Krankheitserreger ausgesetzt sind und dass Nutztiere, mit denen der Mensch mehr Kontakt hat als mit Wildtieren, als Quelle für wichtige Pandemieviren dienen können“, sagte James Wood, Leiter der Abteilung für Veterinärmedizin an der Universität Cambridge in Großbritannien. Eine zoonotische Infektion wird durch einen Erreger verursacht, der von einem Tier auf einen Menschen übergesprungen ist.

China reagiert

Auf die Forschungsergebnisse angesprochen sagte der chinesische Außenamtssprecher Zhao Lijian am Dienstag, China habe diese Entwicklung aufmerksam beobachtet und werde alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um eine Ausbreitung des Virus zu verhindern.

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