Panorama Die schillernden Vorlieben der Bling-Bling-Gesellschaft

«Berlin.» Es ist vor allem sein Ausraster in sozialen Medien, der Franck Ribéry Ärger eingebracht hat. Doch los ging alles mit einer teuren Delikatesse. Der Fußballer des FC Bayern München ist nicht der erste Promi, der in diese Falle tappte.

Das vergoldete Steak des französischen Fußballers Franck Ribéry ist seit Tagen ein Aufreger. Dabei hat das Überziehen von Lebensmitteln mit Gold Tradition in Europa. „Blattgold gab es schon immer in der kulinarischen Geschichte“, sagt Fernsehkoch Sebastian Lege: „Gerade die Königshäuser haben sich damit ihr Essen visuell aufwerten lassen, um bei ihrem Gefolge oder Grafen oder Königskollegen Eindruck zu schinden.“ Das Problem ist also offensichtlich weniger die vermeintliche Delikatesse – eher die Haltung dahinter. Wer so etwas im 21. Jahrhundert ordert, will sich von der Masse abheben, sagt Lege. Es ist die gefühlte Protzerei, die Ferne zum Normalbürger, die die Öffentlichkeit ihrer politischen oder sportlichen Elite übel nimmt. Dabei kann auch schon viel günstigere Feinkost zu Debatten führen. Man denke etwa an Sahra Wagenknecht. Die Vorzeige-Linke sah sich 2007 wegen eines luxuriösen Hummer-Essens in Erklärungsnot. Die Story zog Kreise, weil Wagenknecht Fotos davon löschte, ohne die Besitzerin der Kamera zu fragen. Die Anekdote von dem gediegenen Mahl in einem Straßburger Restaurant hängt ihr bis heute nach. Also Wasser gepredigt und Wein getrunken? Im Jahr 2012 geriet auch der damalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück wegen seines gehobenen Geschmacks in die Kritik. Die „Bild“-Zeitung zitierte ihn damals mit einer Antwort auf die Frage, ob nicht eine Erhöhung des Kindergeldes nötig wäre, damals mit den Worten: „Schon zehn Euro Erhöhung würden den Staat eine Milliarde kosten. Und man weiß dann auch nicht, wo das Geld hingeht.“ Ohnehin reichten diese zehn Euro nur für „zwei Schachteln Zigaretten, zweieinhalb Bier oder zwei Pinot Grigio“. Steinbrück präzisierte dann noch: „Also zwei Gläser Pinot Grigio, denn eine Flasche, die nur fünf Euro kostet, würde ich nicht kaufen.“ Nicht nur viele sparsame Weißweintrinker waren danach sauer, auch viele Winzer. Von den Kindergeld-Empfängern ganz zu schweigen. Im Jahr 2017 tappte erneut ein SPD-Spitzenkandidat für das Amt des Regierungschefs in die Delikatessen-Falle. Diesmal musste sich Martin Schulz rechtfertigen – für seine Leidenschaft für Gänsestopfleber. „Tierquälerei“ schimpfte ein SPD-Anhänger. Medien griffen die Kritik auf – und Schulz hatte prompt eine weitere Baustelle in seinem Wahlkampf. Zurück zum Fall Ribéry: Köchin Sarah Wiener hält es für unnütze Angeberei, ein Steak mit Blattgold zu verzieren. „Es ist keine Luxusküche. Es ist dekadente Schwachsinnsküche.“ Die Haute Cuisine habe mehr zu bieten. Da gehe es um Originalität, Kreativität und Geschmackskompositionen. Blattgold sei weder kreativ noch geschmacklich wertvoll, sagt sie. „Selbst kulinarisch gibt’s dafür die Note 5 von mir.“ Man könne mit Geld prinzipiell machen, was man wolle. Die Art, das so zu zelebrieren und der Welt mitzuteilen, finde sie aber „geradezu armselig“. „Wenn man betrachtet, wie viele Milliarden Menschen sich nicht einmal einen Fingerhut von diesem Steak leisten können.“ Koch-Kollege Alfons Schuhbeck nimmt Ribéry dagegen ein wenig in Schutz: „Als Koch des FC Bayern kann ich zu Franck Ribérys Essverhalten nur sagen, dass er keinerlei merkwürdige Vorlieben hat.“ Aber auch Schuhbeck kann Gold auf dem Essen nicht viel abgewinnen: „Blattgold in der Küche hat nichts mit kulinarischem Mehrwert oder gutem Geschmack, sondern nur mit schillernden Vorlieben der Bling-Bling-Gesellschaft zu tun.“ Deshalb gebe es vergoldete Tomahawk-Steaks nicht in den Sterne-Restaurants von München, Paris oder Barcelona, sondern an extravaganten Schauplätzen der Glitzerwelt: „In unseren Breitengraden wird Gold nur noch zum Überziehen oder Dekorieren von Süßigkeiten und aufgebrezelten Wurstwaren verwendet.“

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