silvester-feuerwerk Corona befeuert Böller-Debatte

Freudenfeuer: Jahreswechsel 2019/20 in Stuttgart.
Freudenfeuer: Jahreswechsel 2019/20 in Stuttgart.

Jedes Jahr wird darüber diskutiert, ob Kracher und Raketen zu Silvester verboten werden sollten – zu laut, zu viel Feinstaub, zu viel Müll. In diesem Jahr kommen im Zuge der Pandemie weitere Aspekte hinzu. Droht gar ein Verbot?

Die Corona-Zahlen sind weiter hoch und es gibt harte Einschränkungen, die privaten Kontakte sollen möglichst beschränkt werden. Der bange Blick fällt auf Weihnachten und die Frage steht im Raum, ob das Fest in diesem Jahr wie gewohnt im Kreis von Familie und Freunden gefeiert werden kann. Eine Woche später steht der nächste Problemfall aus Sicht der Infektionsvermeidung an: Silvesterpartys. Erste Forderungen kommen daher auf, dem Beispiel der Niederlande zu folgen und dem beliebten Böllern Einhalt zu gebieten.

„Das Silvesterfeuerwerk muss in diesem Jahr coronabedingt ausfallen“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, der „Bild“-Zeitung. Zum Feuerwerk gesellten sich rasch Alkohol, Personengruppen und Partystimmung – und das sei nicht angesagt. Rückendeckung erhielt Wendt vom nordrhein-westfälischen Innenminister Herbert Reul (CDU). Auch er sprach sich gegen Böller und Raketen aus. Entscheiden müssten aber die Kommunen: „Am Halloween-Wochenende war es in unseren Partyhochburgen ganz ruhig“, sagte der CDU-Politiker. „Ich wünsche mir, dass das auch Silvester wieder so sein wird.“

„Die Leute haben Frust ohne Ende“

Ein pauschales Böllerverbot hält der Deutsche Städte- und Gemeindebund allerdings für falsch. „Die Leute haben doch Frust ohne Ende. Alles wird verboten, nirgends kann man hin“, sagte der Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. „Natürlich wird das kein Silvester geben mit riesen Partys und riesen Feuerwerken.“ Für die einzelnen Haushalte sehe er aber keinen Anlass für ein Verbot.

„Entscheidend ist, ob Feuerwerk zum Pandemiegeschehen beiträgt. Das sehe ich erstmal nicht“, sagte auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Er warnte: „Man darf jetzt nicht die Pandemie als Vorwand nehmen, um all die Dinge zu verbieten, die einem schon immer nicht gefallen haben.“

Lewentz ruft zu Zurückhaltung auf

Vorsichtig äußerte sich auch der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz. „Ich verstehe durchaus den Ansatz, verstärkt für ein Verbot zu plädieren“, sagte der SPD-Politiker. „Allerdings sollte man in dieser Zeit der Pandemie und Einschränkungen nicht nur mit Verboten reagieren.“ Lewentz rief die Bürger zu Zurückhaltung und Vernunft im Umgang mit dem Silvester-Feuerwerk auf.

Einen praktischen Aspekt brachte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in die Diskussion ein: „Verbote müssen auch kontrolliert und durchgesetzt werden können. Das ist aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei in der Silvesternacht personell kaum machbar“, sagte der Vize-Chef der GdP, Jörg Radek.

Pyrotechnische Industrie warnt vor Insolvenzen

Zu Wochenbeginn hatte bereits die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ein Verbot von Silvesterfeuerwerk gefordert und davor gewarnt, dass privates Feuerwerk die Krankenhäuser in der Corona-Krise weiter belasten könnte. „Jedes Jahr werden Tausende durch Böller verletzt, darunter viele junge Menschen“, erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Derweil warnte der Verband der pyrotechnischen Industrie nachdrücklich vor einem Verbot. „Das würde für die Branche mit allergrößter Wahrscheinlichkeit die Insolvenz bedeuten, und das Feuerwerk wäre dann ein für alle Mal in Deutschland nicht mehr vorhanden“, sagte Verbandschef Thomas Schreiber.

In vielen Städten gab es in den vergangenen Jahren zu Silvester ohnehin schon Böllerverbote auf öffentlichen Plätzen. Es ist denkbar, dass diese Zonen in diesem Jahr vergrößert werden.

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