Coronavirus Antikörper-Studie: Halb Ischgl infiziert

Der Wintersportort Ischgl war einer der ersten Corona-Brennpunkte in Europa.
Der Wintersportort Ischgl war einer der ersten Corona-Brennpunkte in Europa.

Eine neue Untersuchung liefert Zündstoff zur Rolle von Ischgl in Österreich bei der Verbreitung des Coronavirus.

[aktualisiert: 15.20 Uhr] Nach Angaben der Medizinischen Universität Innsbruck haben 42,4 Prozent der in einer umfassenden Studie untersuchten Bürger Antikörper auf das Coronavirus entwickelt. Das sei der weltweit höchste bisher publizierte Wert, sagte die Direktorin des Instituts für Virologie, Dorothee von Laer, am Donnerstag. Zum Vergleich: In einem der ersten Corona-Hotspots in Deutschland, Gangelt im nordrhein-westfälischen Kreis Heinsberg, waren gut 15 Prozent der Einwohner infiziert oder hatten eine Infektion bereits hinter sich. Antikörper im Blut gelten als Nachweis für eine durchgemachte Infektion.

Ischgl mit seinen Après-Skibars gilt als Brennpunkt für die Ausbreitung des Coronavirus in Österreich und Teilen Europas. Laut österreichischen Behörden waren zeitweise 40 Prozent aller Fälle im Inland auf Ischgl zurückzuführen. Auch viele deutsche Touristen haben sich vermutlich in Ischgl angesteckt.

Dennoch keine Herden-Immunität

Auffällig sei, dass von den positiv auf Antikörper getesteten Personen zuvor nur 15 Prozent die Diagnose erhalten hatten, infiziert zu sein, sagte von Laer. „85 Prozent derjenigen, die die Infektion durchgemacht haben, haben das unbemerkt durchgemacht.“ Trotz des hohen Antikörper-Werts sei auch in Ischgl keine Herden-Immunität erreicht. Entscheidend für den Rückgang der Fälle seien die Quarantäne und die soziale Distanz gewesen, hieß es.

Eine Kommission im Bundesland Tirol soll nun das stark kritisierte Krisenmanagement unter die Lupe nehmen. Das Paznauntal mit den Orten Ischgl und Galtür wurde am 13. März unter Quarantäne gestellt. Aus Sicht von Kritikern und Betroffenen hätte dieser Schritt früher erfolgen müssen.

80 Prozent der Bevölkerung nimmt teil

Die Studie beweise, dass das Sars-CoV-2 Virus bereits im Februar in Ischgl verbreitet gewesen sein müsse, da es bei den Touristen, aber eben auch bei den Einheimischen zu einer massenhaften Ansteckung gekommen sei, erklärte Peter Kolba vom österreichischen Verbraucherschutzverein (VSV). Wäre rechtzeitig getestet worden, hätten die Behörden früher handeln müssen. „Das hätte Tausende Touristen vor einer Infektion mit teils schweren Folgen bewahrt“, so Kolba. Bei ihm haben sich mehr als 6000 Tirol-Urlauber, davon 4000 Deutsche, als Geschädigte gemeldet.

Rund 80 Prozent der Ischgler Bevölkerung nahmen an der Studie teil. 1473 Probanden waren zwischen 21. und 27. April untersucht worden.

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