Comic-Tipp 5000 Jahre China auf 800 Seiten

Alles andere als lehrbuchhaft – im positiven Sinne.
Alles andere als lehrbuchhaft – im positiven Sinne.

Wer die aufstrebende Weltmacht China verstehen will, sollte sich auch mit der Jahrtausende alten Geschichte der chinesischen Zivilisation beschäftigen. Einen unterhaltsamen und lehrreichen Einstieg bietet ein spannendes Comic-Projekt.

Wer sind denn nun die Chinesen? Wie hat sich China zum heutigen Zustand entwickelt? Diese Fragen wirft Jing Liu im Vorwort selbst auf. Bei einem Volk von mehr als einer Milliarde Menschen sind keine simplen Antworten zu erwarten. Und so fächert der Autor und Zeichner auf insgesamt etwa 800 Seiten ein breites Panorama auf. Es geht um Geografie und Wirtschaft, Kultur, Politik und Philosophie. Oder in Lius Worten: „Sowohl legendäre als auch reale Figuren, berühmte Schlachten und politische Intrigen werden dargestellt, ebenso wie Invasionen durch Nomaden, die Misere chinesischer Bauern und hin und wieder eine Liebesgeschichte.“ Stoff genug bietet die 5000-jährige Geschichte, die er mit den mythischen Urahnen beginnen lässt, dem Geschwisterpaar Fu Xi und Nüwa. Die Darstellung schließt im Jahr 1912 mit dem Ende der Qing-Dynastie und der Abdankung des letztes Kaisers. Von den Fundamenten des Riesenreiches geht es bis in die Moderne.

Der Künstler und Unternehmer Jing Liu aus Peking ist nicht direkt vom Fach. Er hat zwei Universitätsabschlüsse in Industriedesign und Ingenieurwesen sowie in internationaler Wirtschaft und Handel, führt eine eigene Firma für Werbedesign. Mit Bildgeschichten beschäftigte er sich schon länger als Hobby. 2008 nahm er dann das Projekt in Angriff, Chinas Geschichte als Comic zu erzählen, zunächst als besonderes Geschenk für seinen damals geborenen Sohn.

Eine Fülle von Material verdichtet

Optisch erinnert das europäische Leser stark an japanische Manga, doch haben auch chinesische Comics (Manhua genannt) eine lange Tradition. Kürzere Szenen wechseln sich ab mit illustrierten Tabellen, anschaulichen Karten und Grafiken – fast wie in einem Nachschlagwerk, aber im besten Sinnen nicht-lehrbuchhaft. Eine Fülle von Material hat Liu verarbeitet und verdichtet. Das ist kein einfacher Stoff, aber durch die gewählte Form leicht zugänglich und informativ aufbereitet.

„Chinas Geschichte im Comic“ ist international auch in den USA oder in Frankreich erschienen und positiv aufgenommen worden. Die Reihe gewann 2013 in den USA beim renommierten Independent Publishers Book Award eine Bronze-Medaille. Auf Deutsch veröffentlicht sie Chinabooks seit 2018, inzwischen liegt Band vier vor. Der Verlag wurde 2005 gegründet und hat seinen Hauptsitz in der Schweiz. Zunächst wurden chinesischsprachige Publikationen hauptsächlich als Lehrmittel importiert, später kamen eigene produzierte Werke in Übersetzung hinzu. Insbesondere wollen die Verleger Elisabeth Wolf und Erchen Wu – ein deutsch-chinesisches Ehepaar – die reichhaltige Comic-Kultur aus China, Taiwan und Hongkong den deutschsprachigen Lesern nahebringen.

Der Clou vieler Bücher von Chinabooks: Sie sind zweisprachig gestaltet. Nach der deutschen Übersetzung findet sich in der zweiten Hälfte das Original. So auch im Jing Lius Werk. So können all jene Bekanntschaft mit den chinesischen Schriftzeichen machen, die nach einer anregenden Lektüre noch tiefer in das Thema einsteigen wollen. Der Autor und Zeichner würde es sich wünschen.

Lesezeichen

Jing Liu: „Chinas Geschichte im Comic – China durch seine Geschichte verstehen“, vier Bände (jeweils 18 Euro), erschienen bei Chinabooks

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