Panorama Singapurs Sprachenmix Singlish

Ein Buch mit Übersetzung von Singlish ins Englische.
Ein Buch mit Übersetzung von Singlish ins Englische.

«Singapur.» Der Sprachenmix mit Englisch heißt in Deutschland: Denglisch. In Singapur nennt man das Singlish. Dort ist das Ganze aber mehr als ein lustiges Kauderwelsch. Früher war es verpönt. Heute gehört es für viele zum Nationalstolz.

Manchmal erfährt man über ein einziges Wort aus einer fremden Sprache viel über eine ganze Nation. Wer in Singapur als Ausländer „gostan“ hört, versteht zunächst einmal gar nichts. Aber wer weiß, dass der Stadtstaat in Südostasien mit seinen heute knapp sechs Millionen Bewohnern (die meisten davon mit chinesischen Wurzeln) früher einmal eine Kolonie von britischen Seefahrern war, kommt schon weit. Gostan entstand aus „to go astern“. Zu deutsch: „nach achtern gehen“ oder, für Nicht-Seeleute, „nach hinten gehen“. In Singapur sagt man heute „gostan“, wenn man den Taxifahrer zum Umkehren bringen will. Der Mix aus verschiedenen Einflüssen von Singapurs Multikulti-Gesellschaft nennt sich Singlish, ein Begriff, der sich aus Singapur und English zusammensetzt. Mit Denglisch, wie das Kauderwelsch aus Deutsch und Englisch genannt wird, hat das wenig zu tun. Singlish ist ein Mischmasch aus Singapurs vier offiziellen Sprachen Englisch, Malay, Mandarin und Tamil, in das auch noch Ausdrücke aus lokalen Dialekten wie Bengali, Hokkien oder Kantonesisch Eingang fanden. Früher hielten viele das für einen peinlichen Dialekt der kleinen Leute. Heute ist die Mehrheit stolz darauf. „Singlish ist der Kitt, der uns zusammenhält“, sagt die Journalistin Sylvia Toh Paik Choo, die fünf Bücher in und über Singlish geschrieben hat. Tatsächlich verbindet der sanfte Singsang, für den es keine geschriebenen Regeln gibt, die verschiedenen Volksgruppen miteinander. Die Schriftstellerin Gwee Li Sui – Autorin des Standardwerks „Speaking Singlish“ – sieht die Sprache ebenfalls als Ausdruck der kulturellen Identität des Tigerstaats. Der Stolz hat auch damit zu tun, dass mehrere Singlish-Begriffe inzwischen im Oxford English Dictionary stehen, der Bibel der englischen Sprache. Dort finden sich Begriffe wie „atas“ („klasse“), „shiok“ („toll“) oder „wah“ („wow“), die man allesamt mit Ausrufezeichen versehen kann. Mehr gefällig? Ein „kaypoh“ ist ein neugieriger Mensch, ein „yaya papaya“ ein Snob, ein „goondu“ ein Dummkopf und ein „blur like sotong“ jemand, der keine Ahnung hat. Wichtigstes Singlish-Wort ist ein „lah“ am Ende des Satzes, was Zustimmung bedeutet. Gern werden Wörter auch wiederholt. Ein typischer Dialog lautet: „Can help me do dis?“ „Can, can, confirm can.“ („Kannst Du mir dabei helfen?“ „Kann ich, kann, ja, kann.“) Und wer in Singapur sagt „I confirm can make it one“ ist sich sicher, dass etwas Erfolg haben wird. Aber die Reihenfolge ist wichtig: Steht ein Wort an der falschen Stelle, versteht man nichts mehr. Von Staats wegen war Singlish eine zeitlang nicht gern gesehen. Der 2015 gestorbene Staatsgründer Lee Kuan Yew hielt es für ein „Handicap“ der ungebildeten ärmeren Hälfte der Bevölkerung, das Investoren abschrecken könnte. Zwischenzeitlich gab es sogar eine Kampagne mit dem Titel „Speak Good English!“ („Redet ordentliches Englisch!“ Doch diese Zeiten sind vorbei. Inzwischen gibt es sogar Singlish-Unterricht am British Council, damit Neuankömmlingen die Eingliederung leichter fällt.

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