Wirtschaft Wie Apps die Kunden gläsern machen

Für welche Produkte sich der einzelne Kunde interessiert, können Händler genau verfolgen. Voraussetzung: der Käufer hat die ents
Für welche Produkte sich der einzelne Kunde interessiert, können Händler genau verfolgen. Voraussetzung: der Käufer hat die entsprechende App auf seinem Smartphone installiert.

«Berlin.»Das Smartphone wird für den stationären Handel immer wichtiger. Unternehmen arbeiten an Methoden, das Gerät für Werbung im Geschäft nutzbar zu machen. Meist werten die Unternehmen die Daten anonymisiert aus – doch langfristig könnten sie andere Ziele haben.

Wie wäre es mal mit neuen Kopfhörern, diese Woche extra billig? Läuft man zufällig an einer Media-Markt-Filiale vorbei, könnte es sein, dass so eine Nachricht auf dem Smartphone aufpoppt. Denn Media Markt nutzt die „Geofencing“-Methode: Befindet sich ein Smartphone in der Nähe eines Ladens, werden dem potenziellen Kunden per Push-Nachricht Angebote geschickt. Der Kunde muss allerdings die Media-Markt-App installiert und die Push-Funktion aktiviert haben.

Smartphone für den Handel immer wichtiger

Das Smartphone wird für den Handel immer wichtiger. Zum einen kaufen immer mehr Kunden über das Gerät ein: Der Anteil des Online-Umsatzes, der über mobile Endgeräte wie Tablets und Smartphones erzielt wurde, lag 2017 laut Handelsverband bei rund 40 Prozent. Im Vergleich zu 2016 war das ein Plus von 15 Prozent. Zum anderen bietet das Gerät eine Schnittstelle, die sich der stationäre Handel zunutze macht. Denn die meisten Kunden haben ihr Gerät stets dabei – und sind damit theoretisch für Werbung via Smartphone ansprechbar. Immer mehr Läden wollen dieses Potenzial nutzen, sagt Ulrich Spaan vom Handelsforschungsinstitut EHI. Dabei beschränken sie sich nicht nur auf Push-Nachrichten. So könnten Händler die Smartphone-Aktivitäten ihrer Kunden im Laden aufzeichnen. Spaan schätzt, dass etwa 20 Prozent der Einzelhändler in Deutschland derzeit mit Tracking-Methoden in ihren Läden experimentieren. Während im Online-Handel mit Analyse-Werkzeugen Verhalten und Kaufraten genau gemessen und der Shop so kontinuierlich optimiert werde, seien stationäre Händler bislang stärker auf ihr Bauchgefühl angewiesen, sagt Stephan Tromp, stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim Handelsverband Deutschland.

Tracking per W-Lan

Das wollen die Händler ändern. Eine Möglichkeit ist das Tracking per W-Lan. Dabei erfassen Sensoren im Laden die W-Lan-Seriennummer von Mobilfunkgeräten. Minodes, die zu Telefónica gehört, ist eine der Firmen, die daraus anonymisierte Bewegungsprofile für Händler errechnet, etwa für Karstadt Sports und Escada. „Mit Hilfe der Datenanalyse kann der Betreiber Kundenströme besser verstehen und Sortiment, Öffnungszeiten, Ladengestaltung, Personaleinsatz oder Marketing nach den Bedürfnissen der Kunden anpassen“, erläutert eine Sprecherin. Ziel der Händler sei aber, mit personalisierten Daten zu arbeiten, sagt Spaan – dafür müssten die Käufer jedoch einwilligen. Das könnte gerade durch Apps funktionieren, die viele Händler nun anbieten. Mit ortsspezifischen Angeboten und Coupons wollen sie Kunden locken, sich anzumelden. Unter anderem bei Edeka und Netto kann man auch per App bezahlen. Das heißt nicht unbedingt, dass die Händler persönliche Daten weitergeben – doch sie können den einzelnen Smartphones bestimmte Einkaufsverhalten zuordnen.

Kunden können genauer verfolgt werden

Inzwischen sei man technisch in der Lage, genauer zu verfolgen, wie sich ein Kunde verhält, sagt Spaan. Etwa durch Beacons: kleine Bluetooth-Sender, die an den Wänden der Läden montiert, oder unsichtbar in die Beleuchtung oder elektronische Preisschilder integriert sein können. „Technologien wie Beacons, die über eine App direkt mit dem Kunden kommunizieren, können durch die Kombination von Informationen über Bedürfnisse und Interessen mit der Position des Kunden im Geschäft passgenaue Angebote, Nachrichten und Empfehlungen unterbreiten“, sagt Tromp vom Handelsverband. Hit Sütterlin in Aachen arbeitet zum Beispiel damit. Eine andere Möglichkeit nutzt ein Laden von Edeka Paschmann in Düsseldorf: Philips hat dort ein LED-Beleuchtungssystem installiert, mit dem das Kundenverhalten analysiert wird. Die LED-Lichter senden Signale an die Smartphone-Kameras, die wiederum ihre Position übermitteln – sofern der Kunde die App geöffnet hat. Kunden werden über ein App-Navigationssystem schneller zu Produkten geführt, die sie suchen. Und Edeka erhält Informationen über die Wege, die die Kunden zurücklegen. Das sei nichts anderes als das, was im Onlinehandel längst passiere, sagt Spaan. Doch im öffentlichen Raum verhielten sich die Verbraucher mit Blick auf Datenschutz oft sensibler als im Netz. Daniel Arp vom Institut für Systemsicherheit an der Technischen Universität Braunschweig rät, sich sehr genau zu überlegen, welche Daten man welchem Unternehmen anvertraut. „Sobald persönliche Daten erst einmal im Umlauf sind, ist es schwer, wieder die Kontrolle über sie zu bekommen und potenziell steigt die Gefahr, dass die Daten missbraucht werden.“

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