Wirtschaft Thyssen und Tata auf Fusionskurs

Das neue Gemeinschaftsunternehmen mit rund 48.000 Mitarbeitern soll Thyssen-Krupp Tata Steel heißen und auf einen Jahresumsatz v
Das neue Gemeinschaftsunternehmen mit rund 48.000 Mitarbeitern soll Thyssen-Krupp Tata Steel heißen und auf einen Jahresumsatz von 15 Milliarden Euro kommen. Das Foto zeigt die Konzernzentrale von Thyssen-Krupp in Essen.

«Essen». Thyssen-Krupp und Tata Steel bündeln ihre Kräfte und schmieden den zweitgrößten Stahlkonzern Europas. Nach anderthalb Jahren zäher Verhandlungen steht nun die Grundsatzvereinbarung, wie beide Unternehmen gestern mitteilten.

Thyssen-Chef Heinrich Hiesinger sieht darin auch eine Flucht nach vorne, wie er gestern in Essen deutlich machte: „Wir wollen vermeiden, dass sich die Stahlmannschaft zu Tode restrukturiert.“ Die hiesige Branche ächzt seit Jahren unter Überkapazitäten und Billigimporten aus China. Das neue Gemeinschaftsunternehmen mit rund 48.000 Mitarbeitern soll nun die Schlagkraft erhöhen. Allerdings sind die Arbeitnehmervertreter noch nicht mit im Boot. Sie fürchten um Jobs und Mitbestimmungsrechte. Es geht um den Abbau von bis zu 4000 Stellen. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) warnte das Management davor, die Fusion um jeden Preis durchzuziehen. An der Börse kamen die Pläne gut an. Die Aktien von Thyssen-Krupp schossen zeitweise um mehr als 4 Prozent in die Höhe und waren größter Gewinner im Deutschen Aktienindex (Dax). „Aus Investorensicht ist die Stahlfusion mit Tata ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zum Technologiekonzern“, hieß es beim Großaktionär Union Investment. Der Konzern will sich künftig auf die Herstellung von Aufzügen, Autoteilen, Anlagen oder U-Booten fokussieren. Thyssen-Krupp-Chef Hiesinger sagte, ohne die Fusion mit Tata könnte die konjunkturanfällige Stahlsparte nur durch immer neue Sparrunden über Wasser gehalten werden. Nun würde in Europa eine starke Nummer Zwei hinter Arcelor-Mittal entstehen. Die Geschäfte ergänzen sich nach seinen Worten gut: Thyssen-Krupp ist stärker in der Automobilbranche, Tata bei anderen Industriekunden. Das neue Unternehmen mit dem Namen Thyssen-Krupp Tata Steel kommt auf einen kombinierten Jahresumsatz von 15 Milliarden Euro. Beide Konzerne wollen an dem angepeilten Gemeinschaftsunternehmen je 50 Prozent halten. Der Konzernsitz soll in den Niederlanden sein. Letzteres lässt in der Belegschaft und in der Politik die Alarmglocken schrillen. Denn von den mehr als 300.000 Menschen, die in der europäischen Stahlbranche arbeiten, sind gut 80.000 in Deutschland beschäftigt, rund 27.000 bei Thyssen-Krupp. Nahles sagte, die Mitbestimmung könne langfristig nur gesichert werden, wenn der Unternehmenssitz in Deutschland liege. Die hiesigen Standorte müssten erhalten und betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden. „Einen Zusammenschluss um jeden Preis darf es nicht geben“, sagte die Ministerin. Auch Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) warnte das Thyssen-Management. Ein solcher Schritt brauche die Akzeptanz der Beschäftigten, die aber noch nicht überzeugt seien, sagte sie. „Gegen die Arbeitnehmer ist keine tragfähige Lösung denkbar.“ Die IG Metall treibt auch um, dass Hiesinger offen ließ, wie lange Thyssen seine 50 Prozent an dem Gemeinschaftsunternehmen behalten wird. Sie fürchten, dass Thyssen seine Wurzeln irgendwann komplett aufgibt. „Wir wollen Sicherheit mit Blick auf die Risiken. Wir fordern Garantien für die Beschäftigten“, sagte der IG-Metall-Vertreter im Aufsichtsrat von Thyssen-Krupp Steel Europe, Detlef Wetzel. „Wenn das nicht passiert, dann wird das nichts.“ Hiesinger sei am Ende des Fusionsprozesses auf die Zustimmung des Aufsichtsrats angewiesen. Offiziell angekündigt wurde bereits, dass in der Verwaltung bis zu 2000 Stellen wegfallen könnten und in der Produktion ebenso viele. Die Lasten sollen zwischen den Unternehmen in etwa geteilt werden. Die Verhandlungen wollen Thyssen und Tata bis Anfang nächsten Jahres abschließen. Die Fusion soll bis Ende 2018 über die Bühne gehen, vorbehaltlich der Zustimmung der Kartellbehörden. Aktienchart: Thyssen

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