Wirtschaft Kontroverse um Klimaeffekte des Diesels

Diesel-Pkw haben oft einen hohen Stickoxid-Ausstoß; die CO2-Emissionen sind dagegen vergleichsweise niedrig.
Diesel-Pkw haben oft einen hohen Stickoxid-Ausstoß; die CO2-Emissionen sind dagegen vergleichsweise niedrig.

«Berlin/Frankfurt.» Neu zugelassene Dieselautos produzieren nach Daten der Bundesregierung im Durchschnitt nicht weniger klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) als Benziner.

Das geht aus einer Antwort des Verkehrsministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor, berichten die Zeitungen der Funke Mediengruppe. Demnach kamen aus dem Auspuff der 2016 in Deutschland zugelassenen Dieselautos durchschnittlich 128 Gramm Kohlendioxid (CO2) pro Kilometer, bei neuen Benzinern waren es 129 Gramm. Ein Grund für die fast identischen Kohlendioxid-Werte seien die höhere Leistung und das größere Gewicht der Diesel-Fahrzeuge. Dem Verkehrsministerium zufolge ist der durchschnittliche Dieselneuwagen rund 27 PS stärker und 400 Kilo schwerer als der durchschnittliche Neuwagen mit Benzinmotor. Das gilt demnach sowohl für das Jahr 2016 als auch mit leichten Abweichungen für die Jahre zuvor. Die Daten des Ministeriums basieren auf der Zulassungsstatistik des Kraftfahrtbundesamtes. „Dass der Diesel zum Klimaschutz beiträgt, ist ein Märchen“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Stephan Kühn, den Zeitungen. Auf ihn ging die Anfrage zurück. Der Diesel verspiele seinen „theoretischen Klimavorteil“, weil er oft in „schweren, hochmotorisierten Autos verbaut“ werde. Echten Klimaschutz gebe es nur mit abgasfreien Elektroautos, die mit Ökostrom geladen würden, sagte Kühn. Die deutsche Autoindustrie will gemeinsam mit der Industriegewerkschaft (IG) Metall eine schnelle Abkehr von Diesel- und Benzinmotoren verhindern. Die Branche brauche Verbrennungsmotoren noch länger als Brückentechnologie auf dem Weg zu emissionsfreien Elektroautos, betonten VDA-Präsident Matthias Wissmann und IG-Metall-Chef Jörg Hofmann am Rande der Automesse IAA in Frankfurt. „Wir sind gefordert, dieser Negativdebatte über den Verbrenner offensiv entgegenzutreten“, sagte Hofmann. Wissmann kündigte gemeinsamen „massiven Widerstand“ an gegen „jeden, der mit der Dachlatte des Verbots operieren will“. Auch Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) sprach sich bei der gemeinsamen Konferenz des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) und der IG Metall gegen ein Verbot von Verbrennungsmotoren und gegen Diesel-Fahrverbote aus. VDA und IG Metall ziehen auch an einem Strang bei der Verteidigung des Dieselmotors gegen dessen schlechtes Image als Luftverpester, der seit dem VW-Abgasskandal und der Diskussion über Fahrverbote in Großstädten in Verruf gekommen ist. Auch in der Belegschaft der Autobauer selbst wachse schon die Skepsis. „Kollegen werden beschimpft, dass sie in einer Schmuddelbranche arbeiten“, sagte Daimler-Betriebsratschef Michael Brecht. Es sei deshalb nicht nur ein Kampf um die Köpfe mit nüchternen Fakten, sondern auch um die Herzen nötig. Kommentar

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