Wirtschaft Klagen gegen VW und Audi mit guten Erfolgschancen

«Ingolstadt». Die Rechtsprechung bei Klagen wegen abgasmanipulierter Autos ist nicht einheitlich. Aber es gibt Tendenzen.

Hat die Inhaftierung des beurlaubten Audi-Chefs Rupert Stadler die Chance auf erfolgreiche Verbraucherklagen erhöht?

Das behaupten einige Rechtsanwälte. Andere Kanzleien widersprechen. Stadler ist weder verurteilt, noch ist gegen ihn überhaupt schon Klage erhoben worden. Eine Vermutung, und sei es die von Staatsanwälten, führt bei Schadenersatzklagen von VW-Dieselfahrern aber nicht zur Besserstellung, betont der Trierer Rechtsanwalt Dirk Sinnig. Auch Verbraucherschützer sehen in Stadlers Inhaftierung allenfalls ein hilfreiches Indiz. Und wie stehen vor Gericht überhaupt die Chancen auf Erfolg? Diese würden in letzter Zeit immer besser, sagen Verbraucheranwälte und -schützer sowie der ADAC. Letzterer hat 532 Klagen ausgewertet und ist dabei auf ein Erfolgsverhältnis von vier zu eins zugunsten von Verbrauchern gekommen. Rechtsanwälte und Verbraucherschützer bestätigen das. Der Trend gehe mittlerweile stabil in Richtung Verbraucher. Experten empfehlen eine Klage dennoch nur mit Rechtsschutzversicherung, denn sicher auf einen Sieg vor Gericht verlassen kann man sich nicht. Die Police muss dafür zum Zeitpunkt des Autokaufs abgeschlossen gewesen sein. Bundesweit sind Zehntausende Klagen gegen VW oder Händler anhängig. Es könne aber auch schon die Marke von 100.000 überschritten sein, schätzen Experten. Wie sehen solche Urteile dann konkret aus? Im günstigsten Fall können betroffene Diesel-Fahrer ihren Wagen zum Kaufpreis zurückgeben, bisweilen abzüglich eines Nutzungsentgelts für gefahrene Kilometer. Eher schlechter sind die Chancen für den, der seinen abgasmanipulierten Diesel gegen einen Neuwagen des selben Herstellers eintauschen will. Am weitesten ist die Rechtsprechung bei VW-Dieseln. Klagen gegen Audi-Modelle sind bestenfalls in der ersten Instanz. Was ist mit einem Diesel, der bereits ein Software-Update hinter sich hat? Da sind die Erfolgschancen deutlich geringer, weil mit dem Update der Mangel behoben und zugleich die alte Schummelsoftware als Beweis vernichtet ist, sagen Experten. Wer sich einem amtlich verordneten Update verweigert, läuft allerdings Gefahr, dass sein Wagen stillgelegt wird. Gibt es so etwas wie ein Grundsatzurteil? Das ist umstritten. Die Kanzlei Lehnen & Sinnig sieht ein solches im jüngsten Spruch des Oberlandgerichts (OLG) Köln mit dem Aktenzeichen 27 U 13/17. Das sei das erste und bislang einzige OLG-Urteil in Sachen Abgasmanipulation und deshalb ein Dammbruch zugunsten von Verbrauchern. Künftig würden sich niedrigere Instanzen wie Landgerichte aber auch andere OLG daran orientieren. Urteile noch höherer Instanzen wie des Bundesgerichtshofs oder gar des Europäischen Gerichtshofs hat VW bislang erfolgreich verhindert. Verbraucherschützer bestätigen den Wert des Kölner Urteils grundsätzlich, sehen dort aber einen Mangel. Und der wäre? Dort hat der Besitzer eines VW zwar gegenüber einem VW-Händler die Rückgabe es Wagens zum Kaufpreis von 22.000 Euro erstritten. Abgezogen wurde aber ein Nutzungsentgelt von 8 Cent je gefahrenen Kilometer. Auf Landgerichtsebene gibt es auch Urteile zugunsten von Verbrauchern über den vollen Kaufpreis ohne Abzug, betont die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

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