Wirtschaft Kaffeebecher: Wiederverwenden statt wegschmeißen

Kaffee „to go“ schenkt Chefin Alfi Hirsch (Bild) in der Bäckerei Hirsch in Ingenheim bei Landau auch im Mehrwegbecher der bundes
Kaffee »to go« schenkt Chefin Alfi Hirsch (Bild) in der Bäckerei Hirsch in Ingenheim bei Landau auch im Mehrwegbecher der bundesweiten Initiative Recup aus.

«Ludwigshafen». Der Kaffee für unterwegs ist beliebt – rund 3 Milliarden Becher trinken die Deutschen jährlich „to go“. Für die Umwelt sind die Einweg-Pappbecher ein Problem. Einige Bäcker und Kioske schenken Kaffee deshalb auch in mitgebrachte Mehrwegbecher ein – das ist umstritten und läuft in der Pfalz nur schleppend.

162 Liter. So viel Kaffee trinkt der Durchschnittsdeutsche pro Jahr, hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) errechnet. Rund zweieinhalb Liter konsumiert er davon unterwegs – vom Kiosk oder Bäcker „to go“. Serviert wird das Heißgetränk in Einwegbechern aus Pappe oder Plastik. Bundesweit rund drei Milliarden Stück pro Jahr.

40.000 Tonnen Müll durch Becher

Das Problem: Die Umweltbilanz der allermeisten Mitnahme-Kaffeebecher ist schlecht. „Ein 300 Milliliter-Standard-Pappbecher besteht zu 95 Prozent aus neuwertigen Papierfasern und zu 5 Prozent aus Polyethylen“, sagt Thomas Fischer, Leiter der Abteilung Kreislaufwirtschaft der DUH. Die meisten landeten in öffentlichen Mülleimern, also im Restmüll, der später verbrannt werde. „Pappbecher aus Recyclingmaterial gibt es faktisch nicht“, so Fischer, weil die Papierfasern im Recyclingprozess für neue Becher unbrauchbar würden. Denn chemische Prozesse verkürzten die Fasern, für einen Becher aber seien lange notwendig. Jährlich entstehen durch weggeworfene Becher laut DUH rund 40.000 Tonnen Müll allein in Deutschland.

"Absolut klimaschädlich"

Schon bei der Produktion schlagen die Papp-Einwegbecher negativ zu Buche: Eineinhalb Milliarden Liter Wasser seien für deren Herstellung im Jahr 2015 nötig gewesen, so die DUH. Hinzu kamen Papierfasern von 43.000 gefällten Bäumen und knapp 11.000 Tonnen Kunststoff, der für die Innenbeschichtung, die Plastikdeckel und Rührstäbchen verwendet wurde. Am Ende eines Jahres stünden so 83.000 Tonnen CO2-Emissionen. „Dieser hohe Energieverbrauch ist absolut klimaschädlich“, stellt Fischer fest. Aber auch Mehrwegbecher stehen in der Kritik. Der Deutsche Kaffeeverband befürchtet Hygieneprobleme in Betrieben, die das Heißgetränk in mitgebrachte Becher einschenken – weil bakteriell verunreinigte Becher die Kaffeemaschinen belasten könnten. Grundsätzlich lehne der Verband den Einsatz von Mehrwegbechern zwar nicht ab, heißt es in einer Stellungnahme von Geschäftsführer Holger Preibisch. Solange diese Problematik aber nicht gelöst sei, sei die pauschale Forderung nach einer Abschaffung der Einwegbecher „reine Polemik“.

Alternativen in Berlin, Freiburg, Rosenheim und Hamburg

Alternativen zum Einwegbecher gibt es bereits: In Berlin, Freiburg, Rosenheim und Hamburg beispielsweise hat man Mehrwegsysteme eingeführt. Bei McDonalds, Starbucks, Tchibo und der Tankstellenkette Aral bekommt man Rabatt, wenn man den eigenen Becher befüllen lässt – zwischen 10 und 30 Cent pro Becher. Wie berichtet, gibt es seit April auch bei der Deutschen Bahn ein solches Angebot. Initiativen wie „Cup for Cup“ oder „Just swap it“ arbeiten ebenfalls daran, den Mehrwegbecher salonfähig zu machen – auch in der Pfalz. Für die Bäckerei Schaefer aus Illingen, die auch in Zweibrücken eine Filiale betreibt, ist dieser Plan nicht recht aufgegangen. Der mittelständische Familienbetrieb wollte sich mit der Teilnahme an der Aktion „Coffee to go again“ vom Markt abheben und etwas für die Umwelt tun, berichtet Verwaltungsleiterin Susanne Sticher. „Vier Wochen lang haben wir kostenlose Mehrwegbecher an unsere Kunden verteilt.“ Aber die Mehrwegbecher liefen nur so lange gut, wie sie kostenlos waren. Mittlerweile seien viele Kunden in den zwölf Filialen wieder zu den Einwegbechern zurückgekehrt. „Das ist schade“, sagt Sticher.

Positivbeispiele in der Pfalz

Ein weiteres Problem: Viele Mehrwegsysteme verfügen über kein ausreichend ausgebautes Netz an Abhol- und Rückbringstationen. In der Bäckerei Hirsch in Billigheim-Ingenheim, Kreis Südliche Weinstraße, können sich Kunden ihren Kaffee zum Mitnehmen in einen Mehrweg-Becher füllen lassen. Seit Mai ist die Backstube Mitglied der Initiative Recup. „Gegen einen Pfandbetrag von 1 Euro bekommt man bei uns einen Mehrwegbecher – plus 10 Cent Rabatt auf das Heißgetränk“, erläutert Chefin Alfi Hirsch. „Später bringt man ihn zurück, und wir reinigen den Becher, bevor er wieder ausgegeben wird.“ Nur der Kunststoffdeckel werde nach jedem Gebrauch ausgetauscht, so Hirsch. „Momentan machen davon aber nur etwa 20 Kunden Gebrauch“, sagt sie. Das liege daran, dass das Recup-Netz noch sehr löchrig ist – die Bäckerei ist in der Pfalz der bisher einzige Teilnehmer an der Initiative. Hirsch: „Die Kunden haben Angst, dass sie den Becher anderswo nicht abgeben können.“ Auch DUH-Experte Fischer sieht eine große Hemmschwelle für Mehrweg-Kaffeebecher. „Deshalb brauchen wir mehr verbraucherfreundliche Mehrweg-Systeme“, sagt er. Er ist, trotz der Hygienebedenken, auf die die DUH mit Richtlinien für Kioske und Bäcker reagiert hat, überzeugt: „Mehrwegsysteme lohnen sich sehr schnell. Und sie können die Umwelt erheblich entlasten.“

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