Wirtschaft Drucker-Pionier aus Franken

Das frühere KBA-Werk Frankenthal feierte 2011 das 150-jährige Bestehen. Heute gibt es dort zwei Gesellschaften, die zum Konzern
Das frühere KBA-Werk Frankenthal feierte 2011 das 150-jährige Bestehen. Heute gibt es dort zwei Gesellschaften, die zum Konzern gehören

Würzburg/Frankenthal. Die Würzburger Koenig & Bauer AG (KBA) ist der älteste Druckmaschinenhersteller der Welt. 200 Jahre alt wird der Konzern in dieser Woche. Eng verknüpft ist die Geschichte des fränkischen Unternehmens mit dem pfälzischen Frankenthal.

Etwas mehr als 360 Jahre nachdem Johannes Gutenberg den Buchdruck erfunden hat, entwickelt der gebürtige Thüringer Friedrich Koenig eine Maschine, die die Drucktechnik auf eine neue Stufe hebt. Statt zwei ebene Flächen zu nutzen, setzt Koenig schnell drehende Zylinder für den Druck ein. Seine erste praxistaugliche Schnellpresse liefert er nach England. Die Londoner Times druckt ihre Zeitungsexemplare fortan mit der Maschinenbau-Innovation aus Deutschland. Drei Jahre später gründen Koenig und sein Kompagnon Andreas Bauer im fränkischen Kloster Oberzell in der Nähe von Würzburg die Schnellpressenfabrik Koenig & Bauer. Als 14-jähriger tritt Andreas Albert, in Zell am Main geboren, ins Unternehmen ein. Zehn Jahre später in der Position des Werkmeisters, verlässt Albert Würzburg und wechselt zu einem Vorläufer des späteren Druckmaschinenproduzenten MAN in Augsburg. Als Monteur kommt Albert 1856 nach Frankenthal und lernt dort den Guss- und Dampfmaschinenproduzenten Andreas Hamm kennen. Am 18. August 1861 gründen sie die Maschinenfabrik Albert & Hamm, die in den Anfangsjahren 20 Mitarbeiter beschäftigt. Für Frankenthal ist dies von großer Bedeutung. Wird die Stadt doch zum Sitz eines Unternehmens, das später den Titel Weltmarktführer in der Sparte Tiefdruckmaschinen tragen sollte. Und mehr noch. Aus der Frankenthaler Fabrik geht auch der heutige Branchenprimus, die Heidelberger Druckmaschinen AG, hervor. Der gebürtige Franke Albert wird in der Pfalz sesshaft, engagiert sich politisch als Ratsmitglied aber auch gesellschaftlich. Auf seine Initiative wird der Gewerbeverein gegründet. Das Unternehmen floriert. Schnellpresse Nummer 100 erhält im Jahr 1868 der Leipziger Reclam-Verlag. Drei Jahre später jedoch trennen sich Hamm und Albert. Aus den einstigen Partnern werden erbitterte Wettbewerber. 1873 entsteht die Albert & Cie OHG an einem anderen Standort in Frankenthal. Das Unternehmen wächst rasch. Um 1900 zählt es 1200 Mitarbeiter. 1894 stirbt Hamm, sein Sohn verkauft das Unternehmen an den Heidelberger Fabrikanten Müller: daraus entwickelt sich die Heidelberger Druckmaschinen AG. Nach dem Zweiten Weltkrieg stellt die französische Besatzungsmacht die Albert AG unter Treuhandverwaltung, das Land Rheinland-Pfalz erhält 1952 die Aktienmehrheit. Das Wirtschaftswunder in Deutschland verhilft auch der Albert AG zur Blüte. 1961 kommt ein Werk in Kusel hinzu, 1965 eines in Berlin. Ein Jahr später erreicht das Unternehmen bei der Beschäftigung den Spitzenwert: Die Albert AG, die ab 1971 als Albert Frankenthal AG firmiert, zählt 2358 Mitarbeiter. Ab dem Jahr 1978 verkauft das Land schrittweise Anteile an die Würzburger. Auf der führenden Branchenmesse Drupa in Düsseldorf treten die Frankenthaler und die Franken 1990 als Unternehmensgruppe Koenig & Bauer-Albert – kurz KBA – auf. Im gleichen Jahr wird die Albert-Frankenthal AG eine 100-prozentige Tochter von Koenig & Bauer. Fünf Jahre später verschmelzen beide zur Koenig & Bauer-Albert AG. Im Jahr 1998 verschmilzt die KBA-Planeta AG aus Radebeul – der Albert-Ingenieur Joseph Hauss hatte 1898 diese als Dresdner Schnellpressenfabrik gegründet - und die Muttergesellschaft Koenig & Bauer-Albert zur Koenig & Bauer AG. Der Name Albert verschwindet aus der Firmenbezeichnung. Nach einigen Boomjahren kommt ab 2002 der Abschwung. Das Werk in Kusel wird Ende 2003 geschlossen, ein Jahr später der Standort in Berlin. 2007 wird das einstige Aushängeschild, das Tiefdruckgeschäft, verkauft. Die Wirtschaftskrise, Überkapazitäten am Markt und eine deutlich gesunkene Nachfrage nach Druckmaschinen machen allen Druckmaschinenbauern, so auch KBA und damit dem Frankenthaler Standort zu schaffen. Mehrere Krisenprogramme werden gestartet. Die Belegschaft schrumpft – begleitet von vielen Protesten und Streiks – auf 650 Mitarbeiter im Jahr 2011. In jenem Jahr werden zwei neue Gesellschaften in Frankenthal gegründet: der Walzenhersteller Albert-Frankenthal GmbH und die KBA-FT-Engineering GmbH. Beide sollen dem Mutterkonzern zuliefern, aber auch Aufträge von Dritten einwerben. Doch für die Frankenthaler läuft es anfangs nicht wie erhofft. Die Stellenzahl schrumpft weiter. Heute zählt Albert-Frankenthal noch 80 Mitarbeiter und 22 Auszubildende. Bei der KBA-FT Engineering GmbH, die Service für Tiefdruckanlagen anbietet sowie Falz- und Heftapparate konstruiert und wartet, sind es 43 Mitarbeiter. Die Geschäftsführer beider Gesellschaften rechnen für dieses Jahr mit einer schwarzen Null und blicken optimistisch in die Zukunft

Zum KBA-Portfolio gehören heute auch Digitaldruckmaschinen.
Zum KBA-Portfolio gehören heute auch Digitaldruckmaschinen.
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