Wirtschaft Bahn zahlt bei Stuttgart 21 drauf

Das umstrittene Tiefbahnhofsprojekt Stuttgart 21 ist für die Deutsche Bahn (DB) krass unwirtschaftlich. Inzwischen erwartet die DB bei dem Projekt einen Verlust von 2,228 Milliarden Euro. Das zeigt ein internes DB-Papier vom 18. April 2018.

Die achtseitige Analyse wurde für DB-Chef Richard Lutz und Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla erstellt und ist mit „DB vertraulich“ gekennzeichnet. Demnach rechnet die DB-Spitze damit, dass der DB -Konzern nach jetzigem Stand 4,034 Milliarden Euro Eigenmittel für den Umbau des Bahnknotens am Neckar aufbringen muss. Das ist mehr als viermal so viel wie einst geplant. Im Vergleich zu den hohen Belastungen sind die wirtschaftlichen Vorteile weit geringer. Die „Projekt-Effekte“ werden auf lediglich 656 Millionen Euro beziffert. Zudem rechnet die DB mit nicht näher beschriebenen „Immobilien-Effekten“ von 1,15 Milliarden Euro. Es verbleibt eine riesige, mit roter Farbe markierte Lücke von 2,228 Milliarden Euro. Die neue DB-Spitze hat im Verkehrsausschuss des Bundestages erstmals die Unwirtschaftlichkeit von Stuttgart 21 offen eingestanden. In der nicht öffentlichen Anhörung in Berlin bekamen die Mitglieder des Verkehrsausschusses von DB-Chef Lutz und DB-Infrastrukturchef Pofalla (früher Kanzleramtschef) das vertrauliche DB-Papier zur Kenntnis. Nach Angaben von Teilnehmern soll Lutz dabei betont haben, dass die Belastungen vor Baubeginn noch nicht bekannt gewesen seien. 2009 habe man das nicht gewusst, denn „so hätten wir das Projekt nicht gemacht“, wird Lutz zitiert. Die Belastungen für die DB könnten sich noch vergrößern, falls Stuttgart 21 wegen der Bau- und Genehmigungsrisiken noch teurer oder noch später fertig wird. Alles in allem werden inzwischen 8,2 Milliarden Euro für das Tunnelprojekt veranschlagt, das erst Ende 2025 in Betrieb gehen soll. Hinzu kommen knapp 3,7 Milliarden Euro für die zugehörige ICE-Neubaustrecke von Wendlingen nach Ulm. Der DB-Aufsichtsrat, in dem mehrere Vertreter der Bundesregierung sitzen, hat trotz der mehrfachen Kostensteigerungen und Terminverzögerungen die Fortführung des Projekts immer befürwortet, zuletzt auf seiner Sitzung im Januar. Schon als 2013 eine weitere Kostenexplosion bekannt wurde, begründeten DB und Bundesregierung den Weiterbau damit, dass ein Ausstieg noch unvorteilhafter wäre. Damals wurden die Ausstiegskosten auf 2 Milliarden Euro beziffert. Im aktuellen Papier nennt die DB-Spitze nun sogar eine Summe von 7,02 Milliarden Euro. Hinzu kämen noch verlorene Eigenmittel von 665 Millionen Euro. Der Anstieg wird vor allem mit der Rückzahlung von Baukostenzuschüssen sowie Strafzinsen von zusammen fast 3,6 Milliarden Euro begründet, die den Konzern bei einem Projektabbruch belasten könnten.

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