Wirtschaft Lebensmittelkontrolle in der eigenen Küche

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Kaiserslautern. Smarte Technik ist auf dem Vormarsch, auch in den heimischen vier Wänden. Produkte, die Kühlschrank, Heizung und Rollladen miteinander vernetzen, gibt es längst. Forscher der Technischen Universität Kaiserslautern haben jetzt ein smartes Besteck entwickelt. Das soll helfen, beim Kochen die Qualität von Lebensmitteln zu untersuchen.

Weinrot ist die Testküche, in der Andreas König, Professor für integrierte Sensorsysteme, seine neueste Entwicklung vorstellt. „Lab-on-Spoon“ hat er sie genannt – also eine Art Labor auf einem Löffel. Dabei beschränkt sich seine Technologie gar nicht mehr auf einen Löffel, auch der Prototyp einer smarten Gabel ist vor Kurzem frisch aus dem 3-D-Drucker gekommen. Das Prinzip hinter beiden „elektronischen Zungen“: Sensoren bestimmen die Temperatur und die Farbe der Lebensmittel, mit denen Löffel oder Gabel in Berührung kommen. Feine Goldkontakte messen zusätzlich das Impedanzspektrum der Stoffe, eine Art Fingerabdruck der Lebensmittel. Mit dem Löffel können Flüssigkeiten wie Essig oder Öl untersucht werden, mit der Gabel beispielsweise Pulver wie Salz und Zucker, aber auch feste Lebensmittel wie Fleisch und Fisch. Beide Applikatoren können auch unabhängig voneinander verwendet werden. Sie sind per Funk mit einem Rechner verbunden, der die intelligente Auswertung übernimmt. Das passiert mit Hilfe eines elektronischen Kochbuchs – noch hat das nur wenige Rezepte wie etwa Tomatensoße oder Kartoffelbrot im Angebot. In der Zutatenliste des Kochbuchs ist die „ideale“ Zusammensetzung von 40 Lebensmitteln hinterlegt. Diese Datenbank soll bald ausgebaut werden. Die Stoffe, die das Besteck untersucht, werden mit diesen hinterlegten Daten abgeglichen. Bisher bekommt der Koch nur angezeigt, ob eine verwendete Zutat mit dem hinterlegten Muster übereinstimmt oder nicht. Unterscheidet sie sich, kann das beispielsweise daraufhin deuten, dass das Lebensmittel mit minderwertigen Beimischungen verunreinigt ist. Ziel ist es aber laut König, dass bald auch analysiert wird, was genau an dem Stoff nicht stimmt, wenn er sich von dem Muster unterscheidet. In einem Jahr schon, so hofft König, könne das Besteck auf dem Markt sein – für 50 bis 100 Euro je Stück. Potenzial sieht er vor allem im asiatischen Raum, denn da spielten Lebensmittelfälschungen eine viel größere Rolle als hier. „In Deutschland ist die Lebensmittelkontrolle relativ streng“, sagt König. Er betont, dass das Besteck für Privatleute gedacht sei: „Großküchen haben ja ganz andere Möglichkeiten, ihre Zutaten zu überprüfen.“ Auch für Menschen, die beispielsweise nach einem Unfall nicht mehr richtig schmecken können, sei das Besteck interessant. Löffel und Gabel auf den Markt zu bringen, ist aber nicht sein einziges Ziel. Gleichzeitig soll das Besteck weiterentwickelt werden. Zusätzliche Sensoren sollen weitere Eigenschaften von Lebensmitteln überprüfen, beispielsweise den pH-Wert oder die Viskosität (Zähflüssigkeit). Auf dem Gehäuse sollen Solarzellen angebracht werden, zurzeit funktioniert das Besteck noch mit Akkubetrieb. „Wir wollen aber preiswert bleiben“, schränkt König ein. Auch eine Weiterentwicklung des Prinzips hin zu smarten Gewürzstreuern, Fritteusen und ähnlichem, die sich alle mit demselben System „unterhalten“, kann sich der Forscher vorstellen. „Elektronische Verkostung“ nennt er seine Vision. Er und sein Team vom Institut für Integrierte Sensorsysteme haben die Produkte bereits vergangenen Monat auf der Cebit vorgestellt. Die Resonanz sei vielversprechend. Zwar sei ein Besteckhersteller, der Interesse an der Vermarktung angemeldet habe, wieder abgesprungen. Sensoren-Hersteller seien aber interessiert. Und wenn sich kein Vermarktungspartner findet, kann sich König auch unkonventionellere Wege der Finanzierung wie Crowdfunding vorstellen. Die Idee für das Besteck resultiert eigentlich aus Königs Wunsch, Kochvorgänge wiederholbar zu machen, wie er erzählt: „Intelligente Systeme sind seit zwei Jahrzehnten die Triebfeder meiner Arbeit. Und ich koche sehr gerne. Da lag es nah, beides zu kombinieren.“ Schnell kam er zu seinem jetzigen Ziel, Lebensmittelfälschungen erkennbar zu machen. 2011 fingen König und seine fünf Mitarbeiter mit der Entwicklung des Löffels an. Die Kosten hierfür seien aus Lehrstuhl- und Sponsoring-Mitteln finanziert worden.

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