Politik Leitartikel: Unsinn von Impfgegnern

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Masern-Schutzimpfung

Impfungen sind keine Privatsache, sondern eine Frage des Gemeinwohls.

Wer im Internet auf den Seiten der Impfgegner unterwegs ist, kann den Eindruck gewinnen, dass Impfungen Teufelszeug sind, dass sie unweigerlich krank machen. Impfschäden heißt das Schlagwort, das viele Eltern zweifeln lässt, ob es ihrem Kind gut tut, wenn der Arzt die Spritze ansetzt. Impfschäden gibt es, keine Frage, und jeder einzelne Fall ist für die Betroffenen schlimm. Doch das Risiko ist äußerst gering. Nehmen wir die Masern, die derzeit wieder Schlagzeilen machen – auch in der Pfalz sind zuletzt etliche Infektionen nachgewiesen worden. Das Risiko, nach einer Masernerkrankung eine Gehirnentzündung zu bekommen, ist etwa zehntausendfach höher als nach einer Masernimpfung. Masern können tödlich enden, sie können schwere Folgeerkrankungen nach sich ziehen. Sie sind keine harmlose Kinderkrankheit. Das ist vielen Menschen nicht bewusst, weil es gelungen ist, die Masern einzudämmen – eben durch Impfungen.

Verschwörungstheorien und Falschbehauptungen

So stehen aber die Impfschäden im Vordergrund. Hinzu kommt, dass Impfgegner, hier muss man wohl von Fanatikern sprechen, Unsinn über die Vorbeugemaßnahmen verbreiten. An der längst widerlegten Behauptung, Impfungen lösten Autismus aus, wird unverdrossen festgehalten. Andere ergehen sich in Verschwörungstheorien, wonach sich Politik, Ärzte und Pharmaindustrie verbündet hätten, um den Impfstoff zu verkaufen oder gar die Menschen darüber zu kontrollieren. Ein solches Bündnis in Sachen Impfungen gab es allerdings in der Tat. Es hat dazu geführt, dass die Welt frei von Pocken ist. Eine Krankheit, die unzählige Menschen das Leben gekostet hat, wurde durch konsequente Impfprogramme ausgerottet. Das könnte bei den Masern auch gelingen. Um das zu erreichen, wurde von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und dem SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach eine Impfpflicht ins Gespräch gebracht. Doch ob eine solche vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand hätte, ist fraglich. Denn damit würde der Staat in die vom Grundgesetz geschützte körperliche Unversehrtheit eingreifen; das ist nur unter engen Voraussetzungen möglich. Da hilft es auch nichts, die Masernimpfung als Voraussetzung für den Schulbesuch zu erklären. Da in der Bundesrepublik Schulpflicht herrscht, wäre das ein Zwang zu impfen.

Es braucht weiter Aufklärung

Anders sieht es bei den Kindertagesstätten aus. Rechtlich ist es schon möglich, ungeimpften Kindern den Besuch zu verweigern, praktiziert wird das allerdings selten. Hier könnte eine Pflicht sinnvoll ansetzen. Zwar ist die frühkindliche Bildung auch ein wichtiges Gut, aber in der Abwägung dann doch nachrangig, zumal die negativen Auswirkungen nur die Impfverweigerer spüren. Denn das muss man klar sagen: Impfungen sind keine Privatsache, sondern eine Frage des Gemeinwohls. Ungeimpfte Kinder stellen eine Gefahr dar für diejenigen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. Deren körperliche Unversehrtheit ist womöglich gerade durch die Ungeimpften bedroht. Ein Impfpflicht für Kita-Kinder wäre zudem eine wirksame Erinnerungsstütze für Eltern, die die Impfung ihres Nachwuchses schlicht vergessen. Getan ist es damit aber leider nicht: Denn viele der Masernkranken derzeit sind Erwachsene, die zum Teil sicher gar nicht wussten, dass sie keinen ausreichenden Impfschutz haben. In Sachen Masern-Vorbeugung bedarf es also auch weiter der aufwendigen und mühsamen Aufklärung.

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