Politik Leitartikel: Lächelnd und knochenhart

14985000c9675292.JPG
Malu Dreyer.

Seit fünf Jahren ist Malu Dreyer Ministerpräsidentin. Sie hat einen Schlussstrich unter die Ära Beck gezogen und ist die neue Ikone der rheinland-pfälzischen SPD. Den großen politischen Wurf ist Dreyer schuldig geblieben. Sie punktet mit ihrer Persönlichkeit.

Als Malu Dreyer am 16. Januar 2013 zur Ministerpräsidentin gewählt wurde, waren Zweifel angebracht, ob sie in diesem Amt fünf Jahre überstehen würde. Es waren lausige Zeiten für die damalige rot-grüne Landesregierung, als Kurt Beck die gebürtige Neustadterin zu seiner Nachfolgerin machte. Das Millionengrab Nürburgring ließ die Macht der Koalition und ihres Vormanns Beck bröckeln. Fünf Jahre danach sitzt Malu Dreyer fester im Sattel denn je. Die Altlasten ihres Vorgängers hat sie zur Seite geräumt. Der Nürburgring ist privatisiert. Mehr als eine halbe Milliarde Euro hat das Land dort in den Sand gesetzt, aber das Thema ist aus den Schlagzeilen. Auch der Flughafen Zweibrücken, ein weiteres flügellahmes Infrastrukturprojekt der Ära Beck, ist auf der Strecke geblieben. Das Ende war bitter, aber ein verkraftbarer Schlag für die Westpfalz. Seit Sommer ist auch der Hahn verkauft. Zwar ist die Zukunft des Hunsrück-Airports noch ungewiss, aber das Land ist die unmittelbare Verantwortung los. Malu Dreyer hat nicht nur Trümmer beseitigt. Unter ihrer Verantwortung sind die Kommunen besser mit Geld ausgestattet worden. Allerdings sind auch deren Aufgaben und Verpflichtungen weiter gewachsen. Die Gemeinden, Städte und Kreise sind nach wie vor unterfinanziert. Weitere Unterstützung des Landes wird nötig sein.

Geringere Neuverschuldung

In den vergangenen fünf Jahren ist die Neuverschuldung des Landes zurückgefahren worden. Die Pflicht aus der Schuldenbremse, spätestens ab 2020 keine neuen Kredite mehr aufzunehmen, wird das Land problemlos erfüllen. Dazu haben die niedrigen Zinsen und die gute Konjunktur allerdings ebenso beigetragen wie die Sparanstrengungen der Regierung. Der hohe Schuldenberg des Landes wird freilich weiter heftig drücken. Es sind die großen und kleinen Dauerbaustellen, welche die Regierungsarbeit unter Malu Dreyer kennzeichnen: Bei Wirtschaft und Beschäftigung steht das Land relativ gut da, aber beim Zustand der Straßen hapert es noch. Stadt und Land sollen vergleichbare Lebensbedingungen haben, aber in vielen Regionen droht Ärztemangel. Zehntausende Flüchtlinge wurden gut untergebracht, aber bei der Integration hapert es an vielen Ecken.

Großer politischer Wurf fehlt

Als der Verkauf des Flughafens Hahn im ersten Anlauf scheiterte, weil das Land Hochstaplern aufgesessen war, erlebte Dreyer ihre größte Pleite. Den anschließenden Misstrauensantrag der Opposition überstand sie aber schadlos. Einen großen politischen Wurf ist die 56-Jährige bisher schuldig geblieben. Die angekündigte zweite Stufe der Kommunalreform zum Beispiel kommt kaum voran. Malu Dreyer punktet vor allem mit ihrer Persönlichkeit: Lächelnd, zuhörend, auf Ausgleich bedacht, gilt sie längst als Landesmutter. Seit ihrem Sieg bei der Landtagswahl 2016 ist sie die neue Ikone der rheinland-pfälzischen SPD. Unter ihrer Regie arbeitet seither eine Koalition von SPD, FDP und Grünen weitgehend reibungslos. Dass Malu Dreyer auch knochenhart sein kann, zeigte sie Ende 2014, als sie das halbe Kabinett auswechselte, den SPD-Fraktionsvorsitzenden stürzte und so das Ende der Ära Beck besiegelte. Seit einem Jahr wächst Dreyers Einfluss in der Bundes-SPD. In den zwölf Monaten als Präsidentin des Bundesrats profilierte sie sich bundespolitisch. Siegertypen sind rar geworden in der SPD. Im November wurde Dreyer mit 97,5 Prozent der Stimmen zur stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Partei gewählt. Hat sie Lust auf noch höhere Aufgaben? Für eine Überraschung ist Malu Dreyer immer gut.

x