Politik Kommentar: Umgang mit Lehrern ist schäbig

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Das ganze Jahr über braucht man die Lehrer an der Schultafel. In den Sommerferien werden einige von ihnen entlassen und danach neu eingestellt.

Regelmäßig werden Lehrer vor den Sommerferien von Kultusministerien in die Arbeitslosigkeit entlassen. Das ist schäbig, kurzsichtig und ein schlechtes Vorbild für alle Schüler.

Sommerferien. Für viele die schönste und entspannteste Zeit des Jahres. Aber nicht für Tausende Lehrer. Sie haben von den Kultusbürokraten den blauen Brief bekommen und stehen erst mal auf der Straße. Versetzung gefährdet. Während ihre Schüler einen sorgenfreien Urlaub verbringen, brüten diese Lehrer daheim über unbezahlten Rechnungen und kalkulieren, wie sie sechs Wochen ohne Gehalt über die Runden kommen. Ganz zu schweigen von der Unsicherheit, ob sie im neuen Schuljahr den alten Job an ihrer bisherigen Schule wieder bekommen oder als Bildungs-Leiharbeiter mit ungewisser Perspektive auf Wanderschaft gehen müssen.

Problem betrifft alle Bundesländer

Es handelt sich nicht um Einzelfälle. Bei der Bundesanstalt für Arbeit meldeten sich in den Sommerferien 2017 fast 5000 Pädagogen arbeitslos. Das betraf alle Bundesländer. Zum Beginn des Schuljahres wurden viele Lehrer wieder eingestellt. Die manchesterkapitalistische Unsitte des „hire and fire“ mithilfe befristeter Verträge trifft junge Vertretungslehrer im Angestelltenverhältnis, die von der Höhe der Vergütungen und der Altersversorgung ihrer verbeamteten Kollegen ohnehin nur träumen können. Zwar schwafeln Politiker aller Parteien in Sonntagsreden von der Bedeutung der Bildung für die Gesellschaft, doch im Alltag schert keinen mehr sein Feiertagsgeschwätz. Denn auf dem Rücken der Junglehrer können überschuldete Länderetats prima entlastet werden.

Bildungspolitiker sägen an eigenem Ast

Diese Praxis ist nicht nur schäbig, sondern kurzsichtig. Längst herrscht an den Schulen Lehrermangel, und Unterrichtsausfall ist neben Mathe, Deutsch und Naturwissenschaft zum Kernfach geworden. Indem sie junge und dynamische Mitarbeiter zur Manövriermasse degradieren, sägen die Bildungspolitiker an dem Ast, auf dem sie künftig sitzen werden. Diejenigen, die jetzt brüskiert wurden, könnten schneller gebraucht werden, als die Kultusbürokraten ahnen. Immerhin: Rheinland-Pfalz will die skandalöse Praxis ändern und ab kommendem Jahr alle Vertretungslehrer in den Sommerferien bezahlen. Das kostet zwar 2,5 Millionen Euro an Mehrausgaben. Aber wenigstens keine Glaubwürdigkeit mehr.

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