Politik Europawahl: Drei Pfälzer mit guten Chancen

Romeo Franz.
Romeo Franz.

Mit Michael Detjen (SPD) und Romeo Franz (Grüne) sitzen derzeit zwei Pfälzer unter den 751 Abgeordneten im Europaparlament. Künftig könnte die Pfalz mindestens einen Sitz mehr besetzen.

Streiter für die Bürgerrechte

Dieser Mann hat eine Mission. Romeo Franz, Europaabgeordneter der Grünen und Mitglied in deren Kreisverband Ludwigshafen, hat sich dem Schutz von Minderheiten und dem Kampf gegen Anfeindungen gegen Sinti und Roma verschrieben. Im Juli 2018 ist der 52-Jährige ins EU-Parlament nachgerückt, und er hat auf Listenplatz 10 der Grünen im Bund beste Aussichten, erneut Abgeordneter zu werden. „Herr Salvini, Ihr Rassismus verblendet Sie so, dass Sie das Potenzial ihrer italienischen Minderheit nicht erkennen und schon gar nicht nutzen“, rief Franz dem italienischen Innenminister gleich in seiner ersten Rede vor dem EU-Parlament zu. Zuvor hatte der Politiker der italienischen Lega angekündigt, er wolle Sinti und Roma im Land ethnisch erfassen lassen. Wortgewaltig war dieser erste Auftritt – und authentisch. Romeo Franz ist Sinto, und er wurde 1966 als Sohn einer Holocaust-Überlebenden in Kaiserslautern geboren. Für Bürgerrechte setzte sich Franz schon als stellvertretender Vorsitzender des Landesverbands der Sinti und Roma ein. Ehrenamtlich leitet er nach wie vor die Hildegard-Lagrenne-Stiftung, deren Ziel es sei, insbesondere die Bildung und die Inklusion von Sinti und Roma zu fördern. Franz weiß, wo die „Communities“ zu Hause sind. Ob in Germersheim, Speyer und Zweibrücken in der Pfalz, in Oldenburg, Kiel, Wolfenbüttel oder in Italien und Ungarn. Viele von ihnen hat er inzwischen besucht. Von Beruf ist Franz Musiker, sein Romeo-Franz-Ensemble ist seit Jahrzehnten erfolgreich auf den Bühnen unterwegs. Weil der Politik nun seine Zeit gehört, hat er die Ensemble-Leitung seinem 19-jährigen Sohn Sunny übertragen. Von seinem Lehrmeister Schnuckenack Reinhard habe er sich die Arbeit mit dem Publikum abgeschaut. Wer die Rede von Franz gegen Salvini auf „Youtube“ anschaut, erkennt, dass er diese Fähigkeit auch als Politiker beherrscht. Sattelfest in Sachen Klimaschutz Ihr Weg ins Europäische Parlament ist für Jutta Paulus aus Neustadt nur folgerichtig. Soll das Klima noch gerettet werden, dann müssen in Straßburg und Brüssel die Weichen gestellt werden. Klimaschutz und Energie sind die Themen, die die Grünen-Politikerin mit großer politischer Leidenschaft vertritt und in denen sie über großes Fachwissen verfügt. Als Paulus vergangenes Jahr ihre Kandidatur für die Europawahl ankündigte, war dies dennoch überraschend. Die gebürtige Hessin wurde erst im Frühjahr 2017 mit mehr als 90 Prozent an die Doppelspitze des Grünen-Landesverbands gewählt. Die Parteiführung wird Paulus als Europaabgeordnete aufgeben müssen, denn Amt und Mandat sind bei der rheinland-pfälzischen Ökopartei nicht vereinbar. Überraschend waren ihre Ambitionen auch deshalb, weil sie in Konkurrenz zur Kandidatur des Ludwigshafeners Romeo Franz zu stehen schien. Doch der Bundesparteitag der Grünen entschied nicht nach regionaler Ausgewogenheit. Er wählte Franz auf den zehnten und Paulus auf den elften Platz. Beides sind nahezu sichere Listenplätze. Mit 51 Jahren kann Jutta Paulus dann zum ersten Mal parlamentarische Erfahrungen sammeln. Die Pharmazeutin war Mitbegründerin eines Labors für Innenraumschadstoffe, wie sie zum Beispiel in Holzschutzmitteln vorkommen. Zwanzig Jahre später verkaufte Paulus die Firmenanteile und arbeitete danach im Qualitätsmanagement in verschiedenen Laboren und Kliniken. 2012 war außerdem das Jahr, in dem sich die Mutter zweier erwachsener Kinder stärker politisch engagierte und Beisitzerin im Kreisverband Neustadt wurde. Dabei war Paulus’ Zuneigung zu den Grünen nicht immer ungetrübt. Wegen des Bundeswehreinsatzes im Kosovo trat sie 2001 nach 14 Jahren Mitgliedschaft aus der Partei aus. 2009 kehrte sie zurück. Im Land hat sich Paulus einen Namen gemacht, als sie 2017 nach der verlorenen Landtagswahl als Vertreterin der Basis den Koalitionsvertrag zwischen SPD, FDP und Grünen mit ausgehandelte. Fachfrau für Agrarpolitik „In Straßburg bin ich schneller als in Mainz“, sagt Christine Schneider. Als Spitzenkandidatin der rheinland-pfälzischen CDU wird die Landtagsabgeordnete aus Edenkoben mit ziemlicher Sicherheit ins neue Europaparlament einziehen. Dort will sich die 46-Jährige wie schon als Landespolitikerin vor allem um Agrarpolitik kümmern. Christine Schneider ist zuversichtlich, dass sie von Beginn an Gelegenheit bekommen wird, im Agrarausschuss des EU-Parlaments mitzuarbeiten. Die Themen Landwirtschaft und Weinbau sind ihr in die Wiege gelegt. Der Vater war wie der Großvater Nebenerwerbswinzer, sie selbst Anfang der 90er Jahre Pfälzer Weinkönigin. Im Landtag setzte Schneider Akzente unter anderem als agrarpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion und später als Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses. Seit fünf Jahren ist sie Mitglied im Fachausschuss Landwirtschaft der Bundes-CDU. Die streitbare CDU-Frau aus der Südpfalz machte nach dem Abitur eine Tischlerlehre und studierte Holztechnik an der Berufsakademie in Mosbach. Als 23-Jährige wurde sie 1996 erstmals in den Landtag gewählt. Solange die CDU-Fraktion von internen Machtkämpfen gebeutelt war, hatte Schneider einen schweren Stand. Sie galt als Vertraute des unbequemen Eifeler Abgeordneten Michael Billen. 2011 verhinderten Fraktionskollegen aus der Pfalz die Wahl Schneiders zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden. Doch die Zeit heilt Wunden. Christine Schneider hat sich als gute Rednerin einen Namen gemacht, die der Regierung ordentlich einschenken kann. Vor drei Jahren klappte es mit der Wahl ins Amt der Fraktionsvize. Bei ihrer Nominierung zur Spitzenkandidatin für die Europawahl bekam die Südpfälzerin satte 96 Prozent der Stimmen. Christine Schneider ist überzeugt, dass sich gerade junge Menschen der Bedeutung bewusst sind, die das geeinte Europa für Frieden und Wohlstand hat. Ihr Ziel: Europa dürfe sich nicht im „Klein-Klein verlieren“, sondern müsse weniger Dinge, diese aber konsequenter regeln. Als Beispiel nennt sie die Begrenzung von Luftschadstoffen und deren Messung, die in den einzelnen Ländern höchst unterschiedlich gehandhabt würden. Der Westpfälzer Michael Detjen, der Anfang 2018 für die zur Ludwigshafener Oberbürgermeisterin gewählte Jutta Steinruck ins Europaparlament nachrückte, steht nicht mehr auf der Liste der SPD-Kandidaten zur Europawahl. Auch Linke, FDP und AfD haben keine Pfälzer aussichtsreich platziert. Klaus Armstroff aus Weidenthal führt die Liste Der Dritte Weg an. Bei den Grauen Panthern steht deren Bundesvorsitzender Georg Schulte aus Gerolsheim auf Platz zwei der Liste. Auf Platz drei des Bündnis C – Christen für Deutschland kandidiert Andreas Lothar Wolff aus Wachenheim. Ricarda Riefling aus Pirmasens kandidiert auf Platz 3 der NPD-Liste.

Jutta Paulus.
Jutta Paulus.
Christine Schneider.
Christine Schneider.
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