Politik Einwegbecher: Bundesumweltministerin will zur Kasse bitten

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Landen milliardenfach im Müll: Einwegbecher für Kaffee.

Hintergrund: Ob morgens beim Bäcker, beim Zahnarzt oder im Automaten in der Firma – fast überall wird Kaffee in Einwegbechern angeboten. „So geht’s nicht weiter!“, meint Bundesumweltministerin Schulze – und will zur Kasse bitten.

Man mag es kaum glauben: Für den morgendlichen Kaffee, für den Tee oder für andere Heißgetränke außer Haus nutzen die Deutschen 2,8 Milliarden Einwegbecher – pro Jahr. Tendenz vermutlich steigend. Denn die Zahlen des Bundesumweltamtes stammen aus dem Jahr 2016. Um sich diese Menge vorstellen zu können, folgender Vergleich: Minute für Minute an 365 Tagen werden mehr als 5300 dieser Trinkgefäße in Deutschland in den Verkehr gebracht. Oder anders ausgedrückt: Werden 2,8 Milliarden acht Zentimeter hohe Becher auf die Seite gelegt und der Länge nach aneinandergereiht, umrunden sie den Erdball am Äquator 5,6-mal. Zusätzlich fallen rund 1,3 Milliarden Einwegdeckel an, oft landen auch sie in der Umwelt. „Jeder Einwegbecher, der genutzt wird, ist einer zu viel. Einwegbecher verschwenden Ressourcen und verschmutzen unsere Umwelt“, sagt dazu die Präsidentin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger.

Becher vermüllen Europas Strände und Meere

Becher und Deckel sind problematisch für die Umwelt und für die Müllentsorgung. Denn nach Erkenntnissen des Umweltbundesamtes werden 60 Prozent der Einwegbecher zwar aus Papier hergestellt. Allerdings sind sie kunststoffbeschichtet. Die restlichen 40 Prozent der Gefäße sind ebenso wie die Einwegdeckel aus reinem Kunststoff. 400.000 Kubikmeter Papierbechermüll entstehen so jährlich. Zum Vergleich: Das entspricht etwa acht Millionen der klassischen 50-Liter-Müllsäcke. Die müssen entsorgt werden. Und an Europas Stränden und Meeren gehören die Einwegbecher regelmäßig zu den zehn kunststoffhaltigen Einwegprodukten, die am häufigsten gefunden werden. Aufgrund dieser Entwicklung schlägt das Umweltbundesamt nun vor, eine Vereinbarung mit der Wirtschaft zu treffen: Bäcker, Kaffeebars und Co. sollen für den Außer-Haus-Verzehr („to go“) als Regel und nicht nur auf Nachfrage Mehrwegbecher anbieten. Ferner sollen die Heißgetränke in Mehrwegbehältern billiger gereicht und auf die Deckel ganz verzichtet werden.

Ministerin schimpft über die Wegwerfmentalität

Das Umweltamt kann sich vorstellen, Einweggefäße mit einer Abgabe zu belegen, zum Beispiel 20 Cent pro Becher. Die Einnahmen würden in einen Fonds fließen. Daraus könnten die notwendigen Mittel entnommen werden, das achtlos weggeworfene Einwegplastik in Parks, Wäldern und Wiesen zu sammeln und zu entsorgen. Ferner kann sich das Umweltbundesamt vorstellen, ein Pfandsystem einzurichten. Einwegbecher würden mit einem Pfand in Höhe von 25 Cent belegt. Damit sollen ähnlich wie bei Glasflaschen Anreize geschaffen werden, die Becher an den Getränkeausgeber zurückzubringen. Sollte es zu keiner freiwilligen Regelung mit der Wirtschaft kommen, solle der Gesetzgeber eingreifen, fordert die Behörde. Damit liegt der Ball nun im Feld des Bundesumweltministeriums in Berlin. Ressortchefin Svenja Schulze (SPD) will ihn auch spielen. Denn auch sie hat festgestellt: „Es hat sich eine Wegwerfmentalität entwickelt.“ Gestern kündigte die Ministerin an: „Wir werden rasch in der Regierung entscheiden.“

Die EU macht ernst: Plastikbesteck ab jetzt verboten

In welche Richtung die schwarz-rote Entscheidung gehen könnte, deutete Schulze auch gleich an: „Wir werden die Hersteller von Einwegbechern künftig stärker zur Kasse bitten.“ Die Kosten könnten stärker auf die Verursacher der Becher- und Deckelflut umgelegt werden. Dazu passt: Gestern ist EU-weit das Verbot von Einwegplastik in Kraft getreten. Trinkhalme aus Kunststoff, Wattestäbchen mit Kunststoffanteil, Plastikbesteck oder andere Einwegprodukte mit Kunststoffanteil dürfen künftig nicht mehr auf den Markt geworfen werden. Oder: Wenn Plastiktüten oder Zigarettenfilter in die Umwelt gelangen, müssen sich die Hersteller bald an den Reinigungs- und Entsorgungskosten beteiligen. Die EU-Mitgliedsländer haben nun zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.

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