Politik Ausgehverbot für Katzen: Das sagen Naturschützer aus Rheinland-Pfalz

Wenn es nach zwei Juristen geht, sollen Katzen künftig nicht mehr umherstreunen dürfen.
Wenn es nach zwei Juristen geht, sollen Katzen künftig nicht mehr umherstreunen dürfen. Foto: dpa

Für viele Menschen sind Katzen niedliche Samtpfoten. Zwei niederländische Juristen haben die Vierbeiner dagegen als massive Bedrohung für die europäische Artenvielfalt ausgemacht. Nach ihrer Ansicht sollen Katzen deshalb nicht mehr einfach so umherstreunen dürfen. Was sagen rheinland-pfälzische Naturschützer zu diesem Vorschlag?

Mit ihrem Vorstoß haben die Juristen Arie Trouwborst und Han Somsen für Aufsehen gesorgt. In einem Aufsatz in einer Fachzeitschrift für Umweltrecht plädieren die Wissenschaftler der niederländischen Universität Tilburg dafür, den Freilauf von Katzen zu beschränken. Der Grund: Die Vierbeiner gefährden ihrer Ansicht nach die Artenvielfalt in Europa – insbesondere von Vögeln.

Jagdtrieb als Problem

Das Problem ist der Jagdtrieb der Katzen. Bei ihren Streifzügen durch die freie Wildbahn fielen ihnen nicht nur Vögel, sondern auch kleine Säugetiere, Reptilien, Amphibien oder Fische zum Opfer, so die Bilanz der Experten. Eine Schätzung habe ergeben, dass in den Niederlanden jährlich etwa 141 Millionen Tiere von Hauskatzen getötet werden. Weltweit seien Katzen an der Ausrottung von mindestens zwei Reptilienarten, 21 Säugetierarten und 40 Vogelarten beteiligt gewesen, berichten die Forscher mit Verweis auf eine Studie aus dem Jahr 2016. „Derzeit sind mindestens 367 vom Aussterben bedrohte Arten durch Hauskatzen gefährdet“, schreiben Trouwborst und Somsen im „Journal of Environmental Law“.

Nach Ansicht der Juristen hat die Europäische Union (EU) rechtliche Möglichkeiten, um dieses Problem einzudämmen. Die Autoren verweisen dabei auf Artikel 22 der Habitatrichtlinie, wonach EU-Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass nicht einheimische Arten die lokale Tierwelt nicht beeinträchtigen. Unter diese Richtlinie fallen laut Trouwborst und Somsen auch Katzen, die ursprünglich aus dem asiatischen Raum nach Europa kamen. Als weiteres Argument führen die Autoren die Vogelschutzrichtlinie an, die eine Erhaltungspflicht für alle Arten natürlich vorkommender wildlebender Vögel festlegt. Die Juristen sehen in diesen Richtlinien eindeutige Argumente dafür, den Freigang von Hauskatzen auf EU-Ebene zu regeln.

Einheimische Fauna gefährdet

Die Annahmen der Juristen seien grundsätzlich nicht falsch, sagt Martin Kreuels, Geschäftsführer der rheinland-pfälzischen Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie (Gnor). Katzen gehörten zu den Neozoen, also zu Tieren, die sich mithilfe des Menschen in Gebieten etabliert hätten, in denen sie zuvor nicht heimisch waren. „Dass nicht-einheimische Tiere die einheimische Fauna gefährden, ist ein uraltes Problem.“ Die Katze sei da aber nur ein Beispiel. „Das betrifft auch den Waschbär, der die Kiebitznester leer frisst“, informiert Kreuels.

Belegbare Zahlen, wie viele Hauskatzen derzeit in Deutschland leben, gebe es nicht, sagt Fiona Brurein vom rheinland-pfälzischen Nabu-Landesverband. Der Nabu schätzt ihre Anzahl aber auf etwa 12,9 Millionen Hauskatzen und weitere ein bis zwei Millionen verwilderte Katzen. „Katzen haben definitiv einen negativen Einfluss auf Wildtiere, auch auf Vögel“, meint die Referentin für Öffentlichkeitsarbeit. Nach Schätzungen des Nabu werden in Deutschland jährlich zwischen 20 und 100 Millionen Vögel durch Katzen getötet, das seien vier bis 20 Prozent aller Todesfälle bei Vögeln. Schätzungen für Rheinland-Pfalz gebe es nicht.

Jagdtrieb durch Spielen verringern

Den Vorschlag der niederländischen Juristen, Katzen künftig nicht mehr frei laufen zu lassen, hält Martin Kreuels aber für unrealistisch. „Da stellt sich doch gleich die Frage, ob das überhaupt artgerecht ist“, sagt er. Konsequenter sei es dann, gar keine Katzen mehr zu halten. „Und wir können ja auch nicht das Autofahren abschaffen, weil so viele Igel auf den Straßen überfahren werden.“ Auch bei einem Katzenverbot würden vielen Leute auf die Barrikaden gehen, vermutet der Gnor-Geschäftsführer. „Katzen haben Knopfaugen und sehen plüschig aus. Die Leuten finden sie einfach süß.“

Brurein hält von einem Ausgehverbot für Katzen ebenfalls wenig. Auch Forderungen wie eine Anleinpflicht oder Glöckchen am Halsband überzeugen sie nicht. Katzenhalter könnten auf andere Weise vermeiden, dass sich ihre Vierbeiner auf die Jagd begeben. „Wichtig ist, sie auszulasten und ihren Spieltrieb zu befriedigen.“ Auch eine Sterilisation oder Kastration könne den Jagdtrieb verringern, die Tiere würden dadurch häuslicher. Zudem verhindere es, dass die Anzahl verwilderter Katzen weiter ansteige. In Rheinland-Pfalz hätten mittlerweile fünf Kommunen – darunter auch Neustadt und Worms – eine Verordnung erlassen, nach der freilaufende Katzen kastriert werden müssen.

Freigang während Brutzeit beschränken

Wer etwas für Vögel tun wolle, könne sichere Rückzugsorte zur Verfügung stellen. „Einen naturnahen Garten mit heimischen Sträuchern nutzen viele Vogelarten als Brutort und Nahrungsquelle. Damit hilft man auch vielen weiteren Tierarten“, sagt Brurein. Hilfreich könne es zudem sein, Katzen zumindest während der Brutzeit der Vögel in ihrem Freigang einzuschränken. „Ideal wäre April bis August, mindestens aber bis Mai.“

Laut Wissenschaftler sind Katzen eine Bedrohung für die Artenvielfalt - insbesondere von Vögeln.
Laut Wissenschaftler sind Katzen eine Bedrohung für die Artenvielfalt - insbesondere von Vögeln. Foto: dpa
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