Politik Kommentar zur Sicherheitskonferenz: Armageddon

Die Silhouette des Friedensdenkmals von Hiroshima, wo 1945 die erste Atombombe furchtbare Verheerung anrichtete. 70.000 Menschen
Die Silhouette des Friedensdenkmals von Hiroshima, wo 1945 die erste Atombombe furchtbare Verheerung anrichtete. 70.000 Menschen waren sofort tot. Die Bombe hatte eine Sprengkraft von 18.600 Tonnen TNT, die meisten modernen Nuklearwaffen kommen auf etwa 100.000 Tonnen TNT.

Bei der Münchner Sicherheitskonferenz ging es wieder besonders um die Konflikte in Libyen und Syrien. Nicht minder wichtig aber bleibt das Thema Atomwaffen. Sie bedrohen die ganze Welt, und hier tickt die Uhr.

Der 5. Februar 2021 könnte eine gefährliches Datum in der Geschichte der Menschheit markieren. Das ist noch ein knappes Jahr hin, aber es geht um nichts weniger als das letzte verbliebene Abkommen, das die Anzahl amerikanischer und russischer Atomwaffen begrenzt: „New Start“, also den 2010 geschlossenen neuen „Vertrag zur Verringerung strategischer Waffen“.

Das Thema Nuklearwaffen bleibt drei Jahrzehnte nach dem Ende des Kalten Kriegs unverändert brisant. Noch immer sind die USA und Russland imstande, die ganze Welt auszulöschen. Sie verfügen jeweils über sechseinhalbtausend Sprengköpfe. Frankreich, China und Großbritannien folgen mit je zweihundert bis dreihundert. Zudem verfügen Pakistan, Indien, Nordkorea und Israel über die ultimative Waffe. Ein nukleares Armageddon, das klingt nach Hollywood, ist aber tatsächlich nach wie vor nur einen Knopfdruck entfernt. Als der französische Präsident Emmanuel Macron am Samstag in München seine Rede hielt, war der Koffer mit den Atomcodes in unmittelbarer Nähe.

42 Milliarden Euro für Atomwaffen

Nicht nur das drohende Aus für „New Start“ sollte die Menschheit umtreiben: Es gibt alarmierende Etatplanungen in Moskau und Washington. Sie sehen nicht nur eine fortlaufende Renovierung der Waffen vor, die zum Teil seit den 70er Jahren in Raketensilos stationiert sind. Es soll vielmehr auch einen Umbau der Nuklearstreitkräfte geben. Im US-Haushaltsentwurf für 2021 stehen 46 Milliarden Dollar für Atomwaffen, das sind 42,2 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der gesamte Verteidigungsetat der Bundesrepublik lag 2019 bei 43,2 Milliarden Euro. Die US-Planzahlen sind eine klare Ansage an Russland, das zuletzt ebenfalls viel Geld in diesem Bereich investiert hat. Verlässliche Zahlen aus Moskau existieren zwar nicht, aber der Irrsinn dieses neuen Wettrüstens sollte jedem klar sein.

Oft wird die Atombombe als Lebensversicherung bezeichnet: Ihre Wirkung sei so abschreckend, dass der ganz große Krieg vermieden werde. Aber leider ist ein Ziel der neuen Atomprogramme, deutlich kleinere und weniger wirkmächtige Sprengköpfe zu produzieren. Die Gefahr, dass die ultimative Waffe dann doch zum Einsatz kommt, weil ja ihr Schaden „überschaubar“ bliebe, steigt damit. Erst am 4. Februar meldete das Pentagon die Stationierung einer Bombe vom Typ W76-2 auf einem U-Boot. Auch die russischen Meldungen über Tests der Hyperschallrakete Avangard lassen schaudern. Sie kann auch mit einer Atombombe bestückt werden und fliegt so unberechenbar, dass sie derzeit nicht zu stoppen wäre.

Trump setzt auf Aufrüstung

Das muss auch Deutschland umtreiben, wo im rheinland-pfälzischen Büchel nach wie vor Atomwaffen gelagert werden. Der US-Nuklearschirm ist bisher Teil der deutschen Nato-Mitgliedschaft. Eine echte politische Debatte darüber findet immer noch nicht statt.

Berlin und Paris sollten gemeinsam mit den anderen Nato-Mitgliedern die USA dazu drängen, dass wenigstens „New Start“ verlängert wird. Die Präsidenten Donald Trump und Wladimir Putin müssen nur Ja sagen – und der Vertrag würde automatisch für weitere fünf Jahre gelten. Im Moment sieht es so aus, als scheiterte das eher am Weißen Haus denn am Kreml. Hatte Präsident Barack Obama 2009 noch das Ziel einer atomwaffenfreien Welt beschworen, setzt sein Nachfolger im Weißen Haus ganz ausdrücklich auf nukleare Rüstung. So will er neben Russland auch China an den Verhandlungstisch zwingen, um viel bessere „Deals“ zu schließen. Ein weiterer Grund, warum die US-Wahl am 3. November so wichtig ist.

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